Erstellt am: 8. 12. 2013 - 17:39 Uhr
The daily Blumenau. Weekend Edition, 07/8-12-13.
Seit der Nationalrats-Wahl online: der Versuch das klassische Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Und das mit Items aus diesen Themen-feldern.
#gesellschaftspolitik
Die heute-show ist brillant, meine politische Lieblingssendung, das satirische Wochenhighlight am Freitag (ZDF, 22:30), ein Leuchtschild der Demokratie. Da wird nur manchmal überzogen, meist ist nämlich auch der beste Klamauk noch seriöser als die bitteren Wahrheiten dahinter, die eine Redaktion mit dem Anspruch Ergebnisse von mühseliger Investigation so aufbereitet, dass es viele verstehen.
Irgendetwas aber, wohl ein Detail hat mich immer nervös gemacht; und letztens, bei der Einschlaf-Begleitung für meinen Sohn, als ich wieder einmal den schönen Leuchtglobus fixiere, die letzte Lichtquelle des Zimmers, wird mir endlich klar, worum es sich handelt.
Der Globus, der hinter Oliver Welke dauerrotiert, ist ein Fake, eine Weltkugel jenseits der Wirklichkeit, der pure Betrug.
zdf
Als ich mir dann die Grafik des heute-journal angesehen habe, auf das die heute-show ja quasi repliziert, war schnell klar, dass es sich da um keinen Einzelfall handelt. Auch der Globus im Logo der Nachrichten-Show: eine sehr plumpe Fälschung.
zdf
Sie ist nicht ganz so dreist wie die der heute-show, wo der Äquator durch den Sinai schneidet, sondern lässt ihn Afrika auf der Höhe von Mauretanien anvisieren - aber Fake bleibt Fake.
Für dich, UserIn, der/die du jetzt sagst "keine Ahnung wo der Äquator ist; Schule zu lange her", hier eine kleine analoge Slideshow:
privat
Da ein (die Wirklichkeit darstellender) Globus, der zeigt, dass der Äquator Afrika echt ziemlich weit unten, mitten durch den Kongo schneidet.
privat
Dort ein Globus, der zeigt, dass sehr viel von Südamerika und fast ganz Brasilien unter, die gesamte mittelamerikanische und karibische Region aber deutlich über dem Äquator Platz findet.
privat
Und hier ein Globus, der zeigt, dass Asien praktisch komplett in der Nord-Halbkugel stattfindet.
Ende Gelände
Die Gründe für die üble Fälschung sind wohl grafische. In der Nord-Hemisphäre geht so viel ab (Nord/Mittel-Amerika, Europa,. Asien, fast ganz Afrika), in der Südhalbkugel hingegen eher nichts (Südamerika, ein bissl Afrika, Australien, Ende Gelände).
Darstellungstechnisch ist es also für alle Logo-Bauer deutlich effektiver, die Weltenmitte, den Bauch der Erde, den Äquator weiter südlich reinzurücken. Denn so kann man das, was sonst irgendwo oben, im gefühlten arktischen Eismeer kleben würde, formschön in die Zentrale runterrücken.
Mir ist nun klar, dass niemand der vielen Globen und Karten-Fälscher (und das ZDF-Beispiel ist nur eines von sehr sehr vielen) das aus ideologischen oder rassistischen Gründen macht. Das Problem dabei ist nur: genau das wird mit diesen Fakes transportiert.
Europa und Nordamerika werden zentraler dargestellt als sie sind, beschönigend in die Mitte gerückt. Die Wahrheit (dass Europa globustechnisch der allerunattraktivste und blödestgelegene Kontinent überhaupt ist, dort am Katzentisch Platz nehmen muss) wird so verschleiert.
Man macht sich größer und wichtiger als man ist. Man deutet die ökonomische Hoheit in eine geographische um. Und das hat dann selbstverständlich einen zutiefst politischen Hintergrund.
Um die white supremacy richtig ausspielen zu können, wird Afrika tiefergelegt, wird Indien in den Äuqator geschoben, kriegt Mexiko einen Ring. Und alle, die den Fake-Globen ausgesetzt werden, bekommen den (durchaus politisch so gewollten) Eindruck, dass man/wir/Whitey eben zurecht oben in der Nahrungskette stehen, während die anderen, die Dritte Welt, die Entwicklungsländer, die Bloßfüßigen das auch rein optisch ja durchaus zurecht sind; da unten, im Keller.
Natürlich passiert dieser Fake nicht zufällig.
Der Globenbetrug ist nur die logische Folge des Welt-Karten-Betrugs.
Hier etwa die Fake-Weltkarte des ZDF
zdf
Da ist Grönland (2,15 Mio km²) so groß wie Südamerika (17,85 Mio km²) und Alaska (1,7 Mio km²) so groß wie Australien (7,7 Mio km²).
Die Ausreden der für diese Art Karten verantwortlichen Kartographen, warum sie es nicht schaffen, die Krümmungs-Verzerrung für eine realistische Karte halbwegs aufzulösen, sind von atemberaubender Blödheit.
Die Existinenz der durchaus gebräuchlichen Fake-Weltkarten folgt demselben politischen Impetus: den Norden groß-und-starkmachen, die Bloßfüßigen verkleinern.
Natürlich geht es auch anders.
privat
Und selbstverständlich gibt es auch eine radikal-realistische Sicht auf die Dinge: die Peters Projection nämlich. Aber das ist eine andere, längere Geschichte, die hier in einer dramatisch.realistischen Sequenz aus West Wing nur angerissen werden kann.
In jedem Fall würde ich mir wünschen, dass die beste TV-Sendung des deutschsprachigen Raums nicht dem peinlichen Imperialismus des alten Europa aufsitzt, der im Hintergrund dieser Karten und auch ihrer gefälschten Grafik-Globen steht.