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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

25. 11. 2013 - 19:47

The daily Blumenau. Monday Edition, 25-11-13.

Warum ein vertrautes Gesicht den Terror näherbringt und wieso das Delta gegen das Loch keine Chance hat.

Seit der NR-Wahl online: der Versuch das klassische Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so ansatzweise Täglichkeit hinzukriegen. Und das immer mit Items aus diesen Themenfeldern.

Heute mit einem aktuellen Fall und einem erneuten Beharren auf der Unsinnigkeit der Debatte um das "Budgetloch".

Wenn der Irrsinn dich über zwei Ecken terrorisiert

#fundamentalismus #islam

Es ist ja nicht so, dass ich ihn persönlich kennen würde: trotzdem ist Hamed Abdel-Samad ein vertrautes Gesicht, jemand, der bei mir via 3sat-Kulturzeit jederzeit daheim vorbeischaun kann, ein kritischer Geist, dessen Thesen zum Islam tiefen Respekt, viel Basiswissen, aber eben auch die entsprechende Reflexion mit sich bringen - was sie selten und Hamed (der auch gern Hamad geschrieben wird) einzigartig macht. Zumal ein ägyptischer Politologe mit Homebase Deutschland, perfekten Sprachkenntnissen, Wissen um die abendländische Kultur und soviel Witz, dass er sogar eine gemeinsame TV-Show mit dem Rechtsausleger Henryk M. Broder, dessen bauernschlau-reaktionärer Populismus einen im Alleingang sonst allzu unangenehm berühren müsste, überstehen und mit seinem Liberalismus zu etwas Substanziellem adeln kann, eine echte Rarität darstellt.

Ebenjener Abdel-Samad ist, noch ist es nicht sicher, aber man befürchtet das Schlimmste, entführt worden, womöglich, und wenn dann von islamischen Fundamentalisten in seiner Heimatstadt Kairo; von Radikalen, die ein Kopfgeld ausgesetzt hatten, seit sich Abdel-Samad mit seiner letzten Publikation über die deutschen Sprachraum hinaus bekanntgemacht hatte.

Ein paar Tage später stellt sich heraus, dass keine radikalen Eiferer, sondern radikal-kriminelle Subjekte hinter der Entführung stehen; die den Publizisten dann immerhin auch wieder freilassen. Dass die vielen bösen Gedanken in mir gesät sind und bei jeder Gelegenheit hochkommen, bleibt davon allerdings unbenommen.

Bis vor kurzem war er noch ohne Bewachung unterwegs, seit die deutsche Regierung für ihn Leibwächter geordert hatte, stand er unter Personenschutz - genützt hat es nichts, weil er bei einer Fahrt zu einem vertraulichen Treffpunkt verschwunden ist.

Wenn das Opfer des Wahnsinns, wenn der der gegen den islamischen Faschismus gewettert hat und nun wohl von fanatischen Gegnern mundtot gemacht wird, wenn dieser Mensch ein Gesicht hat, dass dir vertraut ist, dann bekommt der sonst so ferne politische Irrsinn plötzlich ein ganz ganz nahes Gesicht, wird zur zumindest um zwei Ecken bedrohlichen Fratze, zu einer realen Gefahr und auch zu einem echten Hass-Objekt.
Das bringt mich dem Nahen Osten ein paar Kilometer näher.

Das Delta macht die Differenz, der Populismus das Loch

#medien #ökonomie #skandalisierung

Jetzt ist das sogenannte Budgetloch auch noch für das Wort des Jahres nominiert. Ein Begriff der als reiner Popanz, als von einer Koalition aus instrumentalisierenden Lobbyisten und skandalisierungswütigen Medien erschaffener Golem eigentlich der Grubenhund des Jahres sein müsste.

Ich habe es hier, laienhaft, schon einmal auseinanderzudröseln versucht: bisher wurde das Staats-Budget jährlich abgehandelt - seit einiger Zeit (und das ist nicht einmal ansatzweise durchgedrungen) gibt es aber Vier-Jahres-Projektionen.

Dass nun diese - wegen des langen Spiel/Zeitraums sehr unsicheren - Zahlen immer mal vier genommen werden, ist aber noch nicht in unser aller Bewusstsein gesickert. Wir vergleichen immer noch mit den gewohnten Jahres-Budgets, und kommen mit den Prognose-Zahlen x 4, also der neuen, kumulierten Berechnung nicht zurecht. Die einen aus Hopperdatschigkeit, die anderen aus vorgeschützter Blödheit, also aus Heuchelei.

Wie sagt der Experte meines Vertrauens: "... so gesehen wäre nämlich eine Einsparung in der Monarchie sicher 'das größte Sparpaket aller Zeiten', weil man das mittlerweile schon fast mit 100 multiplizieren kann".

Im übrigen verwendet mein Experte den Begriff des "Deltas", um die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben zu definieren. Ein Begriff, den ich auch schon Freitag bei einem Vortrag eines anderen Wirtschaftsfachmanns gehört habe; ein Begriff, der - wie ich finde - auch bildlich, also journalistisch deutlich näher an der Wirklichkeit liegt als das lächerliche Loch.

Trotzdem wird das Finanzdelta in den Medien gegen das Budgetloch keine Chance haben; weil es die Ängste der Menschen deutlich zu wenig schürt. Und das ist es schließlich, was dort zuvorderst auf der Agenda steht.

PS: vorm Loch, da gruselt es uns fein, von wegen Keller und so; vor der Differenz aber haben wir in Österreich echte Angst.