Erstellt am: 10. 1. 2014 - 10:28 Uhr
"Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki"
Dumont Verlag
Haruki Murakami: Die Pilgerjahre des Farblosen Herrn Tasaki ist bei Dumont erschienen und wurde von Ursula Gräfe ins Deutsche übersetzt.
Am 10.1.2014 feiert Haruki Murakami seinen 65. Geburtstag.
Fünf Freunde, die alles gemeinsam machen. Tsukuru Tazaki aus Nagoya ist einer von ihnen. Ohne die Clique geht gar nichts. Alle haben in ihrem Namen eine Farbe, die gleichzeitig als Spitznamen gebraucht wird. Nur Tsukuru muss ohne Farbton auskommen und fühlt sich deshalb seit jeher ein bisschen wie das fünfte Rad am Wagen. Alle anderen, so findet er, haben irgendeine besondere Fähigkeit. Der Eine ist ein kluger Denker, der Andere erfolgreicher Sportler, die Eine wunderschön und musisch begabt und die Andere zynisch und ausgesprochen witzig.
Tsukuru fühlt sich farblos. Er hat keine herausragende Eigenschaft, nur ein Interesse an Bahnhöfen.
Nach der Schule verlässt Tsukuru als einziger Nagoya, er geht nach Tokyo, um zu studieren. Wann immer es ihm möglich ist, besucht er seine Freunde und alles ist wie früher. Sie verbringen jede freie Minute miteinander.
Bis Tsukuru eines Tages - er ist gerade wieder einmal auf Besuch in Nagoya - niemanden erreichen kann und keiner mit ihm sprechen will. Man lässt ihn wissen: Er wisse schon weshalb. Tsukuru hat nicht den leisesten Schimmer. Es bricht ihm das Herz.
„Vom Juli des zweiten Jahres an der Universität bis zum Januar des folgenden Jahres dachte Tsukuru Tazaki an nichts anderes als den Tod. Er wurde in dem Jahr 20, was jedoch keinen nennenswerten Einschnitt bedeutete, denn zu der Zeit war ihm der Gedanke, sich das Leben zu nehmen, der nächste und natürlichste.“
So beginnt das Buch. Tsukuru bringt sich nicht um, aber er begräbt seine Vergangenheit tief in seinem Unterbewussten. Nie wieder fragt er nach, warum er denn eigentlich unerwünscht sei.
In eleganten Sprüngen durch die Zeit erfährt die Leserin, dass Tsukuru mittlerweile 36 Jahre alt ist, sich ausgewogen ernährt, regelmäßig schwimmt, Bahnhöfe plant und renoviert, aber eigentlich keine Freunde hat und von sich noch immer nicht überzeugt ist:
„Ich glaube, ich bin ein nutzloser, langweiliger Typ geworden. Für andere und auch für mich selbst“
Doch Sara, die Frau mit der er dreimal ausgegangen ist und einmal geschlafen hat, sieht das anders. Sie interessiert sich für ihn. Tsukuru erzählt ihr von seiner Jugend und dem Verstoß aus der Clique. Er gesteht, dass er nie nachgeforscht hat, warum sie ihn damals ausgeschlossen hatten.
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„Auch wenn man ein Erlebnis tief in sich begräbt, kann man die Geschichte, die es hervorgebracht hat nicht auslöschen.“ sagt Sara und blickte ihm direkt in die Augen. „Du kannst deine Geschichte weder auslöschen noch rückgängig machen. Denn damit würdest du zugleich dein innersten Wesen töten.“
Sara verlangt von ihm, dass er seiner Vergangenheit ins Auge sieht, wenn er sie weiterhin sehen will. Also macht er sich auf, seine alten Freunde aufzustöbern und sie zu treffen. Langsam öffnet sich das Tor zu seiner dunklen Seite und er erfährt, dass alles mit der schönen Shiro zu tun hatte.
Anders als bei den letzten Büchern von Haruki Murakami, wie etwa bei der "1Q84"-Trilogie wartet man vergeblich auf die phantastischen Parallelwelten, die seine Bücher auszeichnen. Nichtsdestotrotz zieht das 300 Seiten-Epos mit der einfachen, klaren Sprache und den Bildern schnell in Bann.
Typisch Murakami.