Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "The daily Blumenau. Monday Edition, 27-01-14."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

27. 1. 2014 - 17:45

The daily Blumenau. Monday Edition, 27-01-14.

Zuerst einmal ein Seitenblick auf die Grammys. Und dann ein überraschendes Nebenschauplatz-Lob für den ÖSV.

Auch 2014, wie schon seit der Nationalrats-Wahl online: der Versuch das Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Und das mit Items aus diesen Themenfeldern.

Mehr und Exklusiveres zur Grammy-Nacht hier von Christian Lehner.

Was man von der Star Maker Machinery lernen muss

#musik #sexualpolitics

Eines haben die heute Nacht über die Bühne gegangene Grammys gezeigt: dass auch die Show einer Branche, die letztlich nur noch von Country-Chicks und RnB-Suits getragen wird und sich in zunehmend überflüssigeren Crossovers verliert, dann eine betörende Kraft entwickeln kann, wenn sie sich gesellschaftspolitisch und performativ engagiert. Die kleine gemischte Massenhochzeit, von Macklemore und Lewis thematisch eingeleitet, von Queen Latifah durchgeführt und von Madonna gesegnet, war tatsächlich tränenrührend.

Und noch eine Kleinigkeit ist bei mir hängen geblieben, eine zu ziehende Lehre. Ich darf kurz ausholen...
Immer wenn bei solchen Shows ein Schauspieler oder anderer Nicht-Komplett-Musiker laudatiert, wird das Gefälle der Verbalisierungs-Fähigkeit deutlich. Und das im Zentrum der Star Making Machinery, in L.A.

Ja, es ist schwer Musiker als ausstellbare Zeitgenossen zu vermitteln - Autoren und andere Sprachakteure haben es da deutlich leichter in den Talks und Shows. Trotzdem schaffen es die dortigen Medien auch Cletus und Brandine einigermaßen in Szene zu setzen.

Hierzulande gelingt das nicht.
Nicht im Mainstream und auch ungenügend im Alternative-Bereich. Puls 4 muss sich bei seiner neuen Casting-Show mit dem ORF-Casting-Show Produkt Plöchl behelfen und den Stammel-Bären Ötzi einsetzen. Der heimische Pop-Mainstream hat zu wenige zu schlecht eingesetzte Gesichter.

Für den Alternative-Bereich, wo die Musikantinnen einigermaßen reflektiert unterwegs sind, gibt es außerhalb von FM4 und ein paar Spezial-Medien keinerlei Präsentations-Flächen, in denen öffentliches Auftreten in the making geübt werden kann. Dort wo man die Freiheit dazu hätte, sucht man überflüssigerweise die Perfektion und behilft sich mit geübteren deutschem Personal.

Weil sich die US-Musikindustrie das nicht leisten kann (schließlich ist sie immer noch das Epizentrum) ist sie gewohnt auch die verstocktesten Rotzbuben und die haareindiestirngekämmtesten Starlets medial so lange zu schleifen, bis aus dem Stein im Schuh der Diamant im Zahnloch wird.

Und nur dieser eingespielt abgezogenen Beharrlichkeit ist das immer noch existente Interesse an den doch sehr austauschbar-weichgespielten neuen Stars zu verdanken.
Das wird in Deutschland vergleichsweise bescheiden gecovert, aber immerhin versucht - da ist die regionale Strukturierung der öffentlich-rechtlichen Sender durchaus ein mitverantwortlicher Segen.

In Österreich geht diesbezüglich deutlich zu wenig. Im Mainstream hat das den Mitgrund der inhaltlichen Substanzlosigkeit - der Alternative-Bereich, wo die interessanten Stimmen ja da wären prallt vor allem an Distinktionsgrenzen ab. Lieber den stöcklweit präsenten Moretti als Gast einladen als den Panik-Spechtl. Der darf am Schluss ein Lied spielen.
Klar ist der Bursche sperrig und hat nicht den Punchliner-Bonus des routinierten Menschendarstellers. Inhaltlich wäre aber ein ganzes Weltmeer mehr herauszukitzeln. Und beim siebten Besuch in vier Jahren wäre, bei entsprechender Dialog-Kultur, dann der Spechtl auch der objektiv bessere Moretti.

