Erstellt am: 13. 11. 2013 - 11:05 Uhr
Volbeat kommen nach Wien
Ich muss es so geradeheraus sagen: Genre-Polizisten halte ich für eine furchtbare Pest. Speziell im Metal wird da von manchen Zeitgenossinnen und -genossen gerne alles für schlecht, ja unecht gar empfunden, was von den Ursprüngen einer bestimmten Stilrichtung abweicht. Die Genre-Polizei erinnert mich an Schrebergärtner, die auf ihren paar Quadratmetern Garten alles brav in vorgeschriebener Ordnung halten und höchstens dann missmutig über ihren Gartenzaun hinausschauen, wenn sie Verfehlungen lautstark blökend dem Nachbarn mitteilen wollen. Meistens blökt der gleich ebenso lautstark mit.
Rock 'n' Roll und Death Metal? Das geht aber nicht!
![© Dominus Cover des Dominus Albums "Vol.Beat".](../../v2static/storyimages/site/fm4/20131146/dominus_volbeat_body_small.jpg)
Dominus
Michael Schøn-Poulsen war 2001 genau dieser Schrebergärtnermentalität der Death-Metal Szene überdrüssig, denn zu viel Rock 'N' Roll wie auf dem vorletzten Dominus-Album "Vol.Beat" ist natürlich allerhand, ja eine "Sauerei" geradezu, wie es nicht eingehaltene Grashalmlängen schließlich auch sind.
Nach dem Album "Godfallos" war daher dann auch Schluss mit Dominus und Poulsen beschloss Volbeat zu gründen, wo er seine Leidenschaft für Elvis, Johnny Cash und Country mit Metal hemmungslos kombinieren konnte. Böse Zungen mögen das als am Reißbrett entstandene Musik bezichtigen, ich behaupte das genaue Gegenteil. Durchkonstruiert klang das gar nicht, sondern viel mehr nach Herzblut, was man speziell den ersten beiden Alben "The Strength/The Sound/The Songs" (2005) und "Rock The Rebel/Metal The Devil" (2007) anhört.
![© Christian Holzmann (FM4) Michale Poulsen - Volbeat](../../v2static/storyimages/site/fm4/2010039/volbeat_poulsen2_body_small.jpg)
Christian Holzmann (FM4)
Volbeat kultivierten ihre Metal 'n' Roll Mischung auf diesen beiden Alben in so natürlicher Weise, dass man sich fragte, warum niemand schon früher auf die Idee kam. Mich packten diese ersten beiden Volbeat Alben so dermaßen, dass ich 2007 sofort eine Karte für das damalige Volbeat Konzert im Berliner Kato Club kaufte und bis heute ist dieser Auftritt unter den Top 10 jener Konzerte, an die ich mich am liebsten zurück erinnere.
Und warum erzähle ich nun hier Geschichten von der sog. "guten alten Zeit", die sowieso erst sechs Jahre her ist? Weil in der Zwischenzeit viel passiert ist im Hause Volbeat. Nach "Guitar Gangsters & Cadillac Blood" (2008) wechselte die Band zu einem Major Label und meine anfänglichen Befürchtungen, ob Volbeat vom vorhin erwähnten Herzblut einbüßen würden, wischten sie mit "Beyond Hell/Above Heaven" (2010) locker vom Tisch.
Thomas Bredahl musste gehen
![© Christian Holzmann (FM4) Thomas Bredahl - Volbeat](../../v2static/storyimages/site/fm4/2010039/volbeat_bredahl_body_small.jpg)
Christian Holzmann (FM4)
Von Jahr zu Jahr wurden Volbeat größer, spielten in immer größeren Hallen sowie auf Festivals zu immer späterer Stunde, bis sie letztes Jahr von der lässigen Nachmittagsband zum Headliner aufgestiegen waren. Ohne Hellseher zu sein hatte ich das ungute Gefühl, dass jetzt mal jemand aus der Band fliegen würde und 2011 traf diese Vorahnung leider ein, als Volbeat sich von ihrem (jedenfalls nach außen hin) sehr sympathischen Gitarristen Thomas Bredahl trennten. Über die Gründe war in den verschiedensten Magazinen der fast gleiche Wortlaut zu lesen:
"Zusammen in einer Band zu spielen ist in vielen Punkten mit einer Ehe vergleichbar, mit all ihren Höhen und Tiefen. Es gibt Zeiten, in denen man sich wieder zusammenrauft und Zeiten, wo man besser getrennte Wege geht."
All das machen Fans der ersten Stunde vielleicht noch mit und mir ist es prinzipiell sehr egal, ob eine Band 10, 10.000 oder 100.000 und mehr für gut befunden wird. Auch die Wahl des Plattenlabels ist erst einmal egal, solange dort nicht zweifelhafte Bands ihren Stuss unters Volk bringen dürfen. Besetzungswechsel in Bands sind auch nicht unbedingt ein Weltuntergang, denn Menschen zerstreiten sich manchmal eben leider, wenn sie allzu verschiedene Ansichten haben.
Mehr fad, als "outlaw"
![© Universal Music Cover des Volbeat Albums "Outlaw Gentlemen & Shady Ladies".](../../v2static/storyimages/site/fm4/20131146/volbeat_outlaw_body_small.jpg)
Universal Music
Ganz und gar nicht egal ist mir aber, was Volbeat mit ihrem letzten Album "Outlaw Gentlemen & Shady Ladies" abgeliefert haben. Gegen die schnulzige...äh...sentimentale Seite von Volbeat hatte ich bisher nie etwas einzuwenden. "Soulweeper", "Soulweeper #2" und "Radio Girl" sind mir immer noch die liebsten Schnulzen ever, aber was soll bitte eine so glatt gebügelte Nummer wie "Cape Of Our Hero"? Nicht dass der Song unbedingt schlecht wäre, nur ist er mir salopp formuliert so wurscht wie das fast komplette Album. Eine Ansammlung von glatt polierten und anbiedernden Songs von der Stadionrockstange und damit die Metal-Fans auch immer noch brav dabei bleiben, wird King Diamond für ein Duett eingeladen und der ehemalige Anthrax Gitarrist Rob Caggiano als Co-Produzent und zweiter fixer Gitarrist engagiert. Gefühlte zwei Song lassen Volbeat im Ansatz noch etwas von jenen Funken erahnen, wie sie die Band auf ihren Vorgängeralben versprühte.
Volbeat haben es im Moment wahrscheinlich nicht leicht mit Fans wie mir. Und zugegebenermaßen bin ich mir gar nicht sicher, ob ich nicht selbst in einer Art Schrebergartenfalle sitze. Nicht jedes Album einer Band kann ein sog. Überflieger sein, es tut aber einigermaßen weh, wenn selbiges dann im Erscheinungsjahr noch ein zweites Mal mit Bonus-DVD veröffentlicht wird. Da fange ich nun wirklich an, mir mit einer Band schwer zu tun. Man sollte sich ein Album nicht ein zweites Mal kaufen müssen, um in den Genuss einer Live-DVD zu kommen.
Vielleicht brauche ich mal einfach eine Volbeat-Auszeit und werde mir diese gönnen, indem ich das anstehende Konzert der Band in Wien nicht besuchen werde. Sollte das nächste Album wieder nach mehr Leidenschaft mit "Elvis in the neck" klingen und mit weniger "Trallala + Holla Hey" daherkommen, bin ich der erste, der sich freut und Volbeat Alben wieder ins House of Pain mitbringt.