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Burstup

Physische Welt, virtuelle Realität. Politik und Kultur.

6. 12. 2013 - 16:02

Contrast

Jazz und Schattenrätsel: Ein ungewöhnliches Indie-Game in comichaftem Film-Noir-Setting.

Videospiele haben das Potential, den Spielenden auf eine Reise zu schicken und in eine fremde Welt eintauchen zu lassen. Diese Möglichkeit hat das Spiel zwar mit anderen Kulturrechniken und Kunstformen gemein - auch ein gutes Buch lässt die Welt rundherum vergessen - doch im Spiel ist der Rezipient auch handelnder Akteur. Wenn der dabei vorgegebene Handlungsspielraum auf bisher nie dagewesene Weise ausgesteckt und gestaltet wird, also eine innovative Spielmechanik zum Einsatz kommt, dann verspricht diese Reise besonders lohnend zu werden. "Contrast" lockt mit diesem Angebot, denn es stellt eine ungewöhnliche Eigenschaft eines seiner Protagonisten in den Mittelpunkt.

Contrast Screenshot

Compulsion Games

Zunächst aber schickt uns "Contrast" in die späten zwanziger Jahre, in die Zeit von Jazzclubs, Cabaret und Varieté. Wobei unklar ist, ob sich die von Jugendstil und Art Deco geprägte Stadt in Frankreich, in Quebec oder gar auf einem anderen Planeten befindet. Mit dem düsteren, urbanen Setting und entfremdeten, verbitterten Charakteren ist das Spiel aber auch an den Film Noir angelehnt - gesehen allerdings aus der Perspektive eines neunjährigen Mädchens. Die Mutter des Kindes ist Sängerin in einem Jazzclub, gekonnt vertont von der aus Kansas stammenden Sängerin Laura Ellis.

In der Welt des Jazz und Varieté spielen sich menschliche Dramen ab. Der liebenswerte, aber ein wenig zwielichtige Vater des kleinen Mädchens Didi hat die Familie verlassen und steckt offenbar in Schwierigkeiten mit brutalen Gangstern. Didi heftet sich an die Spuren des Vaters. Dies gelingt ihr, weil sie eine unsichtbare Freundin namens Dawn hat. Die Freundin hat eine besondere Fähigkeit, womit wir bei der ungewöhnlichen Spielmechanik wären: Sie kann auf Knopfdruck mit ihrem Schatten an der Wand verschmelzen und so an schwer erreichbare Orte gelangen. Man erkundet also eine eigentlich dreidimensional dargestellte, düstere Stadt, wechselt aber bei Bedarf in eine flachere Welt aus Schattengebilden, die an Wände projiziert werden und wie Plattformen in einem 2D-Jump'n'Run benutzt werden. Oft muss man zuerst Gegenstände und Lichtquellen im 3D-Raum verschieben, um brauchbare Schatten an der Wand zu erzeugen, über die man sich dann hangeln kann.

Contrast Screenshot

Compulsion Games

Am Anfang des Spiels geht der Wechsel zwischen den Dimensionen noch leicht von der Hand, doch schon nach kurzer Spielzeit werden die Schattenspiele zunehmend zu komplexen Rätseln, die durchaus eine halbe Stunde in Anspruch nehmen können. Man gibt sich diesen Denkaufgaben hin, weil die Geschichte spannend und die Atmosphäre fesselnd ist. Was hat Didis Vater wirklich vor? Kann Dawn die Eltern des Kindes vor den Gangstern schützen? Warum enden Straßen in der düsteren Film-Noir-Stadt plötzlich aufgewickelt mitten im leeren (Welt-)Raum?

Contrast Collectors Edition

Compulsion Games

"Contrast" gibt es auch als Collectors Edition in der Schachtel.

"Contrast" ist ein mutiges Indie-Game und steht sogenannten Vollpreisspielen in nichts nach. Die PC- und Xbox-360-Versionen kosten je 15 Euro, die PS4-Version kann im ersten, kostenlosen "PlayStation Plus"-Monat gratis heruntergeladen werden. Empfehlenswert ist das Spiel letztlich auch wegen des großartigen Jazz-Soundtracks. Dem kanadischen Entwicklerstudio Compulsion Games ist zu wünschen, das sich seine Kreativität bezahlt macht.