Erstellt am: 26. 1. 2014 - 22:51 Uhr
The daily Blumenau. Weekend Edition, 26-01-14.
Auch 2014, wie schon seit der Nationalrats-Wahl online: der Versuch das Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Und das mit Items aus diesen Themenfeldern.
#medien
Ja, ihr werdet recht haben, wenn ihr mich auf meine eigene Warnung hinweisen werdet, derlei nicht überzubewerten.
Trotzdem: ich bin überrascht über die ungewöhnlich zahlreichen Reaktionen auf das Freitags-daily und auch auf die diversen (unerwarteten) Ecken aus denen sie kommen - auch von Medienmenschen, die sonst so etwas wie einen Blog öffentlich nicht einmal mit der Feuerzange angreifen würden.
Und mich macht eine Diskrepanz höchst nachdenklich. Ich habe Freitag lange gezögert, ob ich einen Text über die Folgen des Akademikerballs schreiben soll. Mir erschien das, was ich dazu zu sagen hatte, zu offensichtlich - und genau das Offensichtliche wird ohnehin in Mainstream-Media und auch dem sogenannten Qualitätsjournalismus über Gebühr befummelt und ausgestellt.
Ich hab' mich nur deshalb umentschieden, weil mir der Punkt mit der Polizei und ihrer an der Hamburger Verbots-Zonen-Politik orientierter Brachialstil fast schon nationaler Prägung wichtig war - und ich sicher war, dass sich darüber kaum sonst jemand äußern wird.
Es waren aber gerade die anderen, irgendwie doch klar auf der Hand liegenden Analysen der Eskalation auf beiden Seiten, die viele Menschen ansprachen, weil man - ich fasse das grob zusammen - derlei sonst selten/nie in einem Overview zusammengefasst bekommt.
Vielleicht sollte ich noch klarer herausstreichen, dass das Wiener Treffen des Schwarzen Block in seiner analogen Streetfighter-Tradition aus dem letzten Jahrtausend auf seine Art genauso lächerlich, anachronistisch und ewiggestrig ist wie das Treffen der schmissigen National-Brüder.
Mit anderen Worten: wenn das eigentlich selbstverständliche in den Medien nicht an/ausgesprochen wird, sondern sich in parteiischer Färbung (je nachdem ob man sich etwa der Wirtschaft oder einer angeblich existierenden bürgerlichen Zivilgesellschaft verpflichtet sieht) ergeht und die blinden Flecken in der eigenen Wahrnehmung nicht zu meiden trachtet, sondern sich folkloristisch an ihnen weidet.
Und im Rahmen dieses Nachdenkens wird mir jetzt, auch ein paar Tage zu spät, klar, was mich an der tagelang schwelenden Berichterstattung, ob denn die Vermummungsverbots-Zonen noch innerhalb des Verfassungsbogens Platz hätten, so gestört hat.
Der hiesige Mini-Diskurs genügt sich darin hier klagend oder verniedlichend die Ärmchen gen Himmel zu recken und - je nachdem - den Kollegen Mayer oder alle anderen Verfassungsrechtler abzufragen und die gegenläufigen Meinungen zu stapeln. Oder Schein-Geschichten zu basteln, in denen Polizeivertreter gefragt werden, wie man denn seinen Schal tragen müsse.
Die wirklich interessanten Fragen bleiben dadurch ungestellt. Etwa: wer genau hat mit welcher Beschlussfassung mit wessen Genehmigung auf der Basis welcher gesetzlichen Grundlagen oder welcher Gemeindeverordnung diese Zone erfunden? Mit welcher politische Rückendeckung? Mit welcher Zielrichtung?
Die Relevanz der Frage, ob diese Einzelaktion verfassungskonform oder nicht war, ist durchaus groß.
Die Relevanz der Frage welche kurz-, mittel- oder langfristige da Strategie dahinter steht, welche gesellschaftlichen Kräfte am Werk sind und welche politischen Player sie decken, ist aber um ein Vielfaches größer.
Und, schau an, ich habe diese Frage am Freitag auch nur durchaus unzureichend gestellt.
Mir ist klar, dass der Medien-Mainstream meistens nur die Oberfläche abdecken kann. Ich wüsste nicht, wer sich wo die Zeit nehmen und die Genese einer Maßnahme wie der von Freitag haarklein nachrecherchieren sollte. Dafür fehlt den heimischen Medien die Zeit und auch ein wenig der Wille. Auch Menschen wie mir, die das alles - auch wegen eines völlig unzureichenden und vorsintflutlichen Medien-Arbeitsbildes - quasi nebenbei herstellen; weil weder Netzarbeit noch tiefgreifendere Analyse einen Platz im heimischen Branchenbewusstsein haben. Dort zählt ja nur die Anzahl der Dalli-Klick-Antworten, nicht die Substanz hinter den Begriffen.
Ich erschrecke also ein wenig, wenn just eine, ich will nicht sagen oberflächliche, aber doch sehr auf der Hand liegende Analyse hier eine solche Aufmerksamkeit generiert; auch und vor allem innerhalb des Medien-Zirkels. Klar: auch Medienmenschen sind nur Konsumenten, hundsnormale und strukturkonservative sogar; und als solche durchaus auch repräsentativ. Vielleicht sollte ich mich also mit offensichtlicheren und banaleren Themen beschäftigen und einem weniger originären Zugang wählen, meine eigenen Ansprüche (nämlich zumindest einen so noch nicht geäußerten Gedanken einzubringen) - es würde deutlich mehr Aufmerksamkeit vor allem jener bringen, die seit Jahren nur mehr so arbeiten und denken.