Erstellt am: 24. 1. 2014 - 11:21 Uhr
Ei, Frankenstein!
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Kinorezensionen, Schauspielerporträts und Filmpreise
Es beruht auf einem Roman und ist eines der ältesten Kinomonster, erblickte 1910 das Licht der Leinwand (kann man sich auf archive.org ansehen), wurde 1931 von Boris Karloff zur unnachahmlichen Ikone des klassischen Horrorkinos (und zur ewigen Faschings-/Halloweenkostüm-Inspiration) und kehrt in unregelmäßigen Abständen immer wieder mal auf die Leinwand zurück: Frankenstein, genauer: Frankensteins Monster.
gemeinfrei
Die Plakate zu "I, Frankenstein", sie erinnern einen farbgebungsmäßig an etwas, sie flüstern einem lügend zu, dass einem das gefallen müsste, wenn man die Trilogie um den geknickten Batman mochte. Mit Christopher Nolans vom Feuilleton verehrten Blockbusterfabel hat "I, Frankenstein" genau zwei Dinge gemeinsam: Erstens Aaron Eckhart, der bei Nolan Harvey Dent/Twoface gab und zweitens diese Dämonenstimmen, die immer irgendwie nach Dauerrülpsen klingen und die man spätestens nachdem Bruce Wayne seine Stimme für Batman-Zwecke mit einem Modulator dahingehend manipulierte, niemehr für Dämonenstimmen verwenden sollte. Gebt mir fiepsende, quietschende, singende, stumme Dämonen, aber lassen wir diese leicht angezerrte Rülpsstimme einfach mal weggepackt. Aber an sich ist es ohnehin unsinnig, sich über "I, Frankenstein" zu beschweren, schließlich sind die Plakate mit einer Warnung versehen worden. Gut lesbar steht da "von den Produzenten von "Underworld". das enstpricht in Sachen Schreckenswirkung mindestens der Zigarettenpackungs-Schreckensmeldung, dass Rauchen die Haut altern lässt.
Warner
Wo die Produzenten von "Underworld" rumfuhrwerken, kommt immer die gleiche Melange raus. Beruhend auf den gleichnamigen Graphic Novels (geschrieben von Kevin Grevioux, der auch als Schauspieler durch - genau! - "Underworld" stampfte) wandert nun also Aaron Eckhart als vernarbtes, unglückliches Wesen, als menschelndes Monster auf dieser Erde. Viktor Frankenstein ist seit über 200 Jahren tot und sein Geschöpf ist gequält von seinem Aussehen und seiner Unsterblichkeit. Ablenkung ins einsame Außenseiterleben kommt in Form eines gewalttätigen Konflikts zwischen Gargoyles und Dämonen. Und, folgendes wird einem nach ein paar Minuten klar: Dämonen gegen Gargoyles - das ist Banalität.
Auf Grauzonen verzichtet der Film nur nicht, wenn es gilt einen Farbton für den CGI-Abendhimmel auszusuchen: die Gargoyles fahren im Todesfall in einem Lichstrahl in den Himmel hinauf, den gewöhnlichen Dämon zerspragelts den Schädel in Flammenfetzen und dann landet er in der Hölle, wahrscheinlich gleich neben den Büros der Produzenten von "Underworld".
Warner
Gequält wirkt auch Aaron Eckhart, der hier statt auf TwoFace einen auf EinGesichtsausdruck macht und ohne die Miene zu verziehen durch das Monstrum von einem Film stapft. Frankensteins angebliche Seelenlosigkeit und Unsterblichkeit machen ihn zu einem interessanten Werkzeug in den rot funkelnden Augen der Dämonen: Idealerweise könnte man einen bereits toten Dämon in seinen Körper einfahren lassen und hätte dann eine ziemliche Wunderwaffe, so lautet der Masterplan der machthungrigen Dämonen. Die Hoffnung auf eine dramaturgische Wunderwaffe habe ich bei "I, Frankenstein" ziemlich schnell aufgegeben, aber es bleibt die Möglichkeit, dass Bill Nighy kleine Lichtblicke in den drögen Filmklotz bringen könnte. Und zwar sieht der tatsächlich so aus, als müsste er sich das Lachen verbeißen, wenn er Sätze wie "Ich bin der Dämonenprinz" von sich geben muss, für Momente des Camp oder gar des Humors ist aber absolut kein Platz in "I, Frankenstein".
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Und so hinkt auch eigentlich mein Vergleich, dass dieser Film wie eine überlange "Charmed" oder "Hercules"-Episode wirkt, weil beide Serien waren sich ihres Trashdaseins bewusst. Dieses hohle Gedöns aber reiht hölzernen Dialog an CGI-angefütterte Actionsequenz, lässt die Qual des "Monsters", das Dilemma, das Sartre mit "wie haben alle nicht danach gefragt, geboren zu werden" beiseite und stattdessen zahllose Dämonenköpfe wie glühende Kohle zerfallen.
Der Film stellt kurz die Frage, ob Frankenstein eine Seele besitzt, "I, Frankenstein" besitzt auf jeden Fall keine. Abgesehen von den Leuten, die unglaublich gern Aaron Eckhardt beim Durchspringen von Glasscheiben zusehen, sollte sich jeder davon fernhalten. Ich gehe davon aus, dass Mary Shelley nicht nur im Grab rotiert, sondern auch gleich eine Heerschar untoter Juristen zusammenstellt, um mal bei Filmemacher Stuart Beattie anzuklopfen. Das Problem ist nur, genau das werden dann wohl auch die Produzenten von "Underworld" verfilmen.