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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

11. 2. 2014 - 12:14

Bombay Bicycle Club: "So Long, See You Tomorrow!"

Das Londoner Quartett Bombay Bicycle Club, geschätzt und unterschätzt zugleich, nimmt neuen Anlauf mit seinem bereits vierten Album: "So Long, See You Tomorrow!"

Fünf Alben in nur vier Jahren, das ist viel, und eine Weltreise hat der Mastermind von Bombay Bicycle Club, Jack Steadman, auch noch hineingepackt. "I feel like I´ve found the balance between making it interesting and intelligent, but also not highbrow or elitist", sagt Jack Steadman über den neuen, sehr ambitionierten Longplayer, dessen Songs er vor allem in Indien, Japan und in der Türkei geschrieben hat, also als er auf Reisen war. Auf eine große Reise zu gehen hat in Großbritannien für viele junge Menschen Tradition, vor allem für Studierende, bevor man in die Tretmühlen des anstrengenden Arbeitslebens einsteigt, wo sich dann keine Gelegenheit mehr ergibt für längeres Wegfahren.

Bombay Bicycle Club sind Jack Steadman, JamieMacColl, Suren de Saram und Ed Nash. Die Band wurde 2005 in London gegründet.

Statt straighten Gitarrensounds gibt es jetzt bei Bombay Bicycle Club interessante Rhythmen, üppige Keyboards und technoide Blips. Aber auch Samples von Bollywood-Filmen finden sich - viele Jahre nach dem Asian Underground Hype in England - in der Musik von Bombay Bicycle Club, und Drummer Suren de Saram greift zur Marimba, dem Nationalmusikinstrument von Guatemala, das zur Musikinstrumentenfamilie der Xylophone gehört. Bombay Bicycle Club sind insgesamt nun vielmehr so etwas wie eine "experimental melodic electronica" Band als talentierte Indiepopper; das ist etwa gut zu hören am Titelstück des Albums. Als weitere Einflüsse auf den neuen Longplayer gibt Jack Steadman unter anderen die Chemical Brothers und die 90er Jahre Hip-Hopper DJ Premier und Pete Rock an.

UK Band Bombay Bicycle Club 2014 neues Album

islandrecords

Jack Steadman weiter über das neue Album von Bombay Bicycle Club: "I think, there is a romantic side to it, although I always try to leave the meaning side of a song and theme wide open." Den Album-Titel, "So Long, See You Tomorrow" erklärt er im FM4-Interview so: "You know, you expect something to go away. It could either be a vice that you have, or it could be a destructive relationship that you have, and you tell yourself this is the last time, this is gonna be it, you know, I´m done, but then the next morning everything is back to how it was. That´s the 'see you tomorrow' part. It´s like the inevitability of it."

Bombay Bicycle Club wollten diesmal eine insgesamt "lebendigere" Platte machen, keine, die wie in der Vergangenheit "moody" war, also düster, mürrisch, launenhaft. In Indien hat Jack Steadman die Lebhaftigkeit des Alltags fasziniert. Nicht, dass ihn die Armut, die auch Teil des Landes ist, nicht getroffen hätte, aber in einem Taxi zu sitzen und dort indische Popmusik zu hören, die einen, so Jack Steadman, mit ihrer großen Ohrwurmqualität wie keine andere Musik in Beschlag nimmt, das war einfach ein Erlebnis, eines, das gar nicht anders konnte, als in das neue Album von Bombay Bicycle Club einzufließen, etwa in das Stück "Feel". Früher, in den 1960er und 70er Jahren, fuhren westliche Popmusiker nach Indien, wie etwa George Harrison von den Beatles, um die Klassische Musik des Subkontinents zu erfahren, Jack Steadman verliebte sich hingegen in den indischen Pop mit all seiner, ja, sagen wir mal, Schrillheit. Das hat ihn aufgelockert, als Person und als Künstler.

Wuthering Heights?

