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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

8. 11. 2013 - 17:28

The daily Blumenau. Friday Edition, 08-11-13.

Aus aktuellem Anlaß (dem Abgang des Co-Trainers): ein paar Befürchtungen zur Zukunft des ÖFB-Teams; und ein kurzes Systemerhalter-Feedback aus dem Hause Vice.

Jetzt schon über ein Monat alt: der Versuch das klassische Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so eine ansatzweise Täglichkeit hinzukriegen.
Immer mit Items aus diesen Themenfeldern.

Ich hab' grad Sorge um das ÖFB-Team

#fußball

Der akute Anlaß dafür ist die heutige Meldung der Nicht-Verlängerung des Vertrages von Fritz Schmid. Der wird jetzt den meisten Menschen nichts sagen, aber ohne diesen seinen Assistenten hätte Marcel Koller die mühsame Aufbau-Arbeit der letzten zwei Jahre nicht bewältigen können. Schmid war sowas wie der Analyst im Hintergrund. Und jetzt geht er und sein Posten wird auch nicht nachbesetzt.

Fritz Schmid hatte für Koller vielleicht nicht die Bedeutung, die ein anderer Schmid, Manfred nämlich für Peter Stöger hat.
Der Manfred, der der Austria-Führung zu grün und zu unberechenbar für die Trainingsleitung in dieser Saison war - jetzt haben sie den Bjelica-Salat, die Nixchecker - ist ein tagesaktuell arbeitender Analytiker, der seine Erkenntnisse schnell in praktische Strategien gießen muss.
Der Fritz ist ein Spezialist für Teambuilding und mittel- bis langfristigigen strategischen Aufbau. Den einen braucht man bei einem Verein, den anderen in einem Verband.

Beide sind weg: der eine beim Tabellenführer in Köln und nicht bei der Austria, der andere jetzt wieder bei seinen anderen Jobs in der Schweiz und nicht bei Team Austria.

Glücklicherweise ist ein anderer Schmidt noch da, der Roger bei Red Bull Salzburg. Der hat von seinen 69 Pflichtspielen sechs verloren (Düdelingen, Pasching, Ried, 2x Rapid, Fenerbahce) und hält Österreichs Vereinsfußball fast im Alleingang auf einem Kurs der wieder 5 EC-Teilnehmer garantiert.

Der Verlust von Fritz Schmid macht mich auch nachdenklich, weil ich davon ausgegangen war, dass Marcel Koller in seinen Verhandlungen auch bessere Bedingungen für das ÖFB-Team herausholen konnte. Davon ist bislang nichts zu spüren - jetzt verliert er sogar seinen wichtigsten Mann.

Meine Sorge geht aber über den akuten tagesbezogenen Ansatz hinaus. Ich habe gestern durchüberlegt, wer in Kollers Teamkader denn, auch anhand merkbarer Fortschritte, den Schritt in die Europa-Klasse geschafft hat. Und bin dabei auf weniger als 16 Kicker gekommen. Und dahinter, in der 2. Reihe, sehe ich gerade gar kein Land.

Es gibt ein Tormann-Problem - solange Alex Manninger der international zurecht meisterwähnte Austro-Keeper-Name ist; es gibt bei aller Liebe zu Garics ein Rechtsverteidiger-Problem, er wird dann, wenn Fuchs/Suttner weiter kriseln, auch bald ein Linksverteidiger-Problem kommen.

Und ich sehe hinter der ersten Linie keine zweite. Denn Martin Hinteregger ist eben nicht das Backup von Dragovic/Prödl/Pogatetz. Leitgeb ist kein echter Ersatz für Baumgartlinger/Alaba/Kavlak. Und Burgstaller/Sabitzer können Harnik/Junuzovic/Arnautovic/Ivanschitz nicht einmal ansatzweise ersetzen. Dazu kommt dass bei einem Ausfall von Janko/Weimann aktuell Zulechner/Hinterseer anstehen. Das ist zwar lieb, aber auch irgendwie lächerlich.

Das alles ist vor allem besorgniserregend.
Das Level in der österreichischen Bundesliga, man hat es am Beispiel Hosiner gesehen, reicht nicht um damit in eine erfolgreich zu bestreitende EM-Quali gehen zu können. Die Abrufliste Kollers besteht zwar aus einigen der Besten der Liga (von Trimmel bis Royer) - das genügt aber eben nicht. Nur zufällig wird sich einer dieser daheim Tätigen in den Stamm spielen können.

Da Koller nachdem er seinen knappen Stamm beinander hatte, nicht mehr im Ausland nachsehen mochte, was es dort denn noch gibt, muss er aber jetzt auf diese B-Kategorie zurückgreifen. Und besser wird es da nicht. Solange Sabitzer bei Rapids mäßigen EL-Partien nichts dazulernen kann, ist er nur Potential-Träger, aber keine vollwertige Kraft. Der muss, ebenso wie einige andere, vorneweg das Riesenbaby Hinteregger, schnellstens ins Ausland, ehe die nächste Generation Leitgeb-Schiemer (talentiert, aber nie aus dem Land rausgekommen) entsteht.

Da aus der Liga zuletzt nix nachgerückt ist, auch weil Export-Potential wie Hosiner/Suttner sich zuwenig getraut hatten, muss man sich vermehrt unter jenen umsehen, die bereits seit einiger Zeit im Ausland sind und dort unter großteils weltzugewandteren Bedingungen trainieren, als das in Österreich meist der Fall ist.

Ich weiß, der Kollege Gspurning ist weit weg, in Seattler/USA, aber dort liefert er gute Arbeit. Robert Olejnik spielt womöglich eine englische Klasse zu tief, aber regelmäßig auf Top-Level. Und der junge Dejan Stojanovic, die Nummer 2 bei Bologna, wird sich die ÖFB-Ignoranz nicht ewig anschaun - er kann auch für Mazedonien. Zudem empfehle ich einen Blick zum deutlich besten Goalie der hiesigen 2.Liga, Christopher Knett.

Rechts verteidigen tut Florian Hart in Dänemark, aber auch Thomas Piermayr in Norwegen und Tanju Kayhan in der Türkei, links Ylli Sallahi bei den Jung-Bayern.

Eine sichere Bank im Abwehrzentrum ist Markus Berger, früher Portugal, jetzt Ukraine; was Georg Margreitter in Dänemark bringen wird, steht noch ein bisserl aus. Kevin Wimmer jedenfalls ist in Köln fix gebucht, Lukas Spendlhofer, den Inter nach Varese verliehen hat, auch. Stefan Hager zeigt bei den U19-Bayern gerne was er kann.

Raphael Holzhauser hat grad ein paar Hänger (Trouble im U21-Team, Formkrise bei Augsburg) ist aber völlig zurecht der teuerste österreichische 20jährige. Yasin Pehlivan verdient mehr als die Alibi-Abrufliste, nämlich einen Blick in die Türkei. Daniel Geissler kann jederzeit der Durchbruch in Heerenveen gelingen, so wie es Marcel Ritzmaier passiert ist, den des PSV in die Provinz verliehen hat. Marcel Büchel ist von Juve in die Serie B verliehen worden und ist dort Tabellenführer. Alessandro Schöpf und Christian Derflinger sind bei den Jung-Bayern gesetzt und Haris Bukva kriegt bei Hajduk Split was er braucht: Vertrauen und Einsätze. Außerdem ist - nach langem Herumgedudel - wohl auch Jakob Jantscher in Holland angekommen und wieder teamreif.

Darko Bodul ist erfolgreicher Mittelstürmer in Dänemark, Adthe Nuhiu überraschend erfolgreich in der Championship und die jungen Bayern Kevin Friesenbichler und Oliver Markoutz, der junge Herr Gregoritsch bei Pauli und das ManCity-Nachwuchs-Talent Sinan Bytyqi einen genaueren Blick wert. Schließlich geht es um 2014/5 und da sind diese Burschen dann schon 19 oder 20. also in einem Alter wo man nur noch in Österreich als Talent gilt.

Das sind nur die, die mir sofort einfallen würden. Einige stehen bereits auf ÖFB-Listen, wenn ich mir die überaus flapsige Antwort, die Marcel Koller aber letztens zum Namen Holzhauser gegeben hat, vor Augen führe, spüre ich eine gewisse Ignoranz, was die Suche nach der Generation hinter den Top 14 (denn über viel mehr verfügt Koller derzeit nicht) betrifft.

Die steht dem ÖFB nicht gut zu Gesicht.
Und deshalb mache ich hier den Klestil. Und mir große Sorgen.

Die Nummer 1 der Systemerhalter und Mauschler

#politik #moral

Ich lehne das bösartige Exploitation-Magazin Vice natürlich ab; nicht nur weil es in Österreich vom überaus suspekten Neo-Politiker N. Alm mitherausgegeben wird.
Allerdings wurde eine Meldung, die ich anderswo auch gehört, aber unter naja-eh abgespeichert hatte, in der Web-Ausgabe von Vice durchaus notwendigerweise in einen Zusammenhang gestellt, den ich selber erst unlängst recht prinzipiell thematisiert hatte.

Zitat: "The RTI Rating is a system for assessing the strength of the legal framework for guaranteeing the right to information in a given country."

Dass nämlich der erschreckende allerletzte Platz (in einer Liste von über 90 halbwegs bewertbaren Nationen) den Österreich im Global Right to Information Rating, also einem Reality Check was gesetzlich garantierte Rechte auf Informationspflicht des Staates betrifft, belegt, natürlich auch ein Indikator für Mauschelei und angewandtes Systemerhaltertum wäre. Vice erwähnt vor allem die Dauer-Vorspiegelung der längst-nicht-mehr-Tatsache, dass die 4. Gewalt weiterhin ein wirkungsmächtiger Überwachungsfaktor sei.

Ich weiss gerade nicht, was mich trauriger macht: die Tatsache dass Österreich sich (im übrigen gemeinsam mit dem Schließfach Liechtenstein und nur durch wenige Plätze mit den ebenso gerne klüngenlden Deutschen entfernt) irgendwie peinlich wohl fühlt, oder die Tatsache, dass ich diese ein paar Tage alte Meldung selber diskurslos durchgewinkt hatte.