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Zita Bereuter

Gestalten und Gestaltung. Büchereien und andere Sammelsurien.

9. 2. 2014 - 14:30

Denken, Behaupten, Großtun

Das verspricht die Literaturzeitung mit dem unüblichen Namen "Jenny". Angewandte Literatur und die Diktatur der leisen Töne.

"Jenny" ist nicht unbedingt ein Name oder Titel, den man mit Literatur verbindet und doch heißt die wohl jüngste österreichische Literaturzeitung so. Herausgegeben wird sie vom Institut für Sprachkunst an der Angewandten bzw. von Studierenden dort.

rosa-blaues Cover

Ambra Verlag / jenny-literatur.at

Die Anthologie vom Institut für Sprachkunst an der Angewandten ist im Birkhäuser Verlag erschienen und in guten Buchhandlungen erhältlich.

Von Jennifer Lopez über Forrest Gump zu Reality Shows, in denen Jenny in der Küche ist und irgendwie nicht klar kommt - vieles assoziieren die Studierenden Johanna Kliem und Norbert Kröll mit "Jenny".
Aber viele Formen, die früher von der Literatur bedient wurden, seien jetzt in andere Formate abgewandert, wie etwa Serien, Reality Shows oder auch Scripted Reality. "Literatur zieht sich da nicht zurück. Literatur kann auch aktuell sein und wach sein und diese Bereiche mitbedienen." erklärt Johanna Kliem, eine der Macherinnen. "Literatur ist nicht nur, was nach Literatur klingt. Literatur kann sich alles zum Thema machen – auch Jenny."

Während ich an diesem etwas hohen Pissoir stehe und aufpasse, nichts von dem weißen Sanitärporzellan zu berühren, kommt mir die Erkenntnis, dass die Lockige draußen vielleicht sogar recht haben könnte, mit ihrer Idee eines kommunalen Bauernhofs.

Weiße Schrift auf blauem Grund: "Und wenn du dich hinsetzt und einfach so tust?"

Ambra Verlag / jenny-literatur.at

Denken, Behaupten, Großtun

"Denken, Behaupten, Großtun" steht es da im Untertitel witzig. All das müsse man im Studium. Denken – eh klar. Behaupten könne auch eine Form sein, wie man zum Schreiben kommt. Ein Trick, den man mit sich selber spiele, meint Johanna Kliem. Und das Großtun sei immer auch ein ironisches Gegenteil von Understatement "und wir sehen uns nicht als die Coolen von der Angewandten, sondern wir sehen auch, dass Literatur auch sehr oft mit dieser Schlichtheit spielt und das wollen wir gar nicht."

Ich sagte zu mir: Halt den Mund und guck hin.

grün-blaues Cover

Ambra Verlag / jenny-literatur.at

Je nach Vorliebe kann das Cover getauscht werden. Auffallend gut gestaltet wurde "Jenny" vom Studio Vie.

"Jenny" fällt schon optisch auf – kommt die Zeitschrift oder eigentlich ist es ja ein Buch – mit fünf verschieden farbigen Umschlägen. Diese spiegeln die Gliederung wieder, die sich auch als Farbseiten in der Literaturzeitung wiederfinden. Prosa, Drama, Lyrik, Essay und Poetik.

"Extrablatt heißt mein Pferd."

Ambra Verlag / jenny-literatur.at

In einem strengen Auswahlverfahren haben die HerausgeberInnen – allesamt Studierende der Sprachwissenschaft – die besten Texte ausgewählt. Eine Art Best Of ist das. Quer durch alle Jahrgänge. Mit Gastbeiträgen aus den Schreibinstituten in Hildesheim, Biel und Leipzig.

Heimweh ist: Wollen, dass jemand dir Saft macht.

Wichtig dabei – alle Autorinnen und Autoren sind noch nicht etabliert und jung – die Texte noch unveröffentlicht. Im besten Sinne liest man in "Jenny" also frische, junge deutschsprachige Literatur.

Heute mal anders sein, sich frei fühlen und ein bisschen saunieren.

Text

Ambra Verlag / jenny-literatur.at

"Jenny" beobachtet unsere Zeit. Hinzu kommen noch Interviews und eine kommentierende Ebene. Oder auch Gedanken, die sich einige während einer Zugfahrt machen - zur Bedeutung von Wettbewerben ebenso wie den Entwicklungen und häufigen Motiven der gegenwärtigen Literatur.
"Uns ist aufgefallen, dass es sehr viele Tiere in der Literatur gibt, die dann immer ganz überraschend in den Text preschen. Und wir haben uns gefragt, wo das herkommt. Das ist natürlich immer riskant, solche Behauptungen aufzustellen. Wir finden, dass es dann erst dann richtig spannend wird, wenn dann Leute vielleicht sagen 'Das ist doch vollkommener Schwachsinn, es gibt überhaupt nicht so was wie die Diktatur der leisen Töne.'"

Vielleicht gibt es sie doch. Und wenn, dann haben sie in "Jenny" einen guten Platz gefunden.