Erstellt am: 22. 12. 2013 - 12:10 Uhr
Umwelt statt Sokrates
Carl Hanser Verlag
In "Sophies Welt" findet ein Mädchen Videokassetten, auf denen ein mysteriöser Mann sie über die Geschichte der abendländischen Philosophie unterrichtet. Das Buch war ein Bestseller und hat bei zahlreichen Jugendlichen auf der ganzen Welt das Interesse an Philosophie geweckt. Wenn er "Sophies Welt" allerdings heute liest, dann kann er sich nur wundern dass dort nicht ein einziges Mal Begriffe wie "Umweltschutz" oder "Klimawandel" vorkommen, so Jostein Gaarder.
Und genau darum geht es in "2084 - Noras Welt". Die Jahreszahl "2084" ist dabei eine Anspielung auf George Orwells düstere Zukunftsvision "1984".
Nora träumt
Es ist 2012 und Nora steht kurz vor ihrem 16. Geburtstag. Sie ist ein sehr spezielles Mädchen, denn in ihren Träumen sieht sie andere Wirklichkeiten und kann sich in andere Menschen hineinträumen. Vor allem träumt sie von der Zukunft, vom Jahr 2084. In diesen Träumen ist sie ihre eigene Urenkelin, Nova. Die Welt dieser Zukunft ist inzwischen von der Klimakatastrophe völlig verändert: Viele Länder sind nicht mehr bewohnbar, weil sie überflutet oder zu Wüstenlandschaften geworden sind. Zahlreiche Tierarten sind ausgestorben und jeden Tag sterben weitere.
Nova ist wütend auf die Generation von Nora, die noch etwas gegen die Katastrophe hätte unternehmen können. Sie wünscht sich, die Menschen hätten noch einmal die Chance die Natur zu retten. Nora erwacht, zurück im Jahr 2012, und man weiß nicht, war es nur ein Traum oder wurde die Zeit gerade zurückgedreht. Nora ist sich jedenfalls ihrer Verantwortung bewusst und will die Möglichkeit nutzen und, gemeinsam mit ihrem Freund Jonas, alles tun was sie nur kann, um der anstehenden Klimakatastrophe etwas entgegenzusetzen.
Die Problematik mag vereinfacht und die Lösungsansätze naiv daherkommen in Gaarders neuem Buch. Allerdings ist es auch nicht seine Intention, Fachliteratur zu veröffentlichen. Er möchte junge Menschen aufklären und dazu bringen, aktiv zu werden.
Philosophie und Umwelt
1997 hat Jostein Gaarder gemeinsam mit seiner Ehefrau Siri Dannevig den Sophie Preis gegründet, der seitdem jährlich an Individuen und Organisationen verliehen wird, die sich für die Umwelt oder Entwicklungsanliegen engagieren. Er bezeichnet sich selbst als Umwelt-Aktivist und Autor und freut sich, in "Noras Welt" diese beiden Bereiche vereinbart zu haben.
Auf die Frage, ob die Philosophie für ihn angesichts der Umweltproblematiken an Relevanz verloren hätte, entgegnet Gaarder, dass ganz im Gegenteil alte philosohpische Fragen wie "Woher kommen wir? Was ist Glück?" etc. nie an Wichtigkeit verlieren, dass allerdings auch neue Fragen aufkommen. Und die wichtigste Frage unserer Zeit lautet seiner Meinung nach: Wie können wir die Lebensbedingungen auf unserem Planeten erhalten?
Gerade Länder wie Norwegen, in denen Erdöl gefördert wird, hätten eine große Verantwortung in Sachen Klimawandel, so Gaarder. Durch das Norwegen von 2084 ziehen in seinem neuen Roman Karawanen auf Dromedaren - Klimaflüchtlinge, die im Norden Europas nach menschenfreundlicheren Lebensbedingungen suchen, weil ihre Länder nur mehr Wüste sind. In Den Haag urteilt ein internationaler Klimagerichtshof über Unternehmen und ganze Länder, die die Klimakatastrophe vorangetrieben oder auch nicht verhindert haben.
*Textbeispiel aus "2084 - Noras Welt
Wer dem Planeten und damit der gesamten Menschheit durch das Verbrennen von Öl, Kohle und Gas Schaden zugefügt hatte, war dafür endlich zur Verantwortung gezogen worden. Auch den viel zu schnellen Verbrauch der fossilen Energiereserven hatte man bestraft, denn auch er wurde als ein Raub angesehen, der alle Erdenbewohner betraf. Norwegen hatte man ein besonders strenges Urteil auferlegt, weil die staatliche Ölgesellschaft Statoil aus Teersanden Öl gewonnen hatte, ein Verfahren, das besonders schlimme Umweltschäden nach sich zog.*
Jostein Gaarder hat allerdings noch Hoffnung, dass die Klimakatastrophe abgewandt werden kann. Die Menschen müssten nur innerhalb der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre aktiv daran arbeiten. Und dass sie aktiv werden, dazu will Jostein Gaarder mit "2084 - Noras Welt" beitragen.