Die Songexte sind zum Teil in einer abgelegenen Schäferhütte in der nordenglischen Grafschaft Derbyshire entstanden, wohin sich Jack Steadman etwas zurückgezogen hatte. Er hatte wohl auf Stürme gehofft, auf Wind, der in den Ritzen der Wände pfeift und Regen, der gegen das Dach schlagen würde. Der Wettergott spielte aber nicht mit, lacht Jack Steadman: Die Tage waren voller Sonnenschein.

Albumcover Bombay Bicycle Club

Universal

"So Long, SeeYou Tomorrow" von Bombay Bicycle Club ist bei Island/Caroline/Universal erschienen.

Zur weiteren Auflockerung der vier ernsten jungen Männer vom Bombay Bicycle Club - ja, die hießen schon so, als Jack Steadman Indien noch nicht bereist hatte - trug auch ihre veränderte Studiosituation bei. Wo bisher jedesmal beim Aufnehmen eines Longplayers gewissermaßen die Uhr tickte und man von den Öffnungszeiten eines professionellen Aufnahmestudios abhängig war, spielten sich Bombay Bicycle Club diesmal fast komplett davon frei. Ein eigenes kleines Studio wurde eingerichtet, was der Band erlaubte, ihre Ideen umzusetzen, auf "Tonband" zu bringen, wann immer sie wollten anstatt mitten in der Nacht mit einer Songidee aufzuwachen, sie aber nicht sofort umsetzen zu können, weil das Studio ja geschlossen, der Tontechniker nicht hier war. "Step away, step away, I don´t wanna wait" singt Jack Steadman im Song "It´s Alright Now", spricht sich Mut zu, sich nicht den Schwierigkeiten, mit denen eine nicht unerfolgreiche junge Band dieser Tage konfrontiert ist, komplett hinzugeben.

Step Away, Step Away

Ein Studio einzurichten, das klingt nach viel Aufwand, auch finanziell. Na ja, sagt Jack Steadman, nicht unbedingt. Man fängt klein an: ein Mikro und noch ein wenig etwas; mach mit dem Wenigen was du hast etwas, und dann kann immer noch etwas dazukommen. Du brauchst all die Sachen nicht, die Daft Punk haben oder so, du musst dich auf die Resourcen konzentrieren, die dir gerade zur Verfügung stehen. Was bringt dir "no idea, all the gear?". Stimmt. Einen Nachteil hat das Werken allein allerdings, den man im Griff haben sollte, meint Jack Steadman: Man wird im Studio überpingelig. Hat man hingegen einen Producer zur Seite, dann sagt einem dieser längst, dass der Song nun wirklich fertig ist.

Als gelegentliche Unterstüzung holten sich Bombay Bicycle Club deshalb den Briten Mark Rankin, der schon mit Queens Of The Stone Age oder dem Londoner Duo Aluna George im Studio war; er nahm dann auch zusammen mit Jak Steadman die Endmischung des Albums vor. Da hört man dann etwa das Piano wunderschön, und dazu die Stimme von Jack Steadman, bevor das Stück ("Whenever Wherever") dann zum modernen Popsong wird, dessen Refrain ("wherever, whenever you want it...") man locker im Autoradio mitsingen kann. Bitte, auf ein Mixtape geben, zusammen mit Two Door Cinema Club, den Citizens! oder den Wild Beasts. "Eyes Off You" ist noch so ein Piano-Stück, allerdings nicht so ein poppiges.

Lucy & Rae

Die weiblichen Stimmen, die auf "So Long, See You Later" zu hören sind, kommen von den Britinnen Lucy Rose und Rae Morris. Erstere ist schon länger mit Bombay Bicycle Club befreundet und singt neben ihren Solo-Platten immer wieder mit ihnen, und letztere ist eine Freundin von Lucy Rose, eine in England aufstrebende beeindruckende Musikerin. Wo Lucys Gesang sanft und ätherisch ist, ist der von Rae voller Kraft. Rae Morris singt etwa auf "Eyes Off You"oder neuen Single "Luna", und auf "Carry Me", der ersten Single von "So Long, See You Tomorrow", ist Lucy Rose zu hören.

"So Long, See You Tomorrow" von Bombay Bicycle Club ist bei Island/Caroline/Universal erschienen. In den UK-Charts sind sie damit gleich auf Platz 1 gelandet.