Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Schweizer Piraten"

Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

30. 12. 2013 - 15:41

Schweizer Piraten

Verbote sind prinzipiell abzulehnen. Aber eben längst nicht alle.

Einen Großteil der teils mehr, teils weniger liebevollen Vorwürfe mussten sich die Grünen im Wahlkampf zum Thema „Verbotspartei“ anhören. So fielen mitunter geflügelte Bonmots wie „verbieten, verteuern oder einen Radweg bauen“. Dabei ist wenig von der Panik, die manche mit einer grünen Regierungsbeteiligung – wie es sie ja etwa in Wien gibt – verbanden, eingetreten. Noch immer darf man in der Innenstadt Auto fahren und auch der Nikolo hat noch Zutritt zu den meisten Kindergärten, selbst Zigarettenautomaten gibt es noch.

Ein Verbot trat allerdings im Juli ziemlich unbemerkt in unser Leben, und auch wenn man gesetzliche Regelungen sämtlicher Alltagsagenden sonst ablehnt, eine gefühlt überwältigende Mehrheit findet das sinnvoll:

Seit 4. Juli 2013 dürfen in Österreich keine Schweizer Kracher mehr verkauft werden.

Hinweisschild, das Böller verbietet

Gemeinfrei

Diese grünen Dinger sind in Teilen des Landes ja eigentlich als „Piraten“ bekannt und sind, obwohl vermutlich die meisten von uns schon irgendwann einmal damit hantiert haben, durchaus nicht ungefährlich. Jeder, der etwa einmal in der Silvesternacht durch eine Innenstadt spaziert ist, kann das wohl bestätigen. Dazu braucht man die Dinger noch nicht mal in eine Glasflasche werfen und damit eine Art Splitterbombe bauen – nein, es reicht, wenn so ein „Pirat“ ein paar Zentimeter vor dem Körper detoniert.

In Österreich kauft dabei im Schnitt jeder Vierte zu Silvester Feuerwerkskörper, pro Jahr werden rund 10 Millionen Euro mit Raketen und Knallkörpern umgesetzt, die besseren Kunden sind hier Männer und Buben.

Bitte erlauben Sie mir für einen Augenblick die Pfade des seriös-neutralen Journalismus für einen Kommentar zu verlassen:

Kein Mensch stört sich an tollen Raketen und bunten Explosionen, hoch oben am Himmel. Enervierend, und nur hier greift das Verbot, ist aber die oft tagelange Explosion von eben diesen Knallkörpern im Sekundentakt. Nicht nur Familien mit kleinen Kindern, Alte und Kranke, Haustiere oder Mitbürger mit Ohrenproblemen stellt diese sinnfreie Knallerei dabei vor große Unannehmlichkeiten. Irgendwann ab 2 oder 3 Uhr morgens wird jeder Piratenschütze zur unfreiwilligen Gelegenheit, „das mit dem Pazifismus“ wieder kurz zu überdenken – auch für Robuste.

Sind wir nun also vor den Deppen sicher?

Leider nicht. Auch wenn man meinen sollte, dass jeder Euro für Piraten sinnvoller etwa für Syrien gespendet werden könnte, darf man nicht davon ausgehen, dass es morgen in Österreich nicht knallen wird.

Denn: Auch wenn das Verbot seit Juli gilt, Kracher die vorher gekauft wurden, dürfen noch bis 2017(!) gezündet werden. Außerdem muss man wohl davon ausgehen, dass nicht unwesentliche Mengen an Knallkörpern aus Nachbarländern wie Tschechien ins Land kommen.

Und auch wenn etwa die Pressestelle der Wiener Polizei angibt, Verstöße gegen das Pyrotechnikgesetz zu ahnden, wird wohl dennoch wieder fleißig aus zahllosen Fenstern geballert werden. Bei Menschenansammlungen, vor Kirchen oder Krankenhäusern waren schon immer alle Knallkörper aller Klassen verboten. Und eigentlich waren selbst Piraten, als Klasse-II-Kracher, im Ortsgebiet nicht erlaubt – wirklich verhindert kann dies aber wohl kaum werden.

So wird die Wiener Polizei heuer vor allem zu junge Knallfrösche oder besonders kreative Zündler, die gerne Postkästen oder sonstige Gefäße sprengen, aus dem Verkehr ziehen. Und natürlich in heiklen Bereichen besonders gut aufpassen. Da man aber damit rechnen muss, dass noch genügend Piraten oder Schweizerkracher im Umlauf sind – ist wohl auch leider davon auszugehen, dass uns der eine oder andere Depp, der noch im Morgengrauen einen Kracher nach dem anderen auf den Gehsteig wirft, auch diesmal nicht erspart bleibt.

Vielleicht geht ihnen der Dreck ja dann spätestens 2014 aus.

Einen guten, Tinnitus-freien Rutsch!