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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

27. 11. 2013 - 13:56

Crazy Forest, ole!

Ich schaue gerne Fußball. Als Kind trat ich einem Fanclub einer Mannschaft aus Sofia bei. Weil ich aber volljährig sein musste, meldete ich mich mit dem Namen meines Vaters an.

Mein Vater war ziemlich verwundert, als er plötzlich Briefe bekam, die über verschiedene Fantreffen informierten. Mein Vater kann nämlich keinen Freistoß von einer Ecke unterscheiden. Weil ich aber unerlaubt seine Daten verwendet hatte, bekam ich eine „gelbe Karte“ von ihm, an die ich mich noch heute erinnere.

Das war gleich nachdem Bulgarien den vierten Platz bei der Fußball WM 1994 erreicht hatte. Dieser Erfolg füttert noch heute das Selbstbewusstsein der Bulgaren. Die Reaktion meines Vaters bremste dann aber meine Begeisterung und ich bin nie ein echter Stadionfan geworden.

Neulich attackierte eine Gruppe von Fußballfans die Mannschaft des bulgarischen Meisters Ludogoretz während des Trainings. Die Erfolge von Ludogoretz werden von den Fans anderer Mannschaften in Bulgarien schlecht verkraftet.

Juninho Quixada of Ludogorets celebrates after scoring the opening goal during the UEFA Europa League soccer match between Ludogorets Razgrad and Dinamo Zagreb in Sofia, Bulgaria, 03 October 2013.

EPA

Juninho Quixada jubelt für Ludogoretz Rasgrad

Bis vor zwei Jahren hat niemand was von dieser Mannschaft gehört. Sie kommt aus einer kleinen Stadt mit gemischter Bevölkerung aus Bulgaren und Türken. Ein lokaler Pharma-Magnat kaufte mehrere ausländische Fußballer ein und Ludogoretz wurde daraufhin zwei Mal in Folge Meister. Die Geschichte erinnert ein bisschen an Red Bull Salzburg, das momentan auch nach vier Spielen in seiner Gruppe der Europa League unbesiegt ist. Die Bulgaren haben bisher drei Siege und ein Unentschieden erreicht. Manche in Bulgarien sind gar nicht froh darüber, andere aber stolz: Zum ersten Mal seit langer Zeit hat sich eine bulgarische Mannschaft für das 1/16 Finale dieses Turniers qualifiziert.

Die Siege von Ludogoretz in den europäischen Fußballturnieren sind in letzter Zeit einer der wenigen Gründe zur Freude für die Bulgaren. Wir versammeln uns in Wien bei einem Freund, der bulgarisches Fernsehen empfangen kann, um das Match von Ludogoretz gegen PSV Eindhoven zu schauen. Im ersten Spiel gewann der bulgarische Meister mit 2:0 in Holland.

Wir drücken die Daumen für die Mannschaft aus dem Städtchen Rasgrad, wo niemand von uns jemals war. Wir drücken die Daumen für die bulgarische Mannschaft, in der kaum Bulgaren spielen. Wir drücken die Daumen, weil uns nur wenige Nachrichten aus unserer Heimat Freude bringen.

Zwanzig Jahre nach dem Erfolg bei der Fußball WM bleiben uns nur die sportlichen Siege über die wir uns freuen können. Weil wenn wir uns die Wirtschaft, die Politik und die Bildung anschauen, dann gibt das nicht viel her. Wörtlich übersetzt bedeutet der Name von Ludogoretz „verrückter Wald“. Und seit einem Vierteljahrhundert leben die Bulgaren weiter wie in einem verzauberten verrückten Wald. Also los Ludogoretz!