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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

21. 1. 2014 - 13:48

Kundenkarten = Kundendaten

NoCard sorgt für Aufregung, weil sie den Code für Kundenkarten von Supermarktketten geknackt haben. Dabei geht es weniger um "Erschleichen" von Vorteilen, als ums Hinterfragen der Datensammelmethoden der Unternehmen.

Wer kennt sie nicht, die übliche Frage an der Supermarktkassa: "Haben sie eine Kundenkarte?" Und wenn man verneint, dann postwendend: "Möchten Sie eine?" Mittlerweile sind immer mehr Verkaufsketten auf den Kartentrend aufgesprungen: Klar, für sie ist es praktisch, weil sie Kundinnen und Kunden an sich binden. Die Einkaufenden wiederum bekommen Rabatte auf Sachen, die sie eh gerne kaufen. Man könnte sich fragen: Wo ist denn da das Problem?

NoCard: Code für Kundenkarten geknackt

Mittlerweile ist es StudentInnen der FH Salzburg gelungen, mittels Kundenkarten-Codes von Nocard Zugriff auf Merkur-Kundenprofile zu erlangen.

Letzte Woche hat die Initiative NoCard Schlagzeilen gemacht: Die haben Codes, die hinter verschiedenen Kundenkarten stehen, geknackt. Das heißt: Man kann einen ziemlich sicher gültigen Code generieren, aufs Smartphone laden und damit vergünstigt einkaufen, ohne dass man dafür die eigene Identität preisgibt. NoCard hat (bisher?) nur Karten des Rewe-Konzerns (Also Billa, Merkur, BIPA) gehackt. Billa hat daraufhin schnell reagiert und via Twitter die KundInnen darauf hingewiesen, dass das Benutzen der gehackten Codes illegal ist und sie sich strafbar machen, da sie sich Vorteile erschleichen, die nur Mitgliedern des Kundenprogramms vorbehalten sind.

NoCard geht es aber nicht (nur) um das "Erschleichen" von "Vorteilen", sondern die Initiative möchte darauf aufmerksam machen, dass die vergünstigten Produkte einen Preis haben: Die Unternehmen können ziemlich viel über ihre KundInnen herausfinden. Mit den generierten Codes, so NoCard, könnten diese Datensätze ein wenig verwässert werden.

Einkaufswagen

APA/dpa/Julian Stratenschulte

Arbeiterkammer bei Kundenkarten skeptisch

Gabriele Zgubic von der Abteilung Konsumentenpolitik der Arbeiterkammer sagt: "Wir sehen Kundenkarten skeptisch, denn natürlich gibt man viel von sich preis. Kombiniert mit dem Einkaufsverhalten gibt das ein sehr schönes Kundenprofil." Denn gerade welches Essen wir konsumieren oder was wir im Drogeriemarkt kaufen – Stichwort Tampons, Kondome oder Schwangerschaftstest – sagt sehr viel über unseren höchstpersönlichen Lebensbereich aus: "Man weiß ob jemand eher Bioprodukte kauft oder ein Fleischesser ist, ob er günstige Eigenmarken oder Luxusprodukte kauft. Damit weiß man schon viel über den Lebensstil."

Die ohne Karte bezahlen für die mit Karte

Die Arbeiterkammer findet aber nicht nur dieses Erstellen von Kundenprofilen problematisch: „Die, die nicht bereit sind, Daten preiszugeben, bezahlen eigentlich mehr“, sagt Gabriele Zgubic. „Hier wird ein Zwei-Klassen-System geschaffen: Die, die Daten hergeben und Anonymität aufgeben, bekommen günstigere Produkte, bezahlen müssen das aber die, die ihre Daten nicht hergeben.“ Denn wie wir schon von Niki Lauda wissen: UnternehmerInnen haben ja nichts zu verschenken.

Ganz allgemein rät Gabriele Zgubic von der Arbeiterkammer dazu, sich die Beitrittsformulare zu solchen Kundenkarten ganz genau anzusehen, um zu wissen, welche Daten die Supermarktkette sammelt. Was mit den Daten wirklich geschieht, weiß nämlich niemand. "Ob die Daten verkauft werden, weitergegeben oder mit anderen Datensätzen kombiniert werden, sodass man ein sehr genaues Bild von dem Konsumenten hat, das weiß man einfach nicht! Und als einzelner kann man das nicht wirklich erfassen."

Daten sind das Gold der Zukunft

Daten sind das Gold der Zukunft, meint Zgubic, und wer sie hat, kann womöglich viel Geld damit machen. Auch wenn es jetzt vielleicht noch nicht so ist: bei der Kreditvergabe von Banken oder für Versicherungen könnte es künftig durchaus interessant sein, ob sich ihre AntragstellerInnen denn gesund ernähren oder ob sie verhüten.

Auch sollte man sich nicht die Illusion machen, dass man als einzelneR innerhalb von so einer großen Datenmenge gar nicht besonders interessant ist. Im Gegensatz zu noch vor fünf bis zehn Jahren können Algorithmen mittlerweile auch aus riesigen Datenmengen recht präzise Informationen herausfiltern, warnt Gabriele Zgubic: "Man schwimmt nicht in einer großen Datenmenge, sondern man kann wirklich über jeden einzelnen sehr zielgerichtet Daten zusammenführen und ein sehr rundes und ausführliches Profil erstellen."