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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

22. 11. 2013 - 19:49

The daily Blumenau. Friday Edition, 22-11-13.

Prodigy für Kids, Argumentationshilfen für Twitter, ein Spray für den Fußball und alles Trottel außer Roli.

Seit der NR-Wahl online: der Versuch das klassische Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so ansatzweise Täglichkeit hinzukriegen. Und das immer mit Items aus diesen Themenfeldern.

... weil sie ja morgen Hauptact beim Fridge-Festival auf der Donauinsel sind...


Martina Hill startet das Feuer

Journalisten haben immer schon getwittert - ohne es zu ahnen

#medien #borniertheit

Es braucht nichtige Anlässe um mit dieser eigentlich längst überkommenen Diskussion konfrontiert zu sein, als wäre sie von Bedeutung. Es reicht den Begriff "Twitter" in einen journalistischen Raum zu rufen oder zu schreiben. Ihr, usendes Publikum, wäret erstaunt, mit welch absurd argumentierter Vehemenz sich sonst durchaus intelligente, vielleicht sogar echt kultivierte Menschen, vor allem Journalisten, gegen den Mikro-Blogdienst glauben wehren zu müssen; um sich puristisch abzugrenzen oder um nicht schon wieder eine zusätzliche Aufgabe übernehmen zu müssen, oder einfach nur, weil es gegen das Digitale, also Anonyme, also Böse geht.

Ich bin argumentativ diesbezüglich ja nicht aufs Maul gefallen; aber heute - nach einer wieder erschreckenden Erfahrung - hab ich mir diese "Wie hätte ich in dieser Situation noch überzeugender sein können"-Gedanken gemacht; auch weil die nächste "Wozu Twitter, bäh!"-Diskussion sicher kommt, wie das A. im G. und weil ich es ja für wichtig halte, wenn sich mein Stand in die nächste Entwicklungsstufe erhebt.

Wie kann ich also dem "das ist ja journalistisch unwert"-Argument entgegnen? Ich würde dabei ungern auf die holprigen Zweizeiler eines in der Branche als Frühstücksdirektor bekannten Ex-Chefredakteurs, der mittlerweile seine politische Gesinnung offen als Mandatar auslebt, zurückkommen müssen. Mir ist da eine in Wahrheit deutlich anspruchsvollere, journalistisch hochwertige Tätigkeit als Beispiel ungleich lieber.

Vor vielen Jahren habe ich Tür an Tür mit einem Redakteur gearbeitet, dessen Job darin bestand im TV laufende Filme mit einem einzigen Satz zu charakterisieren. Sowas kann furchtbar enden, aber dieser Mann war ein Künstler: auch weil er 80% dieser Filme kannte (und für den Rest gute Nachschlagwerke hatte), aber vor allem, weil er die Seele einer Kinoarbeit tatsächlich mit einer Buchstaben-Begrenzung von sogar unter 140 Zeichen berühren konnte.

Das allerbeste Argument ist aber das simpelste. Dazu möchte ich meinen ehemaligen Ressortleiter bei einer anderen Tageszeitung zitieren, der immer meinte, erst der, der einen guten Titel fertigen könne, sei wirklich ein Journalist.
Es stimmt: die Überschriften, die Unterzeilen und teilweise auch die Leads der Printmedien sind nichts als Getwitterei: große Dichte auf wenig Platz; der entscheidende Inhalt so zusammengefasst, dass er einen in die Geschichte reinzieht. Mehr ist Twitter in seinen besten Momenten auch nicht.
Und, vor allem: viel mehr als die Überschriften, die Unterzeilen und teilweise auch die Leads liest der geneigte Print-Konsument in der Regel auch gar nicht.

Tiroler, der. Wortart: Substantiv, maskulin. Bedeutet: Mensch

#fußball #chauvinismus

Tags darauf verliert Kirchlers Team, völlig verdient, 0:6.

