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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

3. 2. 2014 - 18:04

The daily Blumenau. Monday Edition, 03-02-14.

Achtung, dieser Text enthält Produkt-Platzierer! Wo die Warnhinweise noch überall fehlen.

Auch 2014, wie schon seit der Nationalrats-Wahl online: der Versuch das Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Und das mit Items aus diesen Themenfeldern.

#medien #politik #sochi14

Die Einblendung ist immer nur kurz, aber der Text hat schon was beipackzettelmäßiges: man kann die Warnung auswendig mitraunen. Zu Risiken und Nebenwirkungen..., nein: Dieses Programm enthält Produktplatzierungen. Im weniger schamhaften Privat-TV heißt es sogar: Bitte beachten Sie die Produktplatzierungen.

Daran hat man sich gewöhnt: die Firma, die die Mineralwasserflasche in den Vordergrund stellen darf oder die guten Keksi für hungernde Camper liefert, platziert ihr Produkt in einem bestimmten Umfeld, sucht damit um Imagetransfer an. Die digital Natives, deren Mainstream mittlerweile alles, was nicht beworben wird, für wertlos hält, hat damit kein Problem: alles ist Markt, alles ist verkäuflich, überall lauert die gesunde Geschäftsidee.

Problematischer ist das, was nicht angezeigt wird: scheinobjektiver Content. Und zwar nicht der, der vordergründig nichts als Produkte platziert; dass Autotester und Reiseberichterstatter alles super finden, was ihnen unterkommt, wird augenzwinkernd kapiert.

Problematisch wird es überall dort, wo einem mit todernstem Unterton Begriffe wie Qualität oder Seriosität rüberwinken. Problematisch wird die Nicht-Ausschilderung von Produkt-Platzierungen und Produkt-Platzierern erst dort, wo sie in der letzten Bastion von Ethos und Moral, wenn sie mitten im Journalismus stattfinden.

Im folgenden ein paar Beispiele, die mich in den letzten Tagen erwischt haben. Es ließen sich in jedem Medium tagtäglich dutzende andere finden.

Aktuell ist das wunderbar auf- und augenfällig.
Eines der Produkte der Stunde heißt Russland, genauer #Sochi14. Dahinter steht eine enorme wirtschaftliche und politische Machtmaschine, die auch medial ordentlich Druck macht. Egal, ob im direkten Zugriff über schicke Videoagenturen oder durch implizite PR von gezielt engagierten Konsulenten.

Das ist, wie jede Bewerbung und jede Produkt-Platzierung legitim; sofern die Parteilichkeit ausgewiesen wird.
Da beginnt aber der große blinde Fleck des sogenannten seriösen Journalismus, zumindest in Österreich: das findet kaum statt. Der ehemalige Ski-Gott Karl Schranz etwa, Putins Mann in St. Anton, wird in Österreichs Medien gern als unabhängige Stimme präsentiert; schließlich sagt er ja selber, dass er kein Russe sei, ehe er Kritik an Putin heuchlerisch findet.

In der Kronen-Zeitung, die ein durchaus putinkritisches Programm fährt, ist Schranz Kolumnist. Ohne entsprechenden Vermerk, für den uninformierten Leser also als objektive Starstimme. Interessant, wie sich die Sport-Redaktion aus der Affäre gezogen hat: man werde außerhalb des Sportlichen superkritisch berichten, versprach der Ressortleiter schon vor Wochen, aber weil man so offen wäre, würde man auch Schranz' Meinung aushalten müssen. Dass seriöser Journalismus bedeuten würde, auch einen zutiefst russlandkritischen Kolumnisten zu Wort kommen zu lassen (es muss ja niemand aus derSchwulenkommission sein...) - geschenkt.
Dass die Kronen-Zeitung aber ebenso wie der ORF direkter Vertrags-Partner des ÖSV (unter dem mit dem Kreml-Chef ebenso verbundenen Peter Schröcksnadel) ist: alles kein Problem, solange es offen und deutlich ausgewiesen wird.

Andere titeln mit dem Strabag-Manager Siegfried Wolf, dem potentiellen Kanzler von Stronachs Gnaden und seinem Spruch, dass Kritik an Olympia nur eine Polit-Show wäre und lassen ihn ein bissl nordkoreanisch von den Spielen des Präsidenten schwärmen. Dass Wolf im Aufsichtsrat der in Sotschi gut beschäftigten Strabag sitzt und als Statthalter des Oligarchen und Putin-Vertrauten Oleg Deripaska hier ausschließlich Geschäftsinteressen verfolgt, bleibt weitgehend unbeachtet. Lieber hängt man kritiklos an den Lippen des polyglotten Managerstars.

Hier gehört der Hinweis "Achtung, diese Geschichte enthält Produkt-Platzierer!" her, und zwar in Versalien und zumindest 16-Punktschrift.

Das gilt auch für jede Geschichte und auch jede TV-Show, in der sich Franz Schellhorn mit seiner Marktlücke des ersten digital-fitten Think-Tanks in Österreich Agenda Austria präsentiert. Schellhorn versprach bei der Gründung im August (direkt vor der Wahl, schon ein Zufall...) für 2014 die Nennung seiner Geldgeber - das ist bis dato nicht passiert, aber eigentlich eh egal. Die Aus-/Stoßrichtung ist eindeutig, die Industriellenvereinigung lässt grüßen, die Raika, die Pharma-Industrie, alte Real- und neue Finanzwirtschaftler verfügen über eine sich jenseits der plumpen Neoliberalismus eines Ortner und des verbitterten Altkonservativismus eines Unterberger sexy präsentierenden Lobbyisten modernen Stils.

Mir ist schon klar, wo das herkommt: Über Jahre hindurch wurde dem journalistische Nachwuchs vermittelt, dass es sich für ein desinteressiertes und lahmes Publikum nicht lohnen würde differenziert zu berichten - und oft gab einem das Publikum da auch recht.
Daraus entwickelte sich die augenzwinkernde Kumpanei zwischen Journaille und Mächtigen - es genügt dem Reporter selber zu wissen, was Sache ist; das Publikum damit zu belästigen: ohnehin vergebliche Liebesmüh.

Siehe dazu auch: Die Leser sind gemein.

Da der schon bislang ethisch in trüben Gewässern fischender heimischer Journalismus auch bislang Probleme hatte die Statement-Abgeber der Geschichten und Reportagen zielgerichtet einzuordnen und sich besser im Anhimmeln & Abkanzeln gefiel, liegen die neuen Anforderungen, sich gegen immer geschickter eingesetzte PR zur Weht zu setzen, nicht in den allerbesten Händen.

Für das dringend notwendige Warnschild "Achtung, dieser Inhalt kann Produkt-Platzierer enthalten!" ist es nämlich nötig erst einmal zu erkennen, wem man da auf den Leim geht.

Erst danach kommt der Unwille der Verleger und Besitzer es sich mit den Lobbys zu verscherzen, zum Tragen.

Den in letzter Zeit durchaus selbstbewusster gewordenen Initiativen von Journalisten sich mittels Compliance-Regeln, Ethik-Räten und anderen ehrenhaften Maßnahmen wieder aus dem Imagetief zwischen Politikern und Zuhältern zu verabschieden und zumindest Lehrerstärke zu erreichen, würde eine solche von Selbsterkenntnis getriebene Klärung ihrer Content-Qualitäten aber gut zu Gesichte stehen.