Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "The daily Blumenau. Thurs/Friday Edition, 28/9-11-13."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

29. 11. 2013 - 17:47

The daily Blumenau. Thurs/Friday Edition, 28/9-11-13.

Der Wettskandal und seine als Vorbeugung angekündigte Instrumentalisierung. Und: gekaufter Wissenschaftsjournalismus, der so nicht sein müsste.

Seit der NR-Wahl online: der Versuch das klassische Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so ansatzweise Täglichkeit hinzukriegen. Und das immer mit Items aus diesen Themenfeldern.

Gestern gab's Funkstille - ich war bei einem Kongress (mehr dazu weekendlich) in München und bin zu nichts gekommen.

Und heute wird zitzerlweise veröffentlicht.

Ist vorbeugende Xenophobie besser als gar keine?

#fußball #medien #vorurteileschüren

Der österreichische Wettskandal hat auch im Ausland seinen Nachhall: die Kapriolen, die die von dem nach vorne flüchtenden Dominique Taboga losgetretene Affäre schlägt, waren gestern bis München spürbar.

Wir lesen Listen von Spielen, die wir gesehen haben, wissen mittlerweile, dass es um Wetten ging, die den Ausgang gar nicht beeinflusst haben (um Details wie Eckbälle etc.) und uns so in der unbefriedigenden Situation, dass wir gar nichts bemerken konnten, hinterlassen. Wir finden alte Bekannte (hallo Kapfenberg!, hallo immer schon verdächtiger Bregenz-Tormann), neue Brandherde (die Grödig-Spieler mit der Salami-Taktik) und völlig unerwarteten Zuwachs (Lamprecht? wtf! Didi Berchtold? omg!) und wir staunen darüber dass die Zuspätmelder die Betrugs-Ansinnen wohl doch nicht als reinen Witz empfunden haben.

Wir lächeln nur gequält, wenn wir zurückrudernde Präsidenten, die gestern alles noch als nicht so schlimm (wie bei Juve odeer Bochum) empfunden haben, und jetzt drakonisches fordern, ohne dass ihnen Journalisten das vorhalten.

Wir warten gespannt auf die nächsten Verhaftungen, geleakte Namens-Listen und werden uns, weil wir fatalistische Österreicher sind a) schnell mit dem Geschehenen abfinden und es auf alte Schlaucherl-Traditionen bis hin zum lieben Augustin (letztlich auch ein Betrüger) zurückführen, b) vieles Kränkerjammern als es ist und c) versuchen die Schuld abzuwälzen.

Die Kronen Zeitung, der das Lob gilt den Wettskandal mitaufgedeckt zu haben - ihren Recherchen ist der Kick-Off zu verdanken, probiert es schon, fragt die Herren Präsidenten, ob sie denn froh wären, dass vor allem Legionäre und keine (echten) Österreicher betroffen sind. Abgesehen davon, dass Lamprecht, Taboga, Zündel und Co echter sind, als die Krone Ivo Vastic jemals zugestehen würde, lassen sich die Präsidenten nicht ins Bockshorn jagen und reagieren vernünftig.

Denn allein auf die Gerüchte, dass die gefundenen Listen viele Kicker mit bosnischem, kosovarischem oder albanischem Hintergrund enthalten, ist angesichts der aktuellen Verhaftungslage ja nicht sinnvoll zu bauen.

Aber mit der ganz praktisch angewandten Xenophobie hat es die Kronen-Zeitung, da ist sie quasi genetisch belastet, da kommt sie nicht raus: der Sportchef kolumnisiert (indem er eine scheinbar politisch-korrekte Haltung einnimmt, und ja nur vorbauen will), dass man der Krone die Tatsache, dass sie sich auf die Tatsache der vielen involvierten Spieler mit "ausländischem Hintergrund" draufsetzen werden will, ja nicht zum Vorwurf machen soll.

Das ist, finde ich, eine ganz interessante neue Art der Furcht vor Fremdem: die Ankündigung, dass es ja doch möglich sein müsse, bestimmte Sachlagen dazu verwenden zu dürfen fremdenfeindlich zu campaignisieren. Das ist die Erfindung der volkskörper-gesunden, weil vorbeugenden Xenophobie. Faszinierend.

Der Print-Wissenschaftsjournalismus gehört dem Ministerium

#medien #pr

Die Wissenschafts-Journalisten Deutschlands haben einen Verband, der (sehr sperrig) Wissenschafts-Pressekonferenz heisst.

