Erstellt am: 17. 11. 2013 - 11:58 Uhr
Der Zaubermeister lässt es krachen
Im Videostream
Die FM4 Radiosession mit Shantel, dem Bukovina Club Orkestar und Dear Reader kann man bis 28. November hier anschauen
Es beginnt ganz langsam, mit einer Ansprache. Sehr geehrte Damen und Herren, sind Shantels erste Worte, als er die Bühne betritt, und ein bisschen irritierend ist das schon, diese reservierte Distanz. Schließlich schafft der Große Sendesaal im Radiokulturhaus, wie Shantel im Interview hinterher bestätigt, auf Anhieb eine Intimität, die einen glauben macht, man wäre in einem Wohnzimmer anstatt auf einer Konzertbühne.
Christian Stipkovits / FM4
Es ist aber nicht das holzvertäfelte und samtbehangene Ambiente, das Stefan Hantel dazu antreibt, sein Publikum zu siezen, er tut es aus Gewohnheit und purer Höflichkeit. Und erst einmal steht er da und erzählt.
Die lange Ansprache macht das tanzbereite Publikum offensichtlich nervös, doch Shantel spannt uns extra auf die Folter, denn anschließend bittet er nicht seine Partymaschine, das Bucovina Club Orkestar, auf die Bühne, sondern Emma Greenfield und Cherilyn MacNeil, zwei in Berlin lebende Musikerinnen, die uns unter dem Namen Dear Reader bekannt sind und die Shantel, wie er dem Publikum glaubhaft versichert, beim FM4 Hören im Auto für sich entdeckt hat.
Christian Stipkovits / FM4
Und dann beginnt endlich die Musik, ganz leise und langsam. Ein paar Töne auf der Gitarre, dann kommt das Piano dazu, und die faszinierenden Stimmen der beiden Damen, die schon auf Shantels aktuellem Album zu hören sind. Der Meister beliebt, sein Publikum noch ein bisschen auf die Folter zu spannen. Es ist eine süße Folter, Emma und Cherilyn fangen den Saal auf Anhieb mit ihrem Gesang und ihrem Charme.
Shantel live in Österreich
15.12. St. Pölten Cinema Paradiso
17.12. Linz, Posthof
18.12. Graz, PPC
19.12 Wien, WUK
Balkan und Tanzparty sind in diesem Moment ganz weit weg, doch als "Lenny Soda" und "Golden" verklungen sind und das Bucovina Club Orkestar die ersten Töne anschlägt, da explodiert das Radiokulturhaus förmlich, und die nächsten zwei Stunden drückt sich kaum jemand mal in die ledernen Fauteuils.
Christian Stipkovits / FM4
Shantel und das Orkestar peitschen durch das bekannte Programm aus Mahalageasca, Disko Partizani und Planet Paprika, das Publikum hüpft, strahlt, klatscht mit und lässt sich zwischendurch bereitwillig vom Drummer zu Sitz- und Aufsteh-Spielchen dirigieren. Shantel steht derweil ganz unscheinbar im Zentrum der Bühne mit seiner Gitarre und lässt die Ansammlung an Rampensäuen zu ihrem Recht kommen.
Christian Stipkovits / FM4
Und dann sind da die Momente, wenn sie die Nummern aus dem neuen Album spielen, die nicht auf Balkanparty getrimmt sind. Dann wird aus der sleazy Hochzeitskapelle plötzlich eine Skaband, ein Tango-Orchester oder einfach ein Pop Act, und die Rampensäue kommen für einen Moment in den Stall. Die Party aber ist noch lange nicht zu Ende, ganz zum Schluss fallen dann die letzten Grenzen und das Publikum wird auf die Bühne geholt.
"Ich weiß nicht, was ich am Schluss noch alles gemacht hätte, wie sehr wir über die Stränge geschlagen hätten", meint ein sichtlich aufgeräumter Stefan Hantel nach dem Konzert, "Ich glaube, es war dann doch sehr enthemmt, das ganze Szenario. Gut, dass wir jetzt aufgehört haben. Wenn's am schönsten ist."