Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Leben, kompliziert, sinnlos. Liebe, schön."

Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

19. 1. 2014 - 16:51

Leben, kompliziert, sinnlos. Liebe, schön.

Der Song zum Sonntag: A Sunny Day in Glasgow - "In Love With Useless (The Timeless Geometry In The Tradition Of Passing)"

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  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

Songs mit besonders üppigen Wortgruppen, mit Phrasen oder gar ganzen schlauen Sätzen, vielleicht mit einem Teil in Klammern gesetzt - und, eventuell, noch einem Einschub geschmückt - zu betiteln – das ist doch eher eine Angelegenheit für vor Bedeutsamkeit fast schon platzende Postrockbands. Diese scheinbare Verkomplizierung war immer schon eine Marotte der Gruppe A Sunny Day in Glasgow: Auf ihrem ersten Album "Scribble Mural Comic Journal" aus dem Jahr 2007 nannte die vornehmlich in Philadelphia stationierte, meistens vielköpfige und was das Personal anbelangt in ständiger Fluktuation befindliche Gruppe ihre Stücke beispielsweise "Our Change into Rain is no Change at All (Talkin‘ but Us)" oder - yuck - "Watery (Drowning is just another Word for Being Burried Alive Under Water)". Naja.

Auch der Bandname selbst klingt nach jugendlichem Überschwang, Emo in Großbuchstaben und dem Moment, an dem man gerade mit Stechen im Herz den Regenbogen gesehen hat. Man möge A Sunny Day in Glasgow verzeihen, insbesondere, da sich hinter solch hölzernen Kampfnamen dann doch gar wunderhübsche und putzige Songs verbergen, die mit gestelzter Phrasendrescherei nichts am Hut haben.

A Sunny Day in Glasgow

A Sunny Day in Glasgow

A Sunny Day in Glasgow sind aber eben schon auch eine Band der zuckrigen Gefühlsduselei, der Überforderung und der nostalgischen Verklärung. Auf drei Alben und diversen EPs hat sich die Band bislang mit süßem Hall zugekleisterte Popsongs zusammengepuzzlet, die das besonders heftige Pochen im Gemüt vertonen. Mit Niedlichkeit verknoteter Noise, weich in die Atmosphäre gehauchte Gesänge und Elektronik, die in wohligem Gleichtakt blubbert und pulsiert, waren und sind die Mittel der Band.

Seit 2010 hat man von A Sunny Day in Glasgow nichts gehört, es wird diese nie allzu populär gewesene Gruppe, wird man wohl fairerweise dazusagen müssen, kaum jemand recht vermisst haben. Die neue Single, die ein demnächst erscheinendes Album anteaset, möge dies bitteschön ändern. Der Song heißt nun also nach altbekannter Fasson "In Love With Useless (The Timeless Geometry In The Tradition Of Passing)" - was immer das bedeuten mag, steht in den Wolken. Jedoch, wie es hier der erste Teil des Songtitels verheißt, das Nutzlose und Sinnlose zu besingen - nein! - zu lieben, alleine ist schon ein edler und verehrungswürdiger Akt. Ein Leben gegen die Zweckhaftigkeit und die Vernützlichung!

Der Song selbst ist ein Auffahrunfall der Liebe. Eine wilde Schichtung, Stapelung, Aneinanderschneidung, Verlötung. Bezaubernder Krach, Dreampop und Gitarren, Effekte-Rauschen, ein kaum zu dechiffrierendes Stimmen-Gewirr, ein Tosen, ein Brausen. Was in diesem erbaulichen Kauderwelsch aus Cartoon-Stimmen und Engelszungen so gesungen wird, wird man nicht verstehen können. Einzig deutlich heraushörbar sind in diesem Stück diese sehr einfachen Zeilen: "I Feel So Happy, I’m in Love With You." Mehr muss man nicht wissen in diesem Leben.