In der aktuellen Ausgabe ihres Magazin wpk Quarterly gibts einen fetten Schwerpunkt zum Thema was ist professioneller Journalismus wert? in dem der Verband Beispiele von - seiner Meinung nach völlih unethischen und unzulässigen - Einflußnehmern aufzählt. Ganz vorne dabei: Österreich.

In der Schweiz, das haben die strengen Deutschen auch herausgefunden, sieht es nicht viel besser aus.

Laut WPK-Recherchen erhält die hiesige Qualitätspresse Zuschüsse vom Forschungsministerium, der Wissenschaftsakademie und einzelnen Hochschulen: zb der Standard 55.000 Euro, die Presse 38.000 Euro. Quelle: die Komm Austria; es läuft also alles ganz offiziell. Die Gelder werden verwendet um Redakteure zu bezahlen. Auch die APA bekommt Geld aus dem Forschungsbereich, positiv wird der Falter hervorgehoben, dessen Wissenschaftsbeilage Heureka immerhin als "entgeltliche Einschaltung des Forschungsministeriums" gekennzeichnet ist.

Nun finde ich, dass es besser ist es gibt in einem kleinen Land mit schlechter Wissenschafts-Infrastruktur und einem verheerenden Medienmarkt voller Verblödungs-Fallen, einen von staatlichen Organisationen querfinanzierten Wissenschaftsjournalismus, als es gibt nichts.
Denn das ist die Alternative: nichts.

Die Verlage, auch die der Qualitätsmedien, haben keine Skrupel, dann, wenn es ans Eingemachte, also an Einsparungen geht zuerst die Orchideen-Redaktionen zu kürzen und zu kappen. Dass ein vom Ministerium finanzierter Redakteur leichter die Schere in den Kopf kriegt und dann vielleicht nicht übermäßig kritisch gegenüber einzelnen Renommier-Produkten ist, stellt ein Problem das - ist mir aber lieber als die Alternative: Schweigen.

Und, da ich zufällig zumindest einen Print-Wissenschaftsjournalisten kenne - manch einer ist so querköpfig, dass er seine Kritik schon an/durchbringen wird, auch innerhalb dieser klassisch-österreichischen Hand-wäscht-Hand-Modells.

Auch hieine Frage der Querköpfigkeit. Hier am Beispiel des Electronic Beat Festivals, mit einem Telekommunikations-Riesen als Koop-Partner, wo FM4 nicht einmal, nicht zweimal, nicht dreimal, sondern viermal im Folge überaus kritisch berichtet hat. Seitdem ist das Über-Branding weg; es hat also etwas genutzt.

Da bin ich zu pragmatisch und zu undogamtisch und vielleicht auch amoralisch genug. Und vor allem: ich sitze ja auch im Glashaus. Auch FM4 kennt das Problem: wie gehe ich mit dem Anzeigenschalter, dem Sponsor für die lässigen Außenevents, dem Partner beim Festival Radio um?
Verzichte ich auf alles, um dann tolle Dinge nicht machen zu können?

Was mich stört hat mit dem oben schon einmal vorkommenden großen Nichts zu tun. Ich habe die Geschichte über die WPK-Recherchen natürlich in einer deutschen Zeitung, der taz (diesmal existiert keine Web-verlinkung) gelesen, in der heutigen Ausgabe, Seite 18.

In Österreichs Medien wird man diese Infos vergeblich suchen, ja niemals finden. Es herrscht da ein Übereinkommen sich nicht gegenseitig anzukratzen.
In diesem Fall ist das allerdings unklug. Diesen Fall könnte, ja müsste man nützen, um jetzt (es gibt gerade Regierungsverhandlungen) Lobby-Arbeit zu betrieben um die nächste Regierung endlich anzuhalten eine vernünftige Medien-Förderung auf die Beine zu stellen; eine, die ihren Namen verdient und solche Maßnahmen wie das Sammeln der Brosamen bei Ministerien überflüssig macht. Ebenso wie das peinliche Inserate-Zuschrieben für den Boulevard.

Das wäre ein Job für die Standesvertretung der Verlage; eigentlich. Dafür bräuchte man aber eine entsprechende Gesamtstrategie, was die Medien-Förderung betrifft. Die, behaupte ich, existiert nicht. Weswegen dann nutzbare Anlaßfälle wie die Streilvorlage der WPK, die anschaulich zeigen wie armselig in diesem Land mit wesentlichen Notwendigkeiten wie einem anständigen Wissenschaftsjournalismus umgegangen wird, verstreichen.