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Anna Masoner

Anna Masoner

Anna Masoner

Erkundet als digitale Migrantin Vorzüge und Abgründe der Informationsgesellschaft

22. 1. 2014 - 14:45

Reparieren statt Wegwerfen

iFixit zeigt, wie man kaputte Technik wieder heil macht. Für Umweltbewusste und alle anderen, die gerne Hand anlegen.

Ein neues Smartphone verschlingt genauso viele Ressourcen wie ein neuer Kühlschrank - und trotzdem trennen wir uns im Schnitt alle 18 bis 24 Monate von ihm und legen uns ein neues zu.

Nicht nur weil unsere Gadgets schnell aus der Mode kommen und neue, glänzendere und leistungsfähigere nachkommen. Minderwertige Bauteile, die nach kurzer Zeit den Geist aufgeben, kann man oft nicht einfach austauschen. Dafür sorgen die Hersteller, indem sie Geräte auf den Markt bringen, die man ohne Spezialwerkzeug nicht einmal öffnen kann. Das US-amerikanische Start-up iFixit sagt diesen verkaufsfördernden Tricks vieler Tech-Firmen seit einigen Jahren den Kampf an.

Elektronik komplett recyceln geht nicht

Gerade die in Elektronikprodukten enthaltenen raren Metalle, sogenannte seltene Erden, können mit derzeitigen Verfahren kaum wiedergewonnen werden, sagt iFixit Gründer Kyle Wiens. Ganz zu schweigen von der Energie, die beim Recyceln aufgewendet werden muss. Für die Umwelt ist es deshalb viel besser, die Geräte so lange wie möglich zu nutzen.

Smartphone mit abgenommenem Display

CC-BY-SA-NC-3.0 / iFixit

iFixit bietet auch 3.000 verschiedene Ersatzteile und Werkzeugsets an, vom Minischraubenzieher bis hin zum mit Flachssamen gefüllten Stoffbeutel names iOpener, der in der Mikrowelle aufgewärmt wird, um die verklebte Glasfront eines iPads zu lösen - CC BY-NC-SA-3.0

Den Kampf gegen die Wegwerfkultur hat der 29-Jährige vor knapp zehn Jahren gestartet. Gemeinsam mit einem Studienkollegen gründete er in einem Studentenwohnheim in Kalifornien einen Onlinehandel für Ersatzteile. Heute ist iFixit mit 50 Angestellten und einem Jahresumsatz von zehn Millionen Dollar die Reparaturanlaufstelle im Netz. Egal ob es sich um einen kaputten Toaster handelt, ein defektes Smartphone oder eine Spielkonsole.

Die Community arbeitet mit

Der Erfolg basiert auf einem cleveren Geschäfts- oder besser gesagt Servicemodell: Denn zu den 3.000 diversen Ersatzteilen und Werkzeugen, die ifixit im Sortiment hat, bietet es auf der Website Tausende Reparaturanleitungen in Wort und Bild - gratis und unter einer Creative-Commons-Lizenz. Erstellt werden sie von einem Team von Technikern, Fotografen und Textern, aber auch von den Nutzern selbst.
60.000 Menschen umfasst die Community von iFixit, der Wikipedia für Gebrauchsgegenstände.

Sie können je nach Erfahrung eine Reparaturfibel anregen, bestehende korrigieren oder selbst welche anlegen.


Die iFixits Tear Down Videos, in denen sie Gadgets auseinandernehmen, sobald sie auf den Markt kommen, haben Hunderttausende Fans

Copyright für Montageprozess

Aber warum müssen das die User selber schreiben? Gibt's denn von den Herstellern keine Reparaturanleitungen oder Wartungsbücher?
"Wir können nicht einfach die Manuals von Apple verwenden. Stattdessen müssen wir die Geräte auseinandernehmen, um herauszufinden, wie sie aufgebaut sind und funktionieren. Die Manuals rückt Apple nicht raus, und wenn wir durch einen Zufall doch an eines herankommen und das veröffentlichen würden, hätten wir ziemlich sicher eine Urheberrechtsklage am Hals."

Eigentlich wäre das Urheberrecht ja dazu da, Schriftsteller oder Musiker abzusichern, nicht aber einen Techniker, der einen Montageprozess beschreibt, sagt Kyle Wiens. Weil viele Unternehmen aber Urheberrechtsschutz für ihre Reparaturanleitungen einfordern, bleiben sie unter Verschluss.

Dahinter steht eine einfache Überlegung: Wenn weniger Reparaturanleitungen zirkulieren, wird mehr entsorgt und dadurch mehr verkauft. Gerade bei den großen Herstellern von Mobiltelefonen hat diese Strategie Schule gemacht: Kein einziger veröffentlicht seine Wartungshandbücher.