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Christian Pausch

Irrsinn, Island, Ingwer.

14. 1. 2014 - 14:58

No trivial shit

Chris Garneau präsentiert mit "Winter Games" sein bereits drittes Album, an dem er über fünf Jahre gearbeitet hat.

chris garneau

Chris Garneau | Winter Games

"Winter Games" ist ein Konzeptalbum. Es geht um die kalte Jahreszeit, um Schnee, um Eis, um dunkle Wälder und wärmende Kaminfeuer. Das könnte man guten Gewissens über das Album sagen, denn irgendwie stimmt es. Es wäre allerdings nicht Chris Garneau, wenn das die einzige Ebene seines Albums wäre. Unter der winterlichen Schneedecke versteckt sich nämlich der Rest des gewaltigen Eisbergs: Garneau singt über Inzest, Vernachlässigung, Missbrauch - und somit über die dunklen Seiten des (Familien-)Lebens.

So spaßige Sachen wie Schneemann bauen und Rodeln gehen sind in dieser winterlichen Landschaft eher seltene Aktivitäten. Zu Recht sagt Chris Garneau selbst über das Album: "This record isn't about trivial shit."

chris garneau

Aaron McElroy

Chris Garneau - Hoffentlich verkühlt er sich nicht.

Ob Chris Garneau all diese schrecklichen Dinge selbst erlebt hat, traut man sich nicht zu fragen und man wünscht es ihm auch nicht. Vielleicht sind es aber auch gar nicht seine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse, die er auf "Winter Games" verarbeitet. Wie wir durch das Vorgängeralbum "El Radio" schon wissen, kann sich Garneau sehr gut in andere hineinversetzen. Aber: "It's still me I'm singing about, I can't help that.", lacht der sympathische Musiker im FM4 Interview.

Break us in two

Die Single "Oh God" ist übrigens gerade Platz 2 der FM4 Charts. Ein Song, der mit nur vier Zeilen Text so viele Fragen und Welten eröffnet, wie es bei anderen Acts ganze (Konzept-)Alben nicht schaffen:

We didn't care for God / but we didn't know that much.
I get it all backed up / but I run to the left.
Everything set gone / I can feel it in the air tonight.
I think the end is here / It's gonna break us in two.

Hat ein Jackerl gefunden. - Chris Garneau.

Viele der Songs auf "Winter Games" tragen banale Titel wie "Winter Song #1", "Reindeer" oder (Überraschung) "Winter Song #2" und dennoch kann man sich nie sicher sein, ob der Text so einfach zu verdauen ist, wie es der Songtitel vorgaukelt. Der Song "Switzerland" beginnt zum Beispiel mit der schönen Zeile "Switzerland was pretty as I remembered." Doch schon in der nächsten Textzeile geht es darum, dass das lyrische Ich seinen Vater vermisst, obwohl der nicht immer ein guter Vater war. Assoziationsketten, denen man kaum folgen kann, die einen aber trotzdem berühren, ganz tief drin und vielleicht vor allem im Winter.