Erstellt am: 21. 11. 2013 - 20:41 Uhr
The daily Blumenau. Thursday Edition, 21-11-13.
Seit der NR-Wahl online: der Versuch das klassische Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so ansatzweise Täglichkeit hinzukriegen. Und das immer mit Items aus diesen Themenfeldern.
#nr-wahl #machtpolitik #ökonomie #medienhype
Ich bin echt selber schuld. Als die ersten Berichte über das neue, nach der Wahl, anlässlich des Kassasturzes bei den neuen Koalitionsverhandlungen medial aufpoppende Budgetloch erschienen sind, war ich wohl nur mit dem halben Auge und Ohr dabei. Ich dachte, es handelt sich dabei um das ganz normale alljährliche Budgetdefizit, wie es gefühlt immer schon da war und vor seiner Bekanntgabe immer zuerst geschönt wurde, was vor allem in Wahlzeiten logisch ist.
Erst Tage, nein Wochen später, wurde ich aufgeklärt, hier etwa von der Wifo-Expertin: das was da medial seit Wochen durchs Dorf getrieben wird, ist eigentlich ganz was anderes. Kein Jahresbudget-Defizit, sondern eine erst vor erst wenigen Jahren (2009) eingeführte Budget-Prognose für die jeweils nächsten vier Jahre. Offenbar eine Einführung auf sanften EU-Druck, damit die Staatshaushalte nicht mit einer kurzfristigen, von der Hand in den Mund lebenden, also grassermäßigen Scheinpolitik wegkommen, sondern man rechtzeitig auf Problembereiche aufmerksam wird.
Und da, in dieser heuer eben wieder anstehenden Neuberechnung der nächsten vier Jahre, haben sich die Projektionen und Prognosen verschoben. Weil die Hypo teurer wird oder weil das Finanztransaktionsgesetz eher nicht so bald kommt zb. Natürlich auch, weil (teilweise sicher bewusst) komisch gerechnet wurde - trotzdem ist dieses Budgetloch vor allem eines: ein sogenanntes.
Nun verstehe ich ja nur zu gut, dass man (also die durch ihre schwache Wahlentscheidungen gefrusteten Bürger und die schlagwortgeilen Medien) einer sowieso verhassten Finanzministerin, die dieses neu entstandene und unverständliche Phänomen auch noch nicht erklärt, sondern pampig abzuwiegeln versucht, eins reinwürgen will; ich verstehe sogar, das man dieses Ventil um wieder einmal ordentlich abzujammern über die Ungerechtuigkeit der Welt, dass man viel zu viele Steuern zahlt, dass alle anderen unfähig sind und überhaupt durchaus braucht.
Und ich verstehe, dass sich daraus dann eine Dauer-Campaign entwickelt, weil sie rein begriffstechnisch eine Selbstläufer-Eigendynamik entwickelt hat. Denn viel besser als ich werden es 95% der Österreicher auch nicht kapiert haben.
Mein Verständnis hört aber - wenig überraschend - bei den Medien auf. Die, und auch einige unter jenen, die sich selber Qualität zubilligen, machen nämlich mit bei diesem Preisschießen am Budgetloch-Jahrmarkt. Und nur selten versteckt sich hinter einer reißerischen Fassade dann eine passable Analyse.
Klar, niemand lässt sich gern von herrischen Landesfürsten abkanzeln. Aber auch die können manchmal, zumindest partiell, rechthaben. Mittlerweile hat sich aber sowohl gesellschaftlich, aber auch medial die Meinung, dass Politiker ausschließlich lügen und phrasendreschen, so verhärtet, dass sich außer einem Beharren auf einem Justament-Standpunkt, ohne rechte Überprüfung des Begriffs, den man da in die Welt gesetzt hat, nichts mehr ausgeht.
Und jetzt ist er da, der Golem Budgetloch.
Gespeist auch aus der Tatsache, dass Österreich diese 2009er-Umstellung vom klassischen Wurschteln auf den Prognose-Kassasturz mental noch nicht verkraftet hat. Ein solcher Zugang widerspricht nämlich allem, was dieses Land, seine Menschen, seine Politiker und auch seine Medien bisher gelebt haben.
In diesem Zusammenhang gilt es eigentlich auch die Aufklärungs-Arbeit der Opposition anzuschauen: klar, es wäre Pflicht der Regierungsparteien sich hier gut verständlich zu machen (was bekanntlich nicht deren Stärke ist) - trotzdem wäre es ein feiner Fairplay-Zug.
Dieselben Medien, die auf den Nulldefizit-Schmäh der Wenderegierung reingekippt sind, weil das kurzgegriffene Denken so heimelig war, sind jetzt von der ungewohnten Vier-Jahres-Langfristplanung so überfordert, dass sie ihrer Erklärungs-Pflicht nicht mehr nachkommen.
Das Budgetloch hat in der Zwischenzeit bereits eine gewaltige Medien-Karriere hingelegt, wird die Jahresrückblicke mitdominieren und in all seiner Miss/Unverständlichkeit auch weiter über die Stammtische segeln, ohne in der platten Form, die medial aufgebaut wurde, überhaupt zu existieren. Und was einmal daliegt und nie deutlich klargestellt wird, bleibt dann in der populistischen Form. Was liegt, das pickt. Noch so eine durchaus gefährliche Entwicklung.