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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

5. 11. 2013 - 14:26

"Niemand kann Schutz und Sicherheit bieten"

Rektorin Eva Blimlinger über den Auszug der Flüchtlinge aus der Akademie der bildenden Künste in Wien.

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Letzten Dienstag, also vor genau einer Woche sind die Refugees und UnterstützerInnen in die Akademie der bildenden Künste umgezogen. Im Servitenkloster, wo sie zuvor untergekommen waren, mussten sie gehen, weil das Kloster renoviert wird. Heute müssen sie auch die Akademie wieder verlassen.

Vorläufig werden sie in privaten Einzelunterkünften wohnen, die Unterstützerinnen sehen sich aber weiter nach einer gemeinsamen Unterkunft um – bisher erfolglos. Die Flüchtlinge wollen deshalb zusammen bleiben, weil sie Angst haben, dass sie aus Einzelunterkünften leichter abgeschoben werden können.

Refugees in der Akademie der Bildenden Künste

APA/GEORG HOCHMUTH

Nach mehreren Verhandlungsrunden mit Rektorin Eva Blimlinger sollen die ca. 25 Flüchtlinge heute die Akademie verlassen. Sie sind teilweise enttäuscht von der Akademie und der Rektorin Blimlinger, die sich immer solidarisch zu den Refugee-Protesten erklärt hatte.

Was sagt die Rektorin dazu, dass sie hier den schwarzen Peter zugeschoben bekommen hat und ist sie froh, dass die Refugees nicht mehr in der Akademie übernachten?

Heute nachmittag sollen ja alle Flüchtlinge aus der Akademie ausgezogen sein. Sind Sie froh, wenn sie weg sind?

Ich bin froh, dass sie weg sind, aber wiederkommen. Wir haben ihnen gestern das Angebot gemacht, dass sie während des Novembers die Aula - ich glaube fast alle Tage, es gibt fünf oder sechs Tage, wo wir schon etwas anderes hier geplant haben - immer für ein paar Stunden als Ort der politischen Positionierung verwenden können. So gesehen ist das Froh-Sein, dass sie draußen sind, kombiniert mit dem, dass sie wieder kommen.

Wie sind die überhaupt zu Ihnen gekommen? Wie kam es denn, dass die Flüchtlinge jetzt ausgerechnet in Ihrer Uni gelandet sind?

Wir haben schon im Sommer und auch davor, auch einzeln, die Bewegung unterstützt. Ihre Anliegen können ja auch wir als Rektorat durchaus nachvollziehen. Es gibt im Haus Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch Studierende, die sich da sehr für diese Sache eingesetzt haben und den Raum für eine Diskussion zur Verfügung gestellt haben. Und sich aber - ich sag das jetzt einmal ganz neutral - glaub ich nicht ganz im Klaren darüber waren, was das für Folgen haben kann.

Refugees in der Akademie der bildenden Künste

APA/HELMUT FOHRINGER

Ich stell mir diese Diskrepanz sehr schwierig vor in so einem Fall: zwischen Solidarität und Helfen wollen und dem Problem, dass in einer Universität nicht dauerhaft Menschen wohnen können. Wie gehen sie denn damit um?

Es ist für mich keine Diskrepanz. Was wir machen, ist Räume des politischen Handelns zur Verfügung zu stellen. Aber zwischen Wohnen und politischem Handeln muss man trotzdem unterscheiden. Und es ist ja auch kein Helfen, wenn ich sage, sie können hier wohnen. Ich meine, das ist ein Hörsaal. Das sind keine Bedingungen wo man sagt, das ist eine super Unterkunft. Ich kann den Wunsch nachvollziehen, dass man gemeinsam wohnen will. Der lässt sich leider nicht erfüllen. Es ist nicht so, dass sie obdachlos sind. Sie haben Einzelunterkünfte, und die Unterstützer bemühen sich weiter, ein Gemeinschaftsquartier zu finden. So gesehen ist das für mich jetzt kein Widerspruch und ich habe da auch keine Schwierigkeit, das so zu vertreten.
Aber es wird einiges an uns herangetragen in einer völligen Überschätzung des politischen Einflusses einer Rektorin. Als könnten wir eine Abschiebung verhindern, Asylbescheide beeinspruchen und so weiter. Wir können das nur an die politische Ebene adressieren und das tun wir auch. Aber man muss sich schon klar machen: es kann ihnen niemand Schutz und Sicherheit bieten. Da wird aber immer so getan. Es muss klar ausgesprochen werden: Es kann niemand von uns, egal ob Rektorin oder Studierender oder wer immer, garantieren, dass die Flüchtlinge nicht abgeschoben werden. Wir können ihnen nicht garantieren, dass sie einen positiven Asylbescheid kriegen. Inszeniert wird das aber anders und da kriege ich immer ein bisschen Bauchweh.

Was wäre in Ihren Augen eine Lösung des Problems der Refugees? Wie könnte die aussehen?

Wenn man das jetzt nur auf diese Bewegung fokussiert, ist das glaube ich eine Engführung. Natürlich konzentriert sich auch die Berichterstattung auf diese Gruppe, die sich politisch engagiert. Klar, Medien funktionieren so. Aber es geht um eine generelle Frage, die ja auch keine österreichische ist, sondern eine europäische. Nämlich, wie ganz generell mit Flüchtlingen umzugehen ist, wie Europa sich entscheidet - man braucht ja nur nach Lampedusa schauen - mit diesen Menschen in Zukunft umzugehen. Wenn man jetzt aber zurückkommt auf die Situation hier mit dieser Gruppe, dann denke ich wäre eine Lösung, dass sie ein selbstverwaltetes Haus oder irgendetwas in der Art bekommen. Nur muss man dann schon fragen: Warum nur diese 25 und der Rest bleibt in Traiskirchen?