Es ist nicht nur die Szene, die sich selber schlecht verkauft, es sind auch die Medien, die das besser könnten, die sich vorschnell und bequem am vorhandenen Repertoire bedienen und dann drüber beschweren, dass "nix nachkommt" ohne zu merken dass sie selber dran schuld sind, großteils.

Es geht ja nicht nur darum hier eine Branche, einen Kunstzweig zu pushen, sondern darum, dass gerade hier gesellschaftskritisches und erhellendes Potential brachliegt, dessen gezieltere Verteilung auch den in den Medien so sprachlosen Jungen ein paar Stimmen geben kann.

Wieso der ÖSV hier ein kleines (strategisches) Lob abkriegt

#ski #sexualpolitics #sochi14

Klar, was die politische Dimension der Spiele in Sotschi/Sochi angeht, befindet sich der ÖSV im finsteren Mittelalter, im Schröcksnadel-Land, und zottelt damit weit hinter den eigenen Sportlern (Maier, Hirscher, Raich haben sich kritisch geäußert) hinterher.
Ja, die Symbol-Politik mit Iraschko-Stolz als Fahnenträgerin, über die hat sich der OÖC nicht drübergetraut, Präsident Karl Stoss spricht in diesem Zusammenhang davon sich nicht instrumentalisieren lassen zu wollen - eine dreiste Umkehrung der tatsächlichen Instrumentalisierung, die der ÖOC und vor allem der ÖSV dem russischen Freund Putin quasi aufdrängen.

Trotzdem ist ein Fakt bemerkenswert. Zum ersten Mal seit ich diesbezüglich mitdenken kann, war es nicht nötig bei der Athleten-Nominierung des ÖSV (was Ski alpin betrifft) ungläubig den Kopf zu schütteln.
Egal on Olympia oder WM, alle zwei Jahre manifestierte sich im entsandten Kader die ganze strategische Problematik innerhalb des Ski-Verbands.

Da galt es immer die Männer anzahlmäßig deutlich zu bevorzugen; da war immer wichtig in der (im österreichischen so bedeutsamen Parade-Disziplin) der Abfahrt zumindest 5 Starter zu schicken, auch wenn man nur 4 Plätze hatte. Denn an die Wirkung des Dramas "interne Qualifikation" glaubt ein Gutteil der Funktionäre und Alttrainer wie an eine Andreas-Hofer-Reliquie; auch wenn das bedeutete, dass in einer anderen Disziplin nur drei Starter möglich waren. Dann war da immer die extrem nachlässige Behandlung der (im Weltcup-Alltag) unbedeutenden Kombination, für die aber bei diesen Großereignissen ebenso Medaillen vergeben wurden. Und dann wären da noch Bundesländer-Eitelkeiten, Skimarken-Gerangel und zuletzt auch Bevorzugung von Sportlern, die in einem Naheverhältnis zu bestimmten Sponsoren standen; oder auch Managements - teilweise sogar mit hohen ÖSV-Funktionären, Compliance-Unvereinbarkeiten galore.

Diesmal war die Ausgangs-Position noch schlechter: denn die neuen Olympia-Regeln der FIS waren darauf bedacht, die Startplätze nach deutlich konziseren Leistungs-Bewertungen zu vergeben.
Der ÖSV, der bislang immer das Maximum an Startern stellen konnte, musste deshalb noch genauer planen und dabei dann eben auch auf bislang Unterbeachtetes (die Kombination etwa) achten. Und war beleidigt und nörgelte.

