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Roland Gratzer

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16. 1. 2014 - 06:00

True Bromance

Geleakte Sitzungsprotokolle einer Wiener Burschenschaft beweisen: Der Vorverkauf für den Akademikerball läuft schlecht und ohne Bekenntnis zum Deutschtum geht nix.

Erklärung: Ein Fux (oder auch Fuchs) ist eine Art Lehrling, der erst per Prüfung zum echten Mitglied wird. Ein Alter Herr ist einer, der schon fertig studiert hat und als graue Eminenz, bzw. Geldgeber, in die Burschenschaft integriert ist.

Der junge Fux J. macht Probleme. Noch in der Vorstufe zum echten Burschen beschäftigt er die beiden letzten Burschenkonvente (vulgo: monatliche Sitzung) des WATV (Wiener Akademischer Turnverein):

"Der Fux scheint manchmal seine "Migräne" oder sonstige persönlichen Probleme vorzuschieben um sich selbst aus der Verantwortung zu ziehen. Der Fux muss erkennen, dass er selbst für sein Handeln und seine Probleme verantwortlich ist. Er zieht sich, wenn Probleme oder Pflichten am Horizont stehen, meist nur zurück und vermeidet den Kontakt mit Mitbewohnern und Bundesbrüdern."

Alle Beistrich- und sonstige Fehler in den Originalzitaten sind der Authentizität wegen nicht ausgebessert worden.

Individualismus und eine schwache Psyche? Das hat im traditionellen Männerverein mit Hang zur deutschen und Distanz zur österreichischen Nation nichts verloren. Was vor allem in einem Turnverein ein großes Problem darstellt: "Der Fux hat die formalen Kriterien in sportlicher Hinsicht nicht erfüllt." Und auch die soziale Reife wird von den anwesenden Burschen (Studenten) und Alten Herren (nicht mehr Studenten) angezweifelt.

Abgeriegelte Hofburg beim WKR-Ball 2011

APA/Oczeret

So könnte der Ball in der Hofburg auch heuer wieder von außen aussehen.

So sehr die österreichische Nation von vielen Burschenschaften auch abgelehnt wird: Die vor kurzem an die Öffentlichkeit gelangten Sitzungsprotokolle beweisen: Auch der WATV ist ein klassisch österreichischer Verein. Tagesordnung von Anwesenheitsfeststellung bis Allfälliges, Probleme mit der Kassa-Verwaltung, eingemahnte Mitgliederbeiträge, Vereinsausflüge, und am Ende geht es immer ums Bier.

Schlechter Vorverkauf

Ein Satz aus dem Protokoll, der leider schwer zu interpretieren ist:

"Die Moldavia ersucht uns ein uraltes Turnerband welches Ihnen aus bisher unbekannten Gründen zugefallen ist, auszutrinken."

Der WATV gehört laut dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes zwar nicht zu den rechtsextremen Burschenschaften, eine gewisse Nähe wird ihnen trotzdem attestiert. Immerhin gehören sie immer noch zu Freunden und Besuchern des WKR-Balls, der jetzt ja Akademikerball heißt und auch die beiden Sitzungen im Dezember und Jänner beschäftigt. So wird berichtet:

"Bisher sind wenige Meldungen für den Akademikerball eingegangen. Dies könnte aber auch auf das neue Meldesystem zurückzuführen sein, welches Kartenkauf im letzten Moment ermöglicht. Das Buffet in der Hofburg vor Beginn (um 17:00) wurde beworben. Kosten 29 € pP. Das Buffet wurde geplant um Ballbesuchern den demonstrationsfreien Zugang zur Hofburg zu ermöglichen.

"aB (Anm.: aktiver Bursche) Pallawatsch wird den Kontakt zur Polizei/Verfassungsschutz aufnehmen und aufrechterhalten. Es wird um Polizeischutz für unser Haus und unsere Gäste die den Ball besuchen, ersucht."

Auch der GKR Ball in Graz am ersten Februar 2014 kommt bei den Wiener Burschen nicht so gut an:

"50 Freikarten beinhalten eine Busfahrt, Freikarten und eine Retourbusfahrt. Sehr wenige Meldungen bisher."

Im Nachhinein zufrieden sind die Herrschaften allerdings mit dem Tag der deutschen Burschenschaften in Innsbruck im November 2013:

"Rund 100 Besucher und 1000 Gegendemonstranten. Der RFS (Anm.: Ring Freiheitlicher Studenten) hat die ÖH-Förderung der Demonstrationen gut in der Presse darstellen lassen und so die Demonstranten in einem passenden (diskretitierenden) Licht erscheinen lassen."

Balleröffnung

APA/FAYER

Und so sieht es wahrscheinlich drinnen aus (WKR-Ball 2012)

Was zählt? Das deutsche Volkstum!

So manch ein österreichischer Politiker hat die Gäste des Balles ja schon als "die neuen Juden" bezeichnet. Wie der Kurier berichtet, geht die "Arbeitsgemeinschaft Freiheitlicher Akademikerverbände" jetzt noch weiter. In einer Aussendung werden die linken Demonstranten zur neuen SA.

Doch all diese Dinge finden in den Protokollen vergleichsweise wenig Beachtung. Es sind die menschlichen Dramen, die "hitzig thematisiert" werden, wie es heißt. Allen voran der Fux J. In der Sitzung Anfang Jänner einigen sich die Mitglieder der Runde, dass ihm eine Art "Auszeit" gegönnt wird. Mit zwei Gegenstimmen wird er ausgeschlossen, darf aber einen "erneuten Einsprung" versuchen, wenn "Engagement und ausreichende Reife" wieder vorhanden sind. Als Gast ist er trotzdem weiterhin willkommen.

Auch ein neues Mitglied wird aufgenommen. Dabei sehr wichtig:

"Der AHX Hark (Anm.: Alter Herr, Codename Hark) weist auf das, laut Hausordnung verpflichtend notwendige Kriterium der Zugehörigkeit und des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum hin."

Aber keine Angst:

"Dieses hat im vorliegenden Fall implizit stattgefunden."

Auch der Wunsch eines Bundesbruders, im Sommersemester im Wohnheim wohnen zu können, stellt kein Problem dar. Immerhin ist er "Germane".

Gegen Ende der Sitzung am 7. Jänner wird es dann so richtig hitzig. Da übt der Bursche "Steiner" nämlich Kritik an der Führung von "Poppei":

"Dieser übt sein Amt zwar entsprechend der Mindestanforderungen korrekt aus, allerdings findet von seiner Stelle aus kein "Führen der Aktivitas" (Anm.: Die Leute halt) statt."

Dieser Kritik schließen sich dann auch noch "Stransky" und "Pallawatsch" an. Und "Poppei" gesteht. Er sei unmotiviert, will sich aber bessern. Im Vordergrund der Debatte steht,

"dass die "Motivationslosigkeit nicht an die Jungburschen weitergegeben wird und das neue Semester mit mehr Energie begangen wird"

Wie das am besten geschehen soll? Ganz einfach:

"aB Stransky stellt einen Antrag die Bierpreise für Aktive auf 1€ pro 0,5 l festzusetzen. Einstimmig angenommen."