Erstellt am: 9. 2. 2014 - 15:01 Uhr
Berlin überschlägt sich wieder mal vor Begeisterung
Am Donnerstag wurde die 64. Berlinale eröffnet und in Berlin überschlägt man sich mal wieder vor Begeisterung. Immer wieder wird verkündet, dass die Berlinale eines der weltweit wichtigsten Filmfestivals wäre, mit Venedig, Cannes und den Oscars eines der sogenannten A-Festivals. Dass es innerhalb der A Festivals den letzten Platz inne hat, wird unterschlagen. Aber dafür ist die Berlinale ein politisches Festival und, anders als die anderen A-Festivals, auch ein Besucherfestival, weshalb es hier begeistert und enthusiastisch gefeiert wird.
Berlinale
Jede Filminteressierte kann sich in eine der berühmten Warteschlangen stellen und für 8-10 Euro Kinokarten für alle Filme bekommen.
Diese Berlinale -Begeisterung ist aber nicht nur der Qualität des Festivals, seiner politischen Ausrichtung und den Filmen an sich geschuldet, sondern geht noch auf Kalte-Krieg- und Mauerzeiten zurück, als man sich hier, eingeschlossen und vergessen vom Rest der Welt, halb tot freute, wenn überhaupt mal „Internationale Stars“ in die Stadt kamen.
Seit damals sind die Berliner Filmfestspiele ordentlich in die Breite gegangen. Als sie vor 64 Jahren von den Alliierten gegründet wurden, gab es den Wettbewerb plus eine Retrospektive. Inzwischen sind die Reihen Forum, Forum Expanded, Panorama, Perspektive Deutsches Kino, Berlinale special, Berlinale Shorts, Hommage, Generation, Kulinarisches Kino und Berlinale Talents dazugekommen.
Filme über Sex, Schuld, die Kirche und die deutsche Vergangenheit hat Berlinale - Direktor Dieter Kosslick für dieses Jahr angekündigt. Beim ersten Blick auf's Programm fallen eher Filme über Kinder- und Jugendschicksale auf. Um Sex und Essen geht es ja eh immer, nicht nur in den Reihen „Kulinarisches Kino“ und „Erotischer Film“. Zumindest beim Essen natürlich alles unter dem Label „bio- green- öko- slow food- fair trade“.
Der Auftakt der 64. Berlinale steht unter einem sehr guten Stern. Letztes Jahr hat es geschneit und Berlinale -Temperaturen um die 12 Grad minus am Tag sind normal. Auch deshalb ist sie bei den sonnenverwöhnten Hollywoodstars ein bisschen unbeliebt. Der Dresscode verlangt ärmellos und Dekolleté, entsprechend gänsehäutig und blau gefroren schreiten die Stars da über den roten Teppich. Aber dieses Jahr ist alles perfekt: Es schneit nicht, es gefriert und regnet nicht, es hat frühlingshafte Temperaturen! Dazu kommen dieses Jahr jede Menge Stars nach Berlin und über den Eröffnungsfilm kann auch keiner meckern.
Twentieth Century Fox
Am Donnerstag eröffnete „Grand Budapest Hotel“ von Wes Andersen (The Royal Tenenbaums) die Berlinale: Eine hochkarätig besetzte Tragikkomödie, die in einem rosa eingefärbten Nobelhotel in einem fiktiven osteuropäischen Land spielt.
Der Film wurde in Görlitz gedreht, weshalb die ostdeutsche Stadt angeblich auch „Görliwood“ genannt wird.
Görlitz liegt an der polnischen Grenze, wurde deshalb im Krieg kaum zerstört und zu DDR-Zeit aus Geldmangel kaum modernisiert. So hat die Stadt ihr Vorkriegsgesicht bewahrt und internationale Filmteams können in den historischen Straßen und Häusern ihre NS – Blockbuster drehen. Görlitz tauchte bereits im „Vorleser“ und bei den „Inglourious Basterds“ auf. Auch George Clooneys Film, der am Samstag seine Weltpremiere feiert, wurde in Görlitz gedreht. Da jauchzen die Boulevardblätter: George Clooney kommt!
Aber auch Matt Damon, Charlotte Gainsbourg, Christian Bale,Viggo Mortensen, Catherine Deneuve, Uma Thurman, Edward Norten, John Hurt, Forest Whitaker sind im Anflug!
Bill Murray, Tilda Swinton, Ralph Fiennes und William Defoe wiederum sind schon da, weil sie in „Grand Budapest Hotel“ mitspielen. Und die deutschen Schauspieler sind sowieso da. Christoph Waltz, dieses Jahr in der Jury, hat es nicht weit, weil er ja in Berlin wohnt. Was macht es da schon, dass der Berliner Bürgermeister, immerhin wichtigster Gastgeber der Stadt, zum ersten Mal die Eröffnung geschwänzt hat, weil er Skiurlaub in Tirol macht und wegen der Steueraffäre seines Staatssekretärs unter Beschuss steht?
Magolia Pictures
Der nächste Höhepunkt der Berlinale findet am Sonntag statt: Die ungekürzte Fassung von Lars von Triers „Nyphomaniac“ in der Charlotte Gainsbourg eine schlecht gelaunte Nymphomanin spielt. Aber es lohnt sich am Sonntag die Nymphomanin links liegen zu lassen und zu einer Premiere eines Musikfilms in der Sektion „Forum“ zu eilen.
Subobscura Films
Während „Libertatia“ von Ja, Panik nicht nur bei FM4 heavy rotiert, feiert nun DMDKIULIDT auf der Berlinale Premiere - ein Film, der vor zwei Jahren gedreht wurde und dem Titel nach nun ein bisschen aus der Zeit gefallen scheint.
Das wird spannend, denn sogar diejenigen, die am Rande oder in Nebenrollen vorkommen, wissen eigentlich noch nicht was in DMDKIULIDT passiert. Nur so viel: Es wird gegangen und gefahren und geredet in Berlin und Wien, es werden elegische schwarz - weiß Bilder gezeigt und es kommt keine Musik vor.