Erstellt am: 20. 11. 2013 - 15:07 Uhr
Kein Rezept zum Glücklichsein
Neulich stieß ich beim Internetsurfen auf eine Liste der "17 tödlich falsche Entscheidungen, die wir machen können". Wie ist der Autor genau auf 17 gekommen? Normalerweise benutzt man in solchen Listen runde Zahlen. "100 Bücher, die wir gelesen haben müssen", "200 Filme, die jeder sehen soll", "1000 Orte, die man unbedingt besucht haben soll". Die Menschen lieben die runden Zahlen. Im Film „Cool Hand Luke“ („Der Unbeugsame“) wettet Paul Newman mit einem Freund, dass er 50 Eier essen kann. Als ihn sein Freund fragt, warum gerade 50 und nicht zum Beispiel 26, antwortet Newman: „Keine Ahnung, es war eine runde Zahl“. Und diese Liste beinhaltet nun 17 Punkte. Das ist gut. Man kann sich irgendwie vorstellen, dass die Fehler, die man machen kann, gar nicht so viele sind. Man kann sie auswendig lernen und danach vermeiden. Es ist viel leichter als sich die "1000 Orte, die man unbedingt besucht haben soll" zu merken.
Ich habe mir die Liste genau angeschaut. Es war doch nicht so leicht, alles zu durchschauen. Ich las jeden Punkt ganz sorgfältig durch. Die Formulierungen waren trüb wie indische Philosophie "je undurchschaubarer, desto klüger". Zum Beispiel der Rat "Liebe das, was du machst, bevor du dich mit was anderem engagierst, das du liebst". Ich dachte lange nach, was der wichtigere Satzteil war. „Liebe das was du machst“ oder „mit was anderem engagierst, das du liebst“. Sie kamen mir irgendwie gegensätzlich und sich einander ausschließend vor.
Georgi, der Philosph
Ich fragte meinen Freund Georgi, der Philosophie studiert. Georgi redet nur über den Sinn des Lebens. Manchmal sogar ohne jegliches Maß. Wenn er ein schönes Mädchen in einer Bar kennenlernt, fängt er sein Gespräch nicht mit dem banalen „Es ist so kalt heute!“, sondern sagt gleich „Was ist los mit den verdammten Quanten!“ Er hat keinen besonderen Erfolg.
Seine Erklärung ist, dass die Mittelmäßigkeit nicht über die Intelligenz herrschen soll. Ich habe ihm vorgeschlagen, seine Sätze trotzdem kürzer zu halten und nicht nur über "Kritik der reinen Vernunft" zu reden. Er kann zum Beispiel "Wenn ich mit dir bin, spüre ich die Materie gar nicht!", sagen. Genau ihn suchte ich als Berater über die Liste der 17 falschen Entscheidungen auf. „Diese Regeln“, sagte Georgi, „sind wie aus einem Paolo Coelho Roman. Sie versuchen den Sinn des Lebens in fünf Minuten zu erklären. Aber sogar Coelho ist nicht darüber sicher. Deshalb schreibt er so viele Bücher und jedes neue Buch widerspricht dem vorherigen.“
Ich atmete auf. Da Georgi die Internet-Ratschläge nicht angenommen hat, kann auch ich sie negieren. Ich bin nicht da, um Ratschläge zu geben. (Obwohl ein Freund von mir, der meine Kolumnen verfolgt, mich ständig dafür kritisiert, dass ich keine klare Meinung habe, sondern die Leser selbst eine Meinung bilden lasse.)
Warum soll ja meine Meinung wichtig sein? Wie man im Film „Platoon“ sagt: "Meinungen sind wie Ärsche, jeder hat eine."
Jedoch ein Rezept von mir: "Lesen sie keine Glücklichkeitsrezepte und sie werden glücklich sein."