Erstellt am: 17. 1. 2014 - 16:44 Uhr
The daily Blumenau. Friday Edition, 17-01-14.
Auch 2014, wie schon seit der Nationalrats-Wahl online: der Versuch das Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Und das mit Items aus diesen Themenfeldern.
You don't know what you've got till it's gone
#fußball #provinzialismus
Heute wurde die Trennung offiziell vollzogen: Georg Pangl verlässt die österreichische Bundesliga, deren geschäftsführender Vorstand er seit 2004 war. Wie viel sich seitdem zum vergleichsweise Guten entwickelt hat, erkennt man, wenn man sich an seinen direkten Vorgänger erinnert: Peter Westenthaler, Stronachs Vasall, der die Liga im Chaos hinterließ.
Die Ära Pangl war vom permanenten Spagat zwischen den Ansprüchen der Fußball-Moderne und den Realitäten des Vereins-Biedermeiers geprägt. Pangl fungierte als Moderator, als Mäßiger, suchte Kompromisse und ging allzu oft darin verloren.
Zuletzt ging dem Mann die Hutschnur hoch: er sprach in diesem Interview ein paar Dauerthemen an, die aus absurd-vertrottelten Gründen seit Jahren ungelöst vor sich hin schwelen.
Wohl absichtlich, auch um die Club-Fürsten so zu verärgern, dass er seinen Abschied mit einem gewissen Knall nehmen konnte. Offiziell ist alles ganz easy gelaufen, heute hat man sich sehr zivilisiert getrennt.
Natürlich ist dieser Abgang ein Fanal, ein tiefer Einschnitt, der ebenso tiefe Einblicke in eine psychohygienisch auf einem Tiefststand befindliche Gruppe von Sport-Funktionären und die von ihnen verantwortete, teilweise professionell betriebene Sportart zulässt.
Dass es selbst Pangl, der sowohl den Stammtisch-Slang der eitlen Funktionärsgecken beherrscht, über den fußballerischen Stallgeruch verfügt aber gleichzeitig international geschult ist und somit weiß was Sache ist, nicht gelang, den Bundesliga-Stall ansatzweise auszumisten, lässt die Hoffnungen, die etwa die Kollegen von laola1.at wie einen Brief ans Christkind erscheinen.
Klar sind Salzburg, Ried, vielleicht auch die neu aufgestellte Rapid und die Austria an modernen, neuen Strukturen interessiert. Der Rest der Liga aber gefällt sich im Blockieren.
Die einen drücken sich um die vorgeschriebene Rasenheizung, die anderen putzen sich die Infrastruktur betreffend ab und die Unverschämtesten drohen gleich. Dabei sind just diese Dorfvereine wegen ihrer polyvalenten Untauglichkeit die Ursache für Zuschauerrückgänge, wenig erfolgreiche Sponsorensuche, matte TV-Verträge, Rückschritte in Niveau und Jugendarbeit etc.
Die Machtlosigkeit der Liga bzw ihres Vorstands ist natürlich auch hausgemacht: jahrelang war man den uneinsichtigen Dorfzwergen mit Provisorien und Ausnahmegenehmigungen entgegengekommen, anstatt die Lizenzvergabe beinhart an ein Mindestmaßnahmenpaket zu koppeln. Deshalb tummeln sich in den Profi-Ligen (und auch darunter) so viele strukturkranke Vereine. Und deshalb gehen deren Kaiser, meist lokale Größen mit entsprechendem Allmachtswahn, auch davon aus der Liga auf ewig auf der Nase herumtanzen zu können.
Georg Pangl war das Gesicht dieses allzu weichen Kurses; wohl, weil er ihn mittragen musste; im Wissen, dass eben immer nur wenig weitergeht, ob "der nicht vorhandenen Entscheidungsstruktur." Auch weil es ja keine ernsthaften Strafmaßnahmen gibt.
Rückendeckung von seinem Präsidenten konnte Pangl vergessen: Georg Rinner ist der Prototyp des kompromissheischenden Vereinskaisers, der sich letztlich immer nur um Stillstand bemüht. Seine Statements (heute: "Aber das Gesamte muss vor Einzelinteressen stehen") sind reine Sonntagsreden.
So scheiterte Pangl also am Schnitzel, der fleischgewordenen Bequemlichkeit, dem Willen sich allen Ansprüchen, die die Führung einer zeitgemäßen Liga mit sich bringt, zu widersetzen.
Am Donnerstag und Freitag hat die Liga Aufsichtsratsklausur und dass der Name von Werner Kuhn, des bei Rapid nach Fan-Protesten gegen seine laxe Arbeit quasi kaltgestellten Schnitzel-Funktionärs, als Nachfolger auftaucht, zeigt nur, in welche Richtung nachgedacht wird.
So sehr man die Arbeit der letzten Jahre nämlich auch kritisch sehen muss: unter den vollblinden Schnitzel-Gourmands dieser Branche war Georg Pangl der einäugige Gourmet.
Die Homophobie-Debatte, Gregoritsch und das Unnatürliche
#fußball #homophobie
Wahre Geschichte, heute in einer Medienkantine gehört. Der Sportredakteur erzählt (glaubwürdig), dass er letzte Woche ein neues Wort gelernt hat. "Homophobie", das kannte er vorher nicht.
Das nur zur Illustration, wie weit weg diese Themen von der sehr eingeengten Weltsicht dieses Bereichs sind; egal ob es sich um Beteiligte oder Berichterstatter handelt.
