Erstellt am: 29. 11. 2013 - 16:06 Uhr
Media and More - "Da geht's ums Leben"
Liisa steht mithilfe eines Stehbretts vor einem großen Flatscreen und spielt ein Musikvideo ab. "Hier gibt es alles, was mit Computern zu tun hat", erklärt sie, und fährt mit den Fingern über ihren Trackball, eine bewegliche Kugel, die wie eine Maus den Cursor steuert. Am Platz neben ihr liegt eine Tastatur mit Lochabdeckung, die das Tippen erleichtert. Basti arbeitet inzwischen mit Tastern an einem Computer, der auch mit Augenbewegungen bedient werden kann. Er kann sich verbal nicht gut ausdrücken, also verwendet er auch manchmal eines der Ipads, auf die eine Software für computerunterstützte Kommunikation geladen ist. Wenn er z.B. Durst hat oder auf die Toilette muss, drückt er einfach auf das entsprechende Symbol.
70.106,14 mal Danke
Ein Großteil dieser Tools konnte mit eurer Hilfe angeschafft werden. Denn ihr, liebe FM4-HörerInnen, habt letztes Jahr exakt 70.106,14 Euro für Licht ins Dunkel gespendet.
Marianne Weiss
Dieses Geld ist an Media and More gegangen, eine Tagesstruktur für junge Erwachsene mit Cerebralparese und/oder Mehrfachbehinderungen. Viele der KlientInnen sitzen im Rollstuhl und können sich aufgrund zu starker oder zu schwacher Muskelspannung nur eingeschränkt bewegen. Einige von ihnen kommunizieren zudem fast ausschließlich über Blicke und Gesten.
Bei Media and More erhalten sie Therapie und arbeiten gleichzeitig mit neuen Medien.
600 barrierefreie Quadratmeter
Im November hat der neue Standort von Media and More in Wien Meidling eröffnet. Auf 600 barrierefreien Quadratmetern finden sich hier nun neben Büro, Küche, Umkleiden und Sanitäranlagen, Therapieräume für das Bewegungstraining, Abstellplätze für Rollstühle, Geh- und Stehhilfen sowie eine Terrasse, ein Kreativraum und ein Medienraum. Derzeit sind 28 KlientInnen zwischen 16 bis etwa 40 Jahren in Betreuung und werden unterstützt, ein möglichst eigenständiges Leben zu führen.
Media and More ist ein Projekt des Vereins komit.
Die Realisierung der neuen Einrichtung ist zu einem großen Teil dem Engagement der Eltern der KlientInnen zu verdanken. "Es geht darum, eine Tagesstruktur zu schaffen, wo unsere Kinder die Fähigkeiten, die sie sich in den letzten Jahren hart erarbeitet haben, einsetzen und ausbauen können", hat Ingrid Gurung, Mutter einer Cerebralparetikerin, letztes Jahr im Interview gesagt. "Es soll nicht einfach eine Aufbewahrungsstätte werden, wo sie tagsüber untergebracht sind, aber im Grunde nur darauf warten bis der Fahrtendienst sie wieder abholt."
Barbara Köppel
Genau das ist gelungen. Die meisten der KlientInnen haben ihre Schulpflicht bereits abgeschlossen und wollen bzw. brauchen Nachfolgeangebote, mit denen sie ihre kognitiven, motorischen und fachlichen Kompetenzen erweitern können. Da zudem alle schon mit Computern gearbeitet haben, ist das Programm bei Media and More genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten.
Fotos, Videos und Interviews
FM4 für Licht ins Dunkel 2013 unterstützt PROSA - Projekt Schule für alle - eine Initiative, die jungen AsylwerberInnen hilft, den Pflichtschulabschluss zu machen.
Sie sind z.B. dabei, einen Informationsfolder für die Einrichtung zu gestalten. Außerdem wollen sie Fotostrecken erstellen, mithilfe derer der Tagesablauf jedes/r einzelnen KlientIn organisiert werden kann. Für jede Tätigkeit wird ein Symbolfoto gemacht, das später auf ein Klettband geheftet werden kann. Somit kann jede und jeder ihren oder seinen Tagesablauf selbst bestimmen und nach Belieben verändern.
Einen Dokumentarfilm über Media and More, der das Projekt der Öffentlichkeit näher bringen und Berührungsängste abbauen soll, wollen sie auch drehen. Mehrere GoPro-Kameras, Mikrofone, Headsets und Schnittprogramme sind vorhanden.
Marianne Weiss
"Eine Interviewserie ist auch geplant", sagt Stefan. Er ist quasi Organisator, Regisseur und Redakteur in Personalunion und überlegt sich, wer eingeladen werden könnte, welches Equipment gebraucht wird und welche Fragen gestellt werden.
Das Setting für die Interviews ist jedenfalls fix. Im Medienraum wurde eigens eine Bluebox mit professioneller Beleuchtung eingerichtet. Ganz oben auf der Wunschgästeliste steht übrigens der Bundespräsident.
"Er soll unsere Art der Interviewführung kennenlernen", meint Stefan. "Es wird sicher auf eine andere Weise ablaufen, als er es gewohnt ist - aber genau darum geht's ja, nicht in erster Linie um Professionalität sondern um's Leben."