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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

30. 12. 2013 - 17:09

Kurt Razellis Jahr

Der Fernsehremixer Kurt Razelli hat die heißen Themen des Jahres behandelt: Von Volksbefragung und Opernball über HAHA-Effekt und Nationalratswahl bis hin zu Arnautovic und der Schaukel.

Rewind 2013

Der FM4 Jahresrückblick

Es gibt viele Wege, in die österreichische Seele zu schauen: einen Besuch beim Heurigen, eine Rundreise durch kleine Dörfer von Feldkirch bis Floridsdorf, Kabarett-Besuche, das Auflegen früher Ambros-Platten oder das Ansehen alter Hans-Moser-Filme.

Es gibt allerdings – mit Ausnahme von Maschek – wenige Künstler/innen, die die traditionelle Darstellung des larmoyanten, leicht hinterfotzigen, mitunter durchtriebenen und oft belustigten Wesens der Österreicherin und des Österreichers so gut in ein zeitgenössisches Videoclipformat überführen können wie Kurt Razelli. Er sampelt sprechende Menschen aus Radio, Fernsehen und Podcasts und macht aus markanten Ausschnitten der gesprochenen Texte eigene Songs. Der Kurt widmet sich politischen Debatten ebenso gerne wie Fußballstars und dem philosophierenden Menschen auf der Straße oder im Wirtshaus. Bei "seinen" Vokalistinnen und Vokalisten kann er aus den Vollen schöpfen – denn in der Öffentlichkeit wird eben immer und überall lustig, heftig, kurios und aufbrausend geredet und diskutiert.

Vorgestellt wurde Kurt Razelli auf diesen Seiten ja schon Anfang des Jahres, seither sind über 25 neue Songs hinzugekommen. Sie bilden einen amüsanten Querschnitt über die wichtigen und auch unwichtigen Geschehnisse der letzten zwölf Monate. Zum feierlichen Jahresabschluss haben wir den Kurt ins FM4 Studio eingeladen, um über einige der Höhepunkte von 2013 und die dazugehörigen Songs zu sprechen.

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Jänner

Der Jahresanfang 2013 war mit der Volksbefragung stark politisch geprägt, bei der für oder gegen die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht abgestimmt werden konnte. Rechtzeitig vor Befragungsschluss und der anschließenden Verlautbarung des Ergebnisses ist für Kurzentschlossene der Sukkus der Pro- und Contra-Argumente mit den passenden Instrumentals bereit gestanden.

Februar

Im Februar wurde es nicht nur politisch, sondern auch militärisch interessant. Zugegeben, Kurt Razelli hat den alten (ehemaligen) Neo-Politiker Frank Stronach im mittlerweile schon legendären ZiB2-Interview vom November 2012 etwas aus dem Kontext gerissen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Jedenfalls ist "General Stronach" – auch dank der Verbreitung des Songs von Armin Wolf auf Twitter – ziemlich schnell mit deutlichem Abstand der Razelli-Klick-Hit 2013 geworden.



Versöhnlicher und wesentlich staatstragender ging es da schon am Wiener Opernball zu. Dass dieser ein internationales Aushängeschild ist und weltweit seinesgleichen sucht, weiß nicht nur Frau und Herr Österreicher/in sondern natürlich auch ihr würdevolles Staatsoberhaupt Heinz Fischer. Er selbst geht gerne hin, "weil von der Josefstadt ist es nicht weit bis daher". Allerdings: So lange er den Frack an hat, "ist der Präsident nicht weg".



Ein musikalisch und körperlich harter Winterabschluss folgte mit Gemeindebau-Alleskönner Gerhard Doser, einem von Razellis Lieblingsdarstellern, und seinen unkonventionellen Selbstverteidigungsmethoden. Damit die zu trainierende Probandin auch ordentlich aggressiv wird und den HAHA-Effekt richtig umsetzt, muss – ähnlich wie etwa beim Karate – laut geschrien werden. Dazu gibt's vom Cheftrainer das nötige Anstacheln: "Wos is, Zwergerl, mit dir, wos is?!"

April, Mai

Im Frühjahr ist es wieder Zeit für klassische Razelli-Kost. Immerhin hat mit Samples aus den ORF Alltagsgeschichten die Karriere begonnen. Tatsächlich ist jener aufgebrachte ältere Herr, den wir aus dem Klassiker "7.200 Schilling" bereits kennen, auch im neuen Song "Der Ausländer" zu hören. Wie in so manchen Fällen gab es auch hier noch viel zu viel übriges Material, das man nicht einfach herumliegen lassen wollte. Der DubHop-Remix vom "Ausländer" (siehe unten) ist übrigens auf der FM4 Sound Selection 28 vertreten.



Zur selben Zeit hat die (österreichische) Fußballgemeinschaft mit den Eskapaden des heimischen enfant terrible Marko Arnautovic und dem darauf folgenden Ausschluss bei seinem damaligen Club Werder Bremen eine traurige Episode erlebt. Reumütig ist er vor die Fernsehkameras getreten, hat die unglückliche Geschichte nochmal nacherzählt und dann mit betretenem Gesicht seine Bedrücktheit ausgedrückt: "Es tut mir weh." Sie haben ihm den Ball genommen – heute hat er ihn aber eh wieder.

September

Im Spätsommer musste Österreich einen langwierigen Wahlkampf und eine darauf folgende Nationalratswahl überstehen. Wen sollte man wählen? Wem kann man noch vertrauen? Wie kann man die Wechselwähler ansprechen? Wie die vielen Nichtwähler/innen motivieren? Das Ergebnis ist bekannt, rückblickend hat der Wahlkampf neben fiebriger Berichterstattung der Medien vor allem viel kluge Satire, etwa die FM4 Sendung "Die Aktuelle Stunde", Christoph & Lollos Wahllieder oder eben Kurt Razellis Battlesongs hervorgebracht. Weil wir Faymann, Spindelegger und Stronach in dieser Liste schon hatten, steht an dieser Stelle stellvertretend für die vielen anderen Razelli-Wahlsongs der Battle zwischen Glawischnig und Strache.

November

Den sogenannten Flow im Sprachfluss einzelner Menschen erkennen, die Musikalität in mit Verve dargebotenen Sätzen ausnutzen und damit einer ansonsten flüchtigen, banalen Begebenheit in einer TV-Geschichte Zeitlosigkeit zu verpassen. Das ist die Magie, die Kurt Razelli und seine Songs auszeichnen. Wie fantastisch das immer wieder funktioniert, ist jüngst Anfang November mit dem Song "Die Schaukel" verdeutlicht worden. Kurz zusammengefasst ist sie, die Schaukel, "das ganze Übel". Ansonsten erfahren wir dabei, dass eine Diskussion mit Kindern "nicht zielführend" sei, wie wichtig die "Gewichtsmenge" ist und, überhaupt: "Das muss aber so sein!"

2014

Alle Songs von Kurt Razelli gibt es hier.

Welche Songs Kurt Razelli 2014 auf uns loslassen wird, steht noch nicht fest. Vieles entsteht spontan, doch kaum etwas wird übersehen oder überhört. "Den halben Tag fernsehen, den halben Tag Musik machen", fasst der Kurt selbst seinen typischen Tagesablauf zusammen. Die einzigen Fixpunkte, die für den Fußballfan auch musikalisch jetzt schon feststehen: Die WM im Brasilien im Sommer und, bereits im März, Toni Polsters 50. Geburtstag.