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Phekt

Geschichten aus dem Hip Hop-Universum und benachbarten Galaxien.

11. 11. 2013 - 17:45

Fettes Brot in Partystimmung

Mit "3 is ne Party" haben Fettes Brot ein neues Album veröffentlicht. Die drei Hamburger hatten dabei so viel Spaß, wie schon lange nicht mehr.

Cover von Fettes Brot

Fettes Brot

Fettes Brot sind diese Woche unser Artist of the Week.

Zum ersten Mal aufgefallen sind mir Fettes Brot im Rahmen der "Klasse von 1995"-Tour im Linzer Posthof. Die drei Hamburger Rapper, die soweit ich mich erinnere, damals noch von DJ Rabauke (später DJ von Eins Zwo) live unterstützt wurden, spielten in erster Linie Songs ihres Debüts "Mitschnacker". Die gute Stimmung, die sie dabei auf der Bühne erzeugen konnten, ist mir hängen geblieben. Weil das damals bei deutschsprachigen Rap-Konzerten alles andere als selbstverständlich war.

Kurz darauf landeten sie mit Titeln wie "Nordisch by Nature" und "Jein" in den Charts und konnten - dank damals noch wichtigen Musikfernsehen - erstmals eine breite Masse erreichen. Im Interview erinnert sich Björn Beton an diese Zeit und das einschneidende Erlebnis, dass plötzlich Mädchen zu Rap-Konzerten kamen.

Fettes Brot

Fettes Brot

Noch immer in Partylaune.

Erfolgreiche Außenseiter

Die Breitenwirksamkeit ihrer Musik wurde Fettes Brot vor allem von der damals noch großteils sehr dogmatisch agierenden Hip Hop-Szene vorgeworfen: zu cheesy, zu berechenbar, zu viel Pop, zu wenig "Realness".
Und obwohl diese Kritik an den drei Hamburgern nicht spurlos vorüber ging, sind sie ihrem Zugang zum Musikmachen immer treu geblieben. Und zwar mit großem Erfolg.

Fettes Brot wollten mit ihrer Musik nie kopieren oder imitieren, was zum Beispiel in Amerika angesagt war. Ihr individueller akustischer Fingerabdruck hatte stets Vorrang.
Heute, mehr als 20 Jahre nach ihrer Bandgründung, hat sich an diesem Zugang nichts geändert.

3 is ne Party

Vor drei Jahren haben Fettes Brot das gemacht, was fast alle Bands irgendwann machen, wenn sie ein gewisses Alter erreichen: eine Trennung auf Zeit. In ihrem Fall war diese Trennung sehr kurz, aber wichtig.

Denn die Erkenntnis war, dass ein Leben ohne einander doch nicht so lustig ist. Und dass das "Unternehmen" Fettes Brot zu viele Menschen ernährt, um es einfach zu schließen. Und so hat man sich letztendlich wieder im Studio getroffen, um an neuen Songs zu arbeiten.

Frei nach einem Andy Warhol-Zitat war "3 is ne Party" der Arbeitstitel der Platte. Eine Hommage an die eigene musikalische Prägung, die in den frühen 80er Jahren stattgefunden hat: Disco-Sound, Elektro, Afrika Bambaataa, Biz Markie, Grandmaster Flash und so weiter.

Zitate und Querverweise findet man am neuen Album von Fettes Brot in fast jedem Song. Vorausgesetzt dass man genau hinhört.

Inhaltlich hat sich die Band bei der Arbeit am neuen Album so frei gefühlt wie schon lange nicht mehr. Da kommen wieder Mädchennamen vor, es wird über Hamburg gerappt und ordentlich Party gefeiert.

Dass sich im Hinblick auf die Akzeptanz aus der Szene einiges geändert hat, merkt man an folgendem Video:

Friede, Freude, Eierkuchen?

Fettes Brot und Aggro TV in einem Atemzug zu nennen, wäre vor ein paar Jahren noch völlig undenkbar gewesen. Aber irgendwie sind alle älter und entspannter geworden. Und deutsche Rap-Musik ist heute ein bunter Pool, in dem sich ein Sido neben Casper, Marteria, Cro und Haftbefehl tummeln kann, ohne dass der eine dem anderen etwas wegnimmt. Der Kuchen scheint groß genug für alle zu sein.

Und wenn man ehrlich ist, waren Fettes Brot retrospektiv gesehen mit ihrer teilweise sehr Chart-kompatiblen Version von Hip Hop Vorreiter für das, was heute zum Glück Normalität ist: eine musikalisch abwechslungsreiche, eigenständige Szene, die nicht davon abhängig ist, Klischees aus Amerika zu imitieren.