Mein Lieblingstrainer der heimischen Bundesliga, der Vorzeige-Tiroler Roland Kirchler, hat wieder eines seiner lustigen Interviews gegeben. Er kann da zwar nicht erklären, warum er - trotz eines recht guten Kaders - realpunktemäßig wie so oft Stock-Letzter ist, aber man kann nicht immer so eine Wuchtel raushauen, wie letztens, als er öffentlich zugegeben hatte rein vom Schmäh zu leben. Dafür habe ich Versäumtes nachgeholt und erfahren, was Kirchler nach der letzten kapitalen Niederlage auf die Frage, ob sein Team nicht vielleicht einen Mental-Trainer brauche um sein Potential auch auszuschöpfen, geantwortet hat. Mit einem echten Kirchler nämlich: "Leute, die nie Fußball gespielt haben, wissen in solchen Situationen sowieso immer am Besten, was zu tun ist."

Abgesehen davon, dass es auch Ex-Spitzensportler gibt, die Mentaltraining anbieten, hieße das, dass jeder Job im Fußball-Bereich durch Ex-Spieler (am besten Ex-Teamspieler, am allerbesten halt Roland Kirchler) erfüllt werden muss: Schiedsrichter müssen ebenso ehemalige Spieler sein wie die Berichterstatter, die Funktionäre, die Platz- und Zeugwarte oder die Kantineure (wobei hier die Schnittmenge ohnehin... aber das führte zu weit...) und überhaupt alle.

Im Fall von Wacker Innsbruck kann und muss man auch noch einen Schritt weitergehen: dort, wo vor jetzt schon einiger Zeit der Sportdirektor gehen musste, weil es den Tiroler Sponsoren nicht genehm war, dass er Ausländer, also Nicht-Tiroler ist, muss die Job Description für sämtliche Funktionen im Verein selbstverständlich zusätzlich verengt werden: nur ehemalige Tiroler Ex-Spieler, am besten Ex-Teamspieler, am allerbesten Roli Kirchler, dürfen da zu Werke gehen. Nur wer Schütze ist, auf Andreas Hofer schwört und zum Anderl von Rinn betet, darf Innsbrucker Mentalcoach sein.
Trifft sich, dass sich der Coach Kirchler vielleicht eh nur mit dem Sportdirektor Kirchler absprechen müsste: die Chancen für einen Zusatzjob für meinen Lieblingstrainer stehen also auch hier echt gut.

Ab in die Schaumspray-Disco!

#fußball #innovation

Es war am 18. 7. 2011, es war ein unironisch gemeinter konstruktiver Vorschlag von dem ich wusste, dass er nicht fruchten können werde. Denn sowas wie Eigeninitiative ist in Österreich nicht gerade erwünscht; und in den Verbänden, der heimischen Bundesliga etwa, sogar eher gefürchtet.

Ich hatte da bei einem Turnier etwas gesehen, von dem mir klar war, dass es - weil es nachteilslos eine reine win-win-Situation herstellt - sich durchsetzen würde, nicht aufzuhalten sein werde.

Ein paar Monde später macht die FIFA ernst und probiert ihn bei der Club-WM (die letztes Jahr auch die Torlinientechnologie testen durfte) aus: den Freistoß-Spray. Heller Schaum, den der Schiri aufsprüht um die Distanz zwischen Abstoßpunkt und Mauer zu markieren und so dummdreistes Nach-Vor-Geschiebe der Freistoß-Mauer zu verhindern. Der Schaum verflüchtigt sich innerhalb einer Minute ins Nichts, das Geschummel fällt weg, den Zuschauer freut's, mich freut's doppelt.

Übrigens stellt die FIFA es allen Mitgliedsverbänden und allen Ligen frei den Freistoß-Schaumspray zu verwenden. Die österreichische Bundesliga, die diese Saison stolz einen extrigen Schiri-Sponsor-Vertrag einer Augentropfen-Firma präsentierte, hätte so ein weiteres, voll shampooniertes Feld zur Verfügung. Vielleicht traut man sich ja, dann 2015 oder so...