Nominiert sind Anna Fenninger (A, SG, R, K), Elisabeth Görgl (A, SG, K, evR), Nicole Hosp (SG, K, evS), Kathrin Zettel (R, evS), Michaela Kirchgasser (S, K, evR), Marlies Schild (S), Bernadette Schild (S), Nicole Schmidhofer (A, SG), Cornelia Hütter (evA) und Regina Sterz (evA) bei den Damen sowie Marcel Hirscher (S, R, evK), Mario Matt (S), Benjamin Raich (S, R, K), Reinfried Herbst (S), Philipp Schörghofer (R), Romed Baumann (K, evA), Georg Streitberger (SG, evA), Otmar Striedinger (SG, evA, Matthias Mayer (A, K, SG), Max Franz (A, SG), Klaus Kröll (A) und eigentlich Hannes Reichelt (A, SG, R, K) bei den Herren. Nach dessen Ausfall rückte Joachim Puchner (K) nach

Andere Sportart, genauso bemerkenswert: nachdem Eishockey-Superstar Thomas Vanek, die etwas KAC-lastige provisorische Kadernominierung von Teamchef und KAC-Coach Manny Viveiros kritisiert hatte, sind diese Fehler jetzt im endgültigen Kader behoben. Mundaufmachen nützt was, ein gutes Zeichen.

Und zwar über die Ursache dieses Beschlusses - und das obwohl der die ökonomischen Interessen des Skisports und seines Tourismus-Zwillingsbruders im Auge hatte. Die Idiotie dieses Gejammers über die letztlich eigene Strategie hab ich bereits Ende Oktober hier im daily thematisiert.

Seitdem wurde weiter gesudert, aber auch entsprechend gearbeitet (man verdiente sich die 22 Quotenplätze, die einem früher zugefallen waren, durch gut gestreute Einsätze - was auch die logistischen Fähigkeiten aller verbessert, also eh eine win-win-Situation) und auch wie gehabt beeinflusst/lobbyiert. Dass Benni Raich, jetzt-doch-Fahnenträger, auch in der bereits zweifach erwähnten Kombination starten darf, obwohl er kein Kriterium erfüllt, ist etwa ein Ausfluss dieser erfolgreichen Politik.

Und dann, heute, die Überraschung. Die 12 Herren und 10 Damen sind - wie gesagt erstmals seit ever - tatsächlich die, die es verdienen, die sich selber aufgestellt haben. Es gibt keinen nur für die Abfahrts-Quali mitgenommenen Extra-Wurstel ohne anderen Start, es wird keiner in die Kombination gezwungen, der das nicht könnte; es wurde keine völlig außer Form geratene Titelträgerin mitgenommen, auch kein ergebnistechnisch schwächerer Slalom-Junior anstelle des gerne bitchenden Altstars.
Im bei Männern und Frauen gleich schwachen Riesentorlauf wird es womöglich nur je drei Starter geben - früher wäre das als unmögliches Eingeständnis von Schwäche gewertet worden, so aufgebläht war das Ego des ÖSV als führender Einzelsportverband der Winter-Olympics. Hier hat sich - womöglich - etwas gebessert.

Nachdem meinerseits ich, wäre die Wahl anders ausgefallen, hätte es wieder die undurchsichtigen, hintenrum angelegten Mauscheleien und nicht nachvollziehbare Nominierungen gegeben, da ordentlich gebitcht hätte, schätze ich, dass die positive Nachricht, dass derlei Erwartbares eben nicht eingetreten ist, auch Erwähnung finden sollte.

Dass Stunden nach der Nominierung einer der Co-Favoriten, Hannes Reichelt nämlich, wegen einer Bandscheiben-Notoperation ausfällt und jetzt einer nachnominiert werden muss, macht dann zwar alle Berechnungen kaputt, aber das kann niemand jemandem zum Vorwurf machen.

Außerdem: was das sportpolitische Umfeld betrifft wird dieser zweite #Sochi14-Eintrag wahrscheinlich eh der letzte sein, in dem der ÖSV gut wegkommt.