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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

31. 12. 2013 - 06:31

Schöne Sätze

Alltagsweisheiten, Banalitäten, Widersprüchlichkeiten und Oneliner. Unter anderem mit Jim Jarmusch, Abdellatif Kechiche oder Will Ferrell.

Courtney Love, Musikerin, über ihre Vorteile

Vielleicht, dass es einen Teil von mir gibt, dem es scheißegal ist, was man über mich denkt. Das hat mich immer und immer gerettet. (Interview Magazin)

Will Ferrell, Schauspieler, über Subversion im Comedykino

Daran muss man die Leute immer wieder erinnern: Es ist toll, lustig und kauzig zu sein, exzentrische Sketche zu haben, aber man sollte auch versuchen, die Dinge beim Namen zu nennen. (Der Standard)

Spike Jonze, Regisseur, über das Scheitern

You have to make things that don't work in order to learn. If you ever feel like putting yourself in a situation where you're not going to fail, you're either going to fail much worse or you're not going to do anything interesting. (Fantastic Men)

Will Ferrell, Schauspieler, über die von ihm verkörperten Charaktere

Diese angeberischen Typen sind ein Archetyp, dem man auch in Hollywood oft begegnet. Oder überhaupt in Amerika: Wir sind ein junges Land mit langer Erfolgskurve. Ein starker Teil unserer Identität ist es, bei jeder Olympiade "USA!" zu brüllen. Nun befinden wir uns jedoch an einem Punkt in unserer Geschichte, an dem wir diese Position zunehmend verlieren. Wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen. Bleiben wir Supermacht? Verwandeln wir uns in ein gewöhnliches Land? Wir können keine Armee auf Kosten guter Schulen erhalten. Die Charaktere, die ich spiele, sind Teil dieser Entwicklung. (Der Standard)

Will Ferrell in "Anchorman2"

universal

Will Ferrell in "Anchorman 2"

Geschlechterdiskurse

Harald Schmidt, TV-Veteran, über Annäherungen von weiblichen Fans

Es war alles toll. Was für mich aber eine bittere Erfahrung war: Ich suchte Sex und fand fast nur Liebe. Aber da hat man sich dann halt darauf eingestellt im Laufe der Jahre. (Playboy)

Nicolas Winding Refn, Regisseur, über die Männerfiguren in seinen Filmen

I don't have a conscious personal connection to my protagonists because they are men. I don't have any interest in masculinity – I don't watch boxing, I don't go to strip clubs, I don't like any sports, I don't like guy stuff and I don't hang out with men. I don't do anything that would be categorised as masculine. (Dazed & Confused)

Abdellatif Kechiche, Regisseur, über die Universalität seines Films "La Vie d'Adèle"

Es war mir sehr wichtig, das Thema Homosexualität im Film vergessen zu machen. Die Zuschauer sollen sich mit den Figuren identifizieren, unabhängig von ihrer sexuellen Präferenz. Ich hatte Angst, mich zu frontal diesem Thema zu stellen. Militanz hätte den Film auf die Community der Interessierten beschränkt. (Der Standard)

Courtney Love, Musikerin, über ihre Definition eines Rockstars

Du musst einen Hairstyle und mindestens einen Trend ausgelöst haben, jedenfalls sind das die Fashion-Aspekte. Und ein richtiger Rockstar muss tough sein. Es darf dir nicht ums Geld gehen. Du musst unbedingt, unter allen Umständen, Rock'n'Roll spielen wollen. Das ist es, was die Männer von den Jungs unterscheidet. (Interview Magazin)

Courtney Love

Courtney Love

Courtney Love

Live and let die

Götz Spielmann, Regisseur, über Todesszenen im Kino

Ist der Tod nicht auch ein großes Mysterium, das unser Intellekt nicht wirklich fassen kann? Und ist er nicht deswegen auch – wie zum Beispiel Liebe oder Gerechtigkeit – eines der ganz großen Themen der Kunst? Und ist es da nicht verwunderlich, wie nebenbei, wie leicht im Kino gestorben wird und wie selten das wirklich erzählt wird? (The Gap)

Nicolas Winding Refn, Regisseur, über Gewalt und Kreativität

Violent behaviour is an instinctual part of our DNA. We live in a world that has found a way for us to live within certain restraints, thank God, but we still have the violent impulse. Art is an exorcism, a way to release it. There is an element of catharsis in my films in order to release that, and the emotion of release is in itself a very violent impulse. Creativity is, in a way, an act of violence – but it doesn't have to be destructive. It's like when people say the act of birth is a violent act: it's a violent image, but at the same time it's one of the most beautiful there is. (Dazed & Confused)

