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Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

10. 11. 2013 - 15:13

Flimmern

Crack rauchende Bürgermeister, Fußfessel tragende Polizisten und warum zu den Feiern anlässlich des Ende des Kapitalismus kein Cola ausgeschenkt wird. Ein assoziativer Wochenrückblick.

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Der assoziative Wochenrückblick von Natalie Brunner

Jeder Schluck Wasser, den ich trinke, ist ja angeblich bereits durch sieben andere Körper gegangen. Ich weiß nicht ob das stimmt, ich habe das in der Volksschule in Kärnten gelernt. Ich erinnere mich noch lebhaft an die Schautafeln mit dem Wasserkreislauf und an mein Entsetzen, die Pisse von anderen Menschen und noch ein paar Igeln und Füchsen zu trinken.

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Mein Vertrauen in die Natur und die Wasserwerke konnte wiederhergestellt werden. Cola durfte ich damals keines trinken, weil meine Mama von einem Freund überzeugt worden ist, dass Fleisch sich in der Limo auflöst . Diese Pädagogik ging in die falsche Richtung: Ich habe aufgehört Fleisch zu essen und habe weiterhin Coca Cola getrunken. Für Coca Cola muss niemand leiden und sterben dachte ich mir damals. Wäre ich im Volksschulalter mit Evo Morales befreundet gewesen hätte ich das anders gesehen. Der Präsident von Bolivien hat am 21. Dezember 2012 beschlossen, mit den Feierlichkeiten zum Ende des Maya Kalenders auch den Kapitalismus zu beenden und Coca Cola aus dem Land zu schmeißen. Wir brauchen keine Besitzer, wir brauchen Partner, meinte die bolivianische Regierung.

Wasser gehört niemanden und allen

Das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser ist am 28. Juli 2010 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen als Menschenrecht anerkannt worden. Dennoch gibt es weltweit auf allen Ebenen Kriege, wer das Wasser besitzt. Das beginnt beim Streit um den Dorfbrunnen, führt über Las Vegas, das die Wasserreserven der Hopi und Dine Clans abpumpt, bis hin zu globalen Kriegen. Zwei Konzerne kontrollieren weltweit 70 Prozent des Wasserhandels.

Peter Brabeck ist auch aus Kärnten. Er war lange Nestlé-Chef und ist jetzt Präsident des Verwaltungsrats von Nestlé. Er meinte in einem Interview, dass Zugang zu sauberem Wasser kein Menschenrecht ist, sondern die extreme Anschauung von einigen NGOs ist. Peter Brabeck meint: Wasser ist ein Lebensmittel das wir gefälligst kaufen sollen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind weltweit über 1,2 Milliarden Menschen von trinkbarem Wasser abgeschnitten, die meisten davon in den armen Ländern des Südens.

Der gesamte Lebensmittelmarkt weltweit wird von 10 Firmen beherrscht. Und nicht nur Lebensmittel, überhaupt kommt das meiste von dem was wir so kaufen von einem der zehn Mega-Konzerne.

Alkohol ist ein Lebensmittel: Der Landeshauptmann von Kärnten hatte, als er tödlich mit dem Auto verunglückte, 1,8 ‰ Promille im Blut, das sind 7,59 Promille im Magen. Nicht bekannt ist, wie viel Alkohol im Blut oder im Magen der burgenländische Polizist hatte, der letzten September betrunken gefahren ist und einen Motoradfahrer gerammt und schwer verletzt hat.  Er wurde er zu fünf Monaten unbedingt verurteilt und darf seine Haftstrafe mit einer Fußfessel und weiterhin als Polizist arbeitend verbüßen. Der Chor der russischen Polizei weiß sicher nichts von dem Vorfall, dennoch wirkt ihre Coverversion von Daft Punks Get Lucky wie ein Ständchen an den Kollegen

Elektronische Fußfesseln sind mit einem Sender ausgestattet, der mit einem stationären Empfänger per Mobilfunknetz mit der zuständigen überwachenden Behörde verbunden ist. Der Tagesplan der Trägerinnen ist genau definiert und sollte es zu Abweichungen kommen wird die Behörde kontaktiert. Die Fußfesseln, die in Österreich im Einsatz sind, kommen von der israelischen Firma Elmo Tech und sind geleast.

Der amerikanische Designer Jermey Scott hat einen Turnschuh entworfen der mit einer Fußfessel verbunden ist. Der Schuh wurde nicht auf den Markt gebracht weil er rassitisch ist. Wie kann etwas rassistisch sein, das auf historische Tatsachen Bezug nimmt? Es war nicht die Idee von Jeremy Scott, Millionen von Menschen in Ketten zu legen und zu verschleppen. Sklaverei ist aber kein Fashion-Statement, meinten die Kritiker des Fußfessel-Turnschuhs.

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In den USA sind die meisten Fußfesseln im Einsatz. Es gibt Statistiken, wonach ein Gefängnisaufenthalt den Steuerzahler 35 Dollar pro Tag kostet, die Fußfessel kostet 7 Dollar pro Tag. Mehr und mehr der Gefängnisse in den USA werden von privaten Firmen betrieben. Die arbeiten für Profit arbeiten und haben ein großes Interesse daran, dass es mehr und mehr Insassen gibt. Sogar Kanye West erwähnt den größten Betreiber privater Gefängnisse in der Nummer New Slaves.

Kanada ist der Markt den die Betreiber privater Gefängnisse als nächstes erschließen wollen. Die größte Stadt Kanadas ist Toronto und Rob Ford, der Bürgermeister von Toronto, ist beim Crack Rauchen erwischt worden, auf Video.

Er hat anders als der Polizist im Burgenland niemanden schwer verletzt und möchte auch weiterhin seinen Beruf ausüben, weil, wie er sagt, er seinen Job und die Stadt liebt. Und er liebt es, das Geld der Steuerzahler zu sparen. Außerdem war er betrunken und vielleicht hat er ja auch nicht inhaliert. Vielleicht könnte man auch viel Steuergeld sparen, wenn das Burgenland-Modell von Toronto adaptiert wird. Einfach weitermachen wie bisher, aber mit Fußfessel.