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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

1. 2. 2014 - 13:25

So ist sie halt!

Vom Club Transmediale Festival direkt in den australischen Dschungel: während eines kalten Berliner Winters geht das.

Wie zuvor prophezeit, war Mitte Januar die Russenpeitsche über Berlin niedergegangen und bei nächtlichen Temperaturen von bis zu minus 17 Grad überlegte man es sich sehr gut, ob der Weg hinaus ins nächtlich kalte Berlin lohnt, oder ob es nicht angebrachter wäre, zu Hause am Ofen oder bei der Zentralheizung zu bleiben.

Außerdem ging ein fiebriger Infekt um in der Stadt, er fesselte die Menschen wochenlang ans Bett, Konzerte und Parties fielen aus, und statt in die Bars der Stadt wurde das Geld in die Apotheken getragen.

So gingen auch die großkulturellen Ereignisse des Januar einfach vorüber. Von der Berliner Fashionweek hörte man in der Berichterstattung der Boulevardmagazine, denn zu dem Modetreffen waren ein paar unbekanntere Stars und Stardarsteller angereist, die sich gerne in der Front Row am Catwalk ablichten ließen. In Ermangelung echter Prominenter zeigte man sehr oft eine Gestalt, die einen riesigen Katzenkopf auf den Schultern trug und so zur Berühmtheit der Berliner Fashionweek wurde. In den Straßen von Berlin Mitte eröffneten kurzzeitig alle möglichen „Pop-up-Läden“, die in gleißend weißem Licht Kleidungsstücke ausstellten, dann war der Spuk auch wieder vorbei.

Auf das leicht sperrige Festival „Ultraschall Berlin – Festival für Neue Musik“ folgte auch dieses Jahr das Medienkunstfestival Transmediale, das unter der Überschrift „Afterglow“ den Spannungszustand zwischen Befreiung und Elektroschrott aufzeigen will. Das zugehörige Musikfestival „Club Transmediale“ gilt ja inzwischen als das beste Festival Berlins,weil sich dort die Soundtüftler und Krachmacher- Avantgarde der Welt trifft. Mit dem Motto „Dis/Continuity“ fragt man 2014 nach Kontinuitäten oder eben deren Fehlen. So traf auch beim Eröffnungsabend der Finne Mika Vaino auf den 67jährigen, vorbildlich durchgeknallten Avantgardisten Charlemagne Palestine.

Lukatoyboy aka Luka Ivanović

CTM-Festival

Lukatoyboy aka Luka Ivanović

Aber man konnte natürlich auch überall selbst mitmachen, bei diversen Sound Labs oder in der Performance „Walk That Sound“ eines Künstlers namens Lukatoyboy. Dabei sollte mit Walkie-Talkies und freien Frequenzen gespielt werden. Die Geräte konnte man sich abends im Club westgermany abholen und dann als mobiler Scout mit Funkgerät am Kottbusser Tor herumlaufen und so ein Teil der Performance werden.

„Wie anstrengend! “, entfuhr es da jenen, die rekonvaleszent und verfroren zu Hause saßen. Sie ließen die diesjährige Transmediale einfach so vorüber gehen und widmeten sich den einfachen, archaischen Genüssen der modernen Unterhaltung, zum Beispiel der Schadenfreude und dem Voyeurismus.

Denn was könnte in diesem kalten Berliner Januar entspannender sein, als mittels RTL vom bequemen Sofa aus in den australischen Dschungel zu reisen und am Bauerntheater der C-, oder eher X-Y-Z-Promis teilzuhaben.

In den letzten Jahren war ja bei den Dschungel-Prominenten schon ein starker Hang zur Baukasten- Esoterik aufgefallen. Dieses Jahr ließ sich zunehmende Sprachverdummung beobachten. Der viel zu früh verschiedene Wendler setzte mit seinem selbsterfahrenen „Grenz-Walking“ neue Massstäbe und der überraschend unsympathische Mola jammerte nach ein paar Tagen: „Mein Korsett, das ich für unfehlbar hielt, ist beschädigt worden“.

Kandidaten des Dschungelcamps

DPA/SAB KDE

Die Dschungelcamp-KandidatInnen, rechts unten Larissa Marolt

Der große Erfolg Larissas, die Larissamania in Deutschland, beruht allerdings auch auf dem sprachlichen Unterschied zwischen Deutsch und Österreichisch. Der deutsche RTL - Zuschauer scheint regelrecht süchtig nach Austriazismen zu sein. So kam es, dass die eher einfach gestrickte Geschichte vom exaltierten Hausburschen Engelbert und seiner Vogelspinne aus reiner Freude am Wortklang „Hausbursche Engelbert“ im Feuilleton immer wieder nacherzählt wurde.

Dabei ist die Figur der Larissa nicht besonders stringent: Will man sie einen Tag lang als große Verweigerin feiern, als einzig Normale unter den Verrückten, die ihre pürierte Emuleber nicht trinken will, so hält sie am nächsten Tag wieder Vorträge zu den Themen Selbstoptimierung, Kämpfen und Niemals-Aufgeben. Aber so ist sie halt! Und schließlich bringt sie durch den ab und an gereckten Mittelfinger doch ein klein bissl Punkattitude und Anarchie ins Camp.

Natürlich muss man sich trotzdem ehrlich fragen: Wollte man so eine Larissa in der Band haben, mit ihr auf Tour fahren?

Es wär' schon anstrengend, andererseits: Lieber eine Larissa, als so ein geifernder alternder Schauspieler wie Glatzeder , der wegen ein bisschen Krokodilfußschmiere am T-Shirt gleich vollkommen auszuckt!

Samstag abend werden wir wissen, ob Larissa Dschungelkaiserin geworden ist.

Zeit wird es, denn langsam taut Berlin wieder auf und dann heißt es aufstehen vom Lotterbett und raus in‘s Leben: Die Berlinale kommt!