Wolf Wondratschek, Autor, über den Tod

Das ist das Dumme am Sterben, es bleiben immer ein paar ungelesene Bücher zurück." (Der Standard)

Cormac McCarthy, Autor, über seine Arbeit mit Anfang Achtzig

Your future gets shorter and you recognize that. In recent years, I have had no desire to do anything but work and be with [son] John. I hear people talking about going on a vacation or something and I think, what is that about? I have no desire to go on a trip. My perfect day is sitting in a room with some blank paper. That's heaven. That's gold and anything else is just a waste of time. (Wall Street Journal)

Cormac McCarthy

Rowohlt

Cormac McCarthy

Pain & Gain

Clemens Meyer, Autor, über die Schmerzhaftigkeit von Literatur

Sie muss es nicht, aber sie kann es, und meine will das auch teilweise. Wir haben das als Leser nur irgendwie vergessen. Literatur kann einen wie keine andere Kunstform bis ins Mark treffen. (Spex)

Abdellatif Kechiche, Regisseur, über das Thema seines Films "La Vie d'Adèle"

Liebe ist für mich immer unerklärlich und verrückt. Die Gefühle sind so stark, dass man sein äußeres Verhalten kaum noch beherrscht. Liebe wirft die Ordnung des Verstandes über Bord (...) Ich beschreibe die Schwierigkeit, eine wirkliche Liebesgeschichte zu entwickeln. Nach der Leidenschaft muss etwas bleiben, eine andere Liebe. (Der Standard)

Harald Schmidt, TV-Veteran, über seine Haltung

Große negativistisch fundierte Lebensfreude. (Playboy)

Bruno Dumont, Regisseur, über die Kontroverse um seine Filme

Ich denke, die Leute fühlen sich von meinen Filmen provoziert, weil sie mit einer bestimmten Erwartungshaltung ins Kino gehen. Sie wollen unterhalten werden. Ich bin dagegen vor allem an menschlichen Erfahrungen interessiert (...) Auf die Gefühle des Zuschauers kann ich dabei keine Rücksicht nehmen. (Der Standard)

Abdellatif Kechiche, Regisseur, über jammernde Schauspieler

Da ist es deplatziert, vom gefährlichen Beruf der Schauspieler zu reden. Ich komme aus Adèles sozialer Klasse und weiß, wovon ich rede. Denken Sie an die Leute, die uns hier im Hotel die Zimmer putzen. Die Leute, die morgens mit der Metro zur Arbeit fahren, um am Ende einen miserablen Lohn zu kassieren. Denken Sie an Adèles Beruf, eine Erzieherin ist wirklich gefordert. Da bereitet es mir Probleme, vom angeblich gefährlichen Schauspielerberuf zu reden. (Der Standard)

Abdellatif Kechiche

Alamode/Thimfilm

Abdellatif Kechiche

Spiritualität ist nur ein Wort

Ramin Gray, Regissseur, über seinen biografischen Hintergrund

Ich wurde in London geboren, habe eine iranische Mutter und einen jüdischen Vater, beide sind zum Glück überhaupt nicht religiös. Ich habe so gesehen gar kein "englisches Blut" in mir. Dennoch bin ich Europäer, ich liebe Europa, ich bin total stolz auf den europäischen Lebensstil, die europäische Geschichte und Kultur. (Der Standard)

Cormac McCarthy, Autor, über seine Arbeit mit Anfang Achtzig

I have a great sympathy for the spiritual view of life, and I think that it's meaningful. But am I a spiritual person? I would like to be. Not that I am thinking about some afterlife that I want to go to, but just in terms of being a better person. (...) It is more important to be good than it is to be smart. That is all I can offer you. (Wall Street Journal)

Ramin Gray, Regissseur, über Religion und Theater

Ich wurde de facto in einer christlichen Kultur erzogen. Ich gehe nach wie vor sehr oft in Kirchen, ich genieße den Raum, den Geist. Ich denke auch, dass Menschen deswegen vermehrt ins Theater gehen, weil sie nicht mehr in die Kirchen gehen. Ist ja klar: Man kommt und beobachtet einen Menschen, der durch ein Narrativ, durch eine Erzählung geht, genau davon handelt ja das Christentum. (Der Standard)

Götz Spielmann, Regisseur, über den Gegensatz zwischen Vernunft und Spiritualität

Ich glaube, dass zwischen Spiritualität und Realismus kein Gegensatz besteht, sondern eine Hierarchie. Alles Realistische, alles Logische, alles kausale Denken, alle Vernunft – all das hat Platz in einer spirituellen Betrachtung des Lebens, der Existenz. Und in dem Sinne bin ich – manchmal mehr, manchmal weniger, manchmal gar nicht – auch ein spiritueller Mensch. (The Gap)

Götz Spielmann

Filmladen

Götz Spielmann

Method Acting

Lea Seydoux, Schauspielerin, über die Frage nach der schwierigsten Szene beim Dreh von "La vie d'Adèle"

Jede einzelne. Weil jede Szene ein paar Tage und manchmal eine Woche oder sogar noch länger gedauert hat – eine einzige Szene. Können Sie sich das vorstellen? Bei dem Film, bei dem ich gerade mitspiele, haben wir gestern zwei sehr große und eine kleine Szene abgedreht. Bei Kechiche musste man eine Woche lang jeden Tag dasselbe machen. Das macht einen verrückt. (Interview Magazin)

Abdellatif Kechiche, Regisseur, über seine Anforderungen an Schauspieler

Die Idee, Schauspielern beim Spielen zuzusehen, ist doch eine konventionelle kinematografische Vision. In meiner Vorstellung von dramatischer Kunst fusionieren Figur und Schauspieler. Spielen bedeutet wirkliche Inkarnation. Ich möchte, dass der Schauspieler lebt und nicht das Leben imitiert. Er muss die Maske lüften und seine Rolle ins Leben tragen. (Der Standard)

Stellan Skarsgård, Schauspieler, über ein Angebot von Lars von Trier

He called me a couple of months ago and said "Stellan, I just want to book you for next summer, so don't take anything else. I'm going to make a porno film and I want you to play the male lead." "Yes of course, Lars," I said. "But you will not get to fuck in the film." I said okay, he said, "But you will show your dick at the end, and it will be very floppy." "Okay Lars, I will be there, if that's what you're doing." (Indiewire)

Lea Seydoux und Adèle Exarchopoulos, Schauspielerinnen, über den Dreh der Sexszenen von "La vie d'Adèle"

Exarchopoulos: Es ist realistischer als der Sex, den man sonst in Filmen zu sehen bekommt. Sie wissen schon, dieses Dreimal-Auf-und-Ab, und das war's. Aber ich denke nicht, dass das Pornografie ist. Es ist explizit – explizit und lang.

Seydoux: Es gab Abgüsse unserer echten Vaginen. Und die wurden uns dann mit Klebstoff zusammen mit Haaren angeklebt. (...) Es war wie beim Gynäokologen. Zuerst war es unangenehm, aber irgendwann haben wir mit den Maskenbildnerinnen geplaudert.

Exarchopoulos: Wir haben geplaudert und SMS geschrieben. Natürlich war das die ersten Male nicht toll. Aber danach fühlt man sich wirklich frei, man kann jede Bewegung machen. Wir wussten, dass das so echt aussehen würde, dass sich die Zuschauer fragen würden: Haben die beiden nun miteinander geschlafen oder nicht? (Interview Magazin)

"La vie d'Adèle"

Thimfilm

Lea Seydoux und Adèle Exarchopoulos in "La vie d'Adèle"

Außenseiter & Aussteiger

Cormac McCarthy, Autor, über seine Albträume

If you think about some of the things that are being talked about by thoughtful, intelligent scientists, you realize that in 100 years the human race won't even be recognizable. We may indeed be part machine and we may have computers implanted. It's more than theoretically possible to implant a chip in the brain that would contain all the information in all the libraries in the world. As people who have talked about this say, it's just a matter of figuring out the wiring. (Wall Street Journal)

Jim Jarmusch, Regisseur, über die altmodischen Vampire seines Films "Only Lovers Left Alive"

Adam ist ein romantischer Charakter, während Eve eher klassische Züge hat. Sie ist bodenständiger, weniger von Gefühlen geleitet. Ich hoffe, dass Aspekte von beiden in mir vereint sind. Adam beneide ich um seine Zurückgezogenheit und natürlich sein cooles analoges Musik-Equipment. Eve besitzt allerdings die besseren Bücher. (Der Standard)

Jane Campion, Regisseurin, über Aussteigerfantasien

I'm really interested in concepts like paradise. A lot of people move to this area in the hope of making themselves happy but of course there is no such thing as paradise, not on earth - our minds drive us crazy wherever we are. The closer you get to the so-called ideal, the more painful it is because it doesn't work. (The Telegraph)

Spike Jonze, Regisseur , über die Einsamkeit in seinem Film "Her"

In LA everything is nice, the food is great, the weather's always nice, everything is here, and yet it is still a city that can be very lonely. So I liked the idea of having this utopian world where the characters have made everything perfect but still experience loneliness and longing. (Fantastic Men)

Spike Jonze

Fantastic Men

Spike Jonze in "Fantastic Men"

Low Art & High Art

Götz Spielmann, Regisseur, über die Intention seiner Filme

Ich mache ja nicht deshalb Filme, weil ich meine Gedanken, Philosophien und Ideologien darin verkünden will. Erzählen ist für mich eine poetische Arbeit und der Versuch, ein Erlebnis zu schaffen. Ein Erlebnis und nicht ein Denksystem. Weil ein Erlebnis fundamental ist. Immer. Wenn wir etwas erleben, ist das fundamental. Wie wir es dann interpretieren, ist bereits sekundär. Ich will Fundamentales schaffen und nichts Sekundäres. (The Gap)

Bruno Dumont, Regisseur, über die Leere in seinen Filmen

Ich glaube an das Prinzip der Reduktion. Je weniger Handlung ein Film hat, desto konzentrierter ist die Inszenierung. Dies gilt ebenso für den Zuschauer: Ein Minimum an Aktion steigert die Wahrnehmung winziger Nuancen, weil der Zuschauer gezwungen ist, selbst aktiv zu werden. (Der Standard)

Lou Reed, Musiker, über die Bedeutung seiner Band The Velvet Underground

There was no-one else but us. To this day there's no-one else but us, no-one even comes close, to this day. If you play a Velvet Underground record – wow. (...) That's because we weren't kidding and they all are. They all wanna be stars.
(NME)

Jim Jarmusch, Regisseur, über die Differenz zwischen Hochkultur und Popkultur

Ich habe mich immer gegen die hierarchische Definition von Kultur gewehrt. Vieles von dem, was wir heute als Hochkultur bezeichnen, war früher marginal. Dante schrieb zu Lebzeiten in einem Straßenslang, seine Zeitgenossen müssen ihn für eine Art Beatnik gehalten haben. Heute gilt er als Klassiker. Ich liebe die Sex Pistols, und ich liebe Bach. Worin soll da der Widerspruch bestehen? (Der Standard)

Jim Jarmusch

Polyfilm

Jim Jarmusch

Film- und Fernsehprognosen

Joseph Gordon-Levitt, Multitalent, über die Unterforderung der Zuseher

There's a tendency in Hollywood to talk down to the audience. I think it's just an excuse to be lazy. I think there's plenty of room for intelligence in mainstream cinemas. I think people are thirsty for it. (Total Film)

Jim Jarmusch, Regisseur, über den vermeintlichen Tod des Indipendentkinos

Die internationalen Unternehmenskonglomerate, die die US-Filmindustrie sukzessive - bis hin zu den Abspielstätten - übernommen haben, haben das Kino in seinen Grundfesten verändert. Ich habe mich zuletzt wieder verstärkt der Musik zugewandt, weil ich mich auch weiterhin künstlerisch ausdrücken möchte. Film scheint dafür nicht mehr der leichteste Weg zu sein. Vielleicht werde ich zukünftig wieder kleinere Filme drehen. (Der Standard)

Jane Campion, Regisseurin, über ihre Faszination für das Fernsehen

I was at home looking after my daughter and just watching a bit of TV and I saw this thing called Deadwood. I went, 'Freaking hell, what is that?' This is the most exciting thing I've seen anywhere. There's a revolution going on (...) Television is the new frontier. Film is conservative. I'm sick of it. (The Telegraph)

James Franco, Multitalent, über die Zukunft der Filmindustrie

Poets can be the most vicious to each other because the only thing there is to fight over is cultural capital, rather than financial capital. Maybe one day, movies will be more like poetry in that sense. They won't be making money any more, compared to video games. So it will all come back to the art of it. Maybe. (Dazed & Confused)

James Franco

james franco/seth rogen

James Franco