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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

22. 12. 2013 - 14:38

Aufruhr im Orbit

Der Song zum Sonntag: EMA - "Satellites"

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  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

Es dürften nicht die Satelliten of Love sein, von denen Erika M. Anderson auf ihrer neuen Single singt. "Satellites" ist das erste neue Stück, das die amerikanische Musikerin, die meist schlicht unter dem Kürzel EMA operiert, seit ihrem markerschütternden Album "Past Life Martyred Saints" aus dem Jahr 2011 in die Welt bzw. mittlerweile vielleicht auch schon nach Outer Space sendet. Auch extraterrestrische Lebensformen und gasförmige Existenzen sollen diesen heiligen Krach hören. "Satellites" ist der Vorbote für das 2014 via Matador und City Slang erscheinende neue Album von EMA, das den wenig Glück verheißenden Titel "The Future’s Void" tragen wird.

EMA

EMA

EMA

"Past Life Martyred Saints" war eines der besten Alben seines Erscheinungsjahres und hält auch heute noch einem wiederholten Besuch locker stand. Auch wenn man danach wieder ein bisschen unruhig im Gemüt geworden sein wird.

Wir hören: Großartige, giftige Todespoesie, immer wieder von scharfem Witz durchsetzt, an Patti Smith und Lou Reed geschult, eine Durchdeklinierung von Körperlichkeit und Body Horror, Schmerz, Gewalt und Sexualität in allen Vokabeln. Gitarren-Drones, Noise, wüster Folk, Grunge, sweet Lärm. Ein böser Ziegel.

"Satellites" schließt hier an und macht gleich unter heftigem Getöse die ganz große Besteckschublade auf. Rauschen, Rückkoppelung und Brummen dominieren den Song. Synthetische Handclaps, die mantra-haft wiederholten Textfetzen aus EMAs Mund und das wild durch die Gegend Fuhrwerken der Maschinen überlagern sich zu einem industriellen Gospel. Im Hintergrund quietschen Streicher.

"Open The Satellites" singt EMA. Was diese Satelliten wollen und sollen bleibt unklar. Ungewöhnlich explizit besingt EMA jedoch den kalten Krieg: "I REMEMBER WHEN THE WORLD WAS DIVIDED/ BY A WALL OF CONCRETE, AND A CURTAIN OF IRON".

So dürfte EMA die Satelliten wohl eher nicht als erstrebenswerte Fluchtpunkte außerhalb einer vernachlässigenswerten Welt verstehen, sondern vielmehr als Instrumente des Krieges, der Bespitzelung und der Überwachung. Nur weil wir paranoid sind, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht unsere Telefone angezapft haben, unsere Daten bunkern und draußen, genau jetzt schon, mit ihren Ohren an unseren Regenrinnen kleben.