Mit dieser Naivität kann Werner Gregoritsch nicht mehr punkten. Der weiß schon, wie es läuft. Hier in einem unendlich dummen Interview mit der höchst verständnisvoll agierenden Kleinen Zeitung ist ihm klar, dass seine Aussagen dazu führen werden, dass "jetzt Mails von der Schwulenkommission kommen" würden. Okay, es gibt keine Schwulenkommission, aber egal: Gregoritsch hatte schon damals, vor drei Jahren, begriffen, dass Sätze wie "Für mich wäre so etwas undenkbar. Für mich selbst ist es etwas Unnatürliches." oder "Mir ist das Wort Macho lieber als das Wort Schwuler" ihn in die Scheiße reiten würden.
Damals war Gregoritsch Trainer des SV Kapfenberg (seitdem ist der Verein abgestiegen und auch mittendrin im Wettskandalsumpf); mittlerweile ist der Steirer allerdings nicht mehr quasi privat, sondern schon eher öffentlich. Nämlich U21-Teamtrainer ein Karriereschritt, dessen Unverständlichkeit seit seiner Bestellung nicht verblasst ist. An seiner Untragbarkeit hat sich nämlich nicht wirklich etwas geändert.
Nun ist im Umfeld des Hitzlsperger-Outings (das bislang nicht die von mir befürchtete mediale Hetzjagd, die Wendung zum Grauslichen genommen hat) und einer irgendwie unaufgeforderten Bekundung des ÖFB zu Toleranz (die er natürlich keinesfalls so öffentlich und wahrhaftig lebt wie etwa der DFB, sondern eher alibihalber vertritt) genau das passiert, was Gregoritsch damals angesprochen hat. SOS Mitmensch, quasi die "Schwulenkommission", fordert vom ÖFB die Einhaltung der jetzt wieder öffentlichkeitswirksam geäußerten Toleranz, und auch die Nicht-Beschäftigung offen homophober Mitarbeiter - vor allem im Jugendbereich.
Das ist eine schöne Umkehrung dessen, was Vladimir Putin aktuell an Dreckbewerfung absondert - nämlich den direkten Link zwischen Schwulen und Pädophilen herzustellen. SOS Mitmensch geht davon aus, dass jemand, der Homosexuelle öffentlich als minderwertig diffamiert, mit diesem Dreck keine jungen Menschen beeinflussen sollte.
Der ÖFB und Gregoritsch haben nicht reagiert: sie wollen/werden das aussitzen. Ich würde vorschlagen, sich auch noch um eine Solidaritätsadresse von Peter Schröcksnadel, dem Putin-Freund und ÖSV-Chef zu bemühen. Der sieht das ja ähnlich wie Gregoritsch (und der ihn deckende ÖFB).
Blöd nur, dass tatsächliche Sport-Idole wie Hermann Maier so viel weiter sind und den Gregoritschen vorzeigen, wie man menschlich und mutig agiert.
Vastic geoutet! Als echt miserabler Trainer nämlich
#fußball
Manchmal ist es angebracht eine recht exklusive Enthüllung klein zu spielen und nicht marktschreierisch zu verbraten.
Was die Gründe waren, die den Autor dieser abseits.at-Geschichte hatte, um seine bislang unveröffentlichten Insider-Infos über Ivica Vastic und sein Wirken als Trainer recht dezent zwischen den Jahren zu verstecken und auch im Titel nicht zu erwähnen, weiß ich nicht. Ich vermute eine löbliche "jeder-hat-eine-zweite-Chance-verdient"-Einstellung.
In jedem Fall wird Vastics Scheitern bei der Austria aus der Innensicht erklärt, begründet und auch als folgerichtige Konsequenz einer Vielzahl von (durchaus üblen) Fehlern dargestellt.
Das beginnt, ein wenig entschuldigend, bei der schlechten Außendarstellung (es wird auch von wenigen Fürsprechern bei Medien und Fans gesprochen - ersteres ist definitiv unwahr: die Vastic-Lobby im Boulevard war unerträglich unkritisch), kommt dann aber schnell zum Punkt: zu lange Trainingseinheiten mit zu vielen Unterbrechungen, zu vielen Stehzeiten, die sowohl körperliche als auch psychische Folgen hatten. Zu viel negatives Feedback, zu dürftige Kommunikation, außer mit der bevorzugten Ex-Yugo-Connection. Lange Vorbesprechungen, viel Gerede, aber keine Handlungsanleitung, keine Einstellung auf den Gegner. Dazu kuriose, auch mit den Co-Trainern nicht abgesprochene Personalentscheidungen und massive Beratungsresistenz, bald auch schlechte Stimmung unter Spielern und im Betreuerstab.
Das größte Problem war, dass die defensive Spielanlage nicht zu dem Kader passen wollte, den Vastic zur Verfügung hatte. Wie in zahlreichen Fußballjournalen angemerkt, machte Vastic die Austria ultraausrechenbar: Angriffe wurden entweder über die Außen oder mit langen Bällen vorbereitet - die Zentrale war nie im Spiel, der Rückfall der Spielkultur sorgte auch für das Verfehlen des Europacup-Platzes.
Das ist eine insgesamt verheerende Analyse.
Letztlich hat Vastic alles was man falsch machen kann auch falsch gemacht.
Mit diesem Wissen gilt es jetzt bei seiner zweiten echten Trainerstation, beim SV Mattersburg genau hinzuschauen: ist die Spielanlage wieder dieselbe? Reagiert der SVM auf unterschiedliche Spielsysteme der Gegner unterschiedlich oder immer gleich? Wie sieht es aus mit Fitness und Körpersprache? Wird sich Vastic nach Niederlagen wieder mit denselben dummen Ausreden behelfen oder hat Selbstkritik eingesetzt? Immerhin fällt mit der im Burgenland inexistenten Yugo-Fraktion ein starkes Problemfeld weg.
Wenn eine Fußballgeschichte dann eine gute Geschichte ist, wenn sie deinen Blick verändert, dann ist das die beste Geschichte des abgelaufenen Jahres.