Erstellt am: 28. 11. 2013 - 12:37 Uhr
Referendum gegen Homo-Ehe in Kroatien
Bekannte und weniger bekannte Kroatinnen und Kroaten halten ihr Gesicht in die Kamera. Ihre Botschaft: "Ehe ist ausschließlich die Verbindung zwischen Mann und Frau". Alles andere sei unnatürlich. Die menschliche Natur müsse verteidigt werden. Im Hintergrund läuft "Intro" von The xx.
Der Promoclip von "U ime obitelji"- auf deutsch "Im Namen der Familie" - wirbt dafür, beim geplanten Ehe-Referendum am 1. Dezember in Kroatien für "Ja" abzustimmen und damit die Ehe in der Verfassung ausschließlich als Gemeinschaft zwischen Mann und Frau zu verankern. Das Horrorszenario: Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Paare könnten mit der Ehe gleichgestellt werden.

Youtube
Allzu lang war das Video nicht online. Der Promo-Clip wurde vom Netz genommen, auf der Youtube-Seite von "U ime obitelji" finden sich nur mehr Statements von BürgerInnen, warum sie für eine Verfassungsänderung sind.
The xx waren von dem Spot wenig begeistert. Nachgefragt hat nämlich niemand von "Im Namen der Familie", ob sie den The xx-Song überhaupt verwenden dürfen. Und die Urheberrechtsverletzung war nicht das einzige, was The xx gestört hat. Ihnen geht es auch um die politische Haltung, wie sie auf Facebook klargestellt haben:

Screenshot Facebook
Der EU-Neuling Kroatien, zerrieben zwischen Armut auf der einen Seite und Stränden für kaufkräftige Touristen auf der anderen Seite, ist nicht unbedingt ein problemloses Vorzeigeland, siehe die Korruptionsfälle oder Ex-Premier Ivo Sanader. Dass das konservative Kroatien alles andere als Homosexuellen-freundlich ist, ist nichts Neues, das zeigen diverse Übergriffe auf vergangene Gay-Prides. Aber bisher war Kroatien, rechtlich gesehen, eines der liberaleren Balkan-Länder in Bezug auf rechtliche Anerkennung von Lesben und Schwulen. Das soll sich mit dem Referendum am Sonntag ändern: einer aktuellen Umfrage zufolge wollen 68 Prozent für die Verfassungsänderung beim Ehe-Referendum votieren. Die kroatische Mitte-Links-Regierung und zahlreiche weitere Organisationen haben das Referendum zwar als Diskriminierung von Minderheiten verurteilt, das Verfassungsgericht hatte aber das letzte Wort und das Referendum erlaubt.

CC-BY-SA-3.0 / Danielle Madeley / flickr.com/dannipenguin
In der Verfassung Kroatiens, das als jüngstes Mitglied seit Juli der EU angehört, gibt es bislang keine eindeutige Definition von Ehe. Die Ehe ist zwar bisher nur für heterosexuelle Paare offen, manche Konservative fürchten jedoch, dass sich dies ändern wird. Die Mitte-Links-Regierung hat bereits angekündigt, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften erlauben zu wollen.
Mehr als 750.000 Unterschriften hatte die christliche Bürgerinitiative "Im Namen der Familie" zusammen mit der katholischen Kirche im Frühjahr gesammelt, damit der Volksentscheid am 1. Dezember stattfinden kann - fast 90 Prozent der 4,2 Millionen Einwohner sind katholisch. Die Facebook-Seite von "U imd obitelji" kommt mittlerweile auf rund 57.000 Likes. Wer die Organisation finanziert, weiß niemand, "Im Namen der Familie" weigert sich, die Geldgeber zu nennen.
"Im Namen der Familie" hat immer wieder für Aufregung gesorgt, eine der Initiatorinnen des Referendums, Zeljka Markic, sagte in einem TV-Interview, sie würde Kinder "lieber ins Heim als einem homosexuellen Paar geben". Außerdem meinte sie, dass Alleinerziehende ihrem Kind niemals das geben können, was ihm Vater und Mutter geben könnten.

Glasam Protiv
Protiv ist eine Gruppe von Bürgern, die sich gegen das Referendum engagieren. Sie haben auf ihrer Facebook-Seite mittlerweile fast soviele Likes gesammelt wie die Initiatoren, erhalten aber auch immer wieder Gewalt- und Morddrohungen; "Kill Fags", heißt es dann. Mit einem roten Banner, ähnlich dem der Equality-Bewegung, versuchen sie für Aufmerksamkeit zu sorgen - und Farbe zu zeigen, auch in den Social Networks. Ob das bis 1. Dezember an der Haltung der Mehrheit etwas ändern wird, bleibt jedoch fraglich.
Die kroatische Außenministerin Vesta Pusic ist über das Referendum besorgt. "Jedem muss klar sein, dass die Tür für Diskriminierung gegen jedwede Gruppe und im Endeffekt gegen jeden von uns geöffnet wird, wenn dieses Referendum durchgeht", sagte sie in einem TV-Interview. Sollte das Referendum erfolgreich sein, werde sie das Ergebnis als "große Ohrfeige für den politischen Reifeprozess und einen Rückschritt" auffassen. Homosexuellen eine zumindest eheähnliche und gesetzlich anerkannte Partnerschafts-Regelung zu ermöglichen scheint mit dem Referendum unerreichbar zu werden. Und Kroatien würde in punkto Gleichberechtigung weit zurückfallen.