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Simon Welebil

Abenteuer im Kopf, drinnen, draußen und im Netz

1. 11. 2013 - 16:14

Ride Greener

Schifahren und Snowboarden ohne Schnee geht nicht. Dennoch befeuern wir mit unserem Lebensstil den Klimawandel. Der Freeridefilm "Steps" ruft uns das ins Bewusstsein.

So wie Sten Smola geht es wohl vielen WintersportlerInnen. Wenn der erste Schnee fällt und er seine Lines in unverspurten Pulver ziehen kann, dann denkt Smola nicht an den Klimawandel. Sten ist aber nicht nur Snowboarder, sondern auch Geograf, und deshalb weiß er, dass ihn die Euphorie über den Neuschnee täuscht und ein schneereicher Winter nicht bedeutet, dass der Klimawandel gestoppt ist. Denn "ein einzelner Winter ist nur Wetter und noch nicht Klima."

Snowboarder wirbelt Schnee auf

David Birri

Kaum eine Sportart ist so abhängig von der Natur und vom Klima wie Skifahren und Snowboarden, abhängig vom Schnee und kalten Temperaturen. Auf kaum eine Sportart wird der Klimawandel also größere Auswirkungen haben. Dennoch tragen gerade WintersportlerInnen mit ihrem Lebensstil dazu bei, dass der Klimawandel voranschreitet, etwa indem sie sich jede Saison neue Ausrüstung kaufen oder mit dem Auto in die Skigebiete fahren. Sten hat sich zur Aufgabe gemacht, gerade bei SkifahrerInnen und SnowboarderInnen das Bewusstsein für den Klimawandel zu schärfen. Er ist einer der GründerInnen der Schweizer Initiative "Ride Greener", die sich für klimafreundliches Skifahren und Snowboarden sowie umweltbewusstes Verhalten in den Bergen einsetzt.

Von der Website auf die Leinwand

Ride Greener betreibt in der Schweiz einen Blog, auf dem man Tipps für klimafreundlicheres Snowboarden und umweltfreundliche Produkte findet, die Initiative verteilt ein Magazin an Schulen und bietet Workshops zum Thema. Um mehr Menschen mit seiner Idee zu erreichen, hat Sten letztes Jahr ein neues Projekt initiiert, um noch mehr Menschen zu erreichen: "Steps - A Journey To The Edge Of Climate Change", ein Freeridefilm, der mit schönen Bildern Emotionen weckt, gleichzeitig aber den Klimawandel thematisiert.

Dabei haben Sten und sein Team auf all die Sachen verzichtet, die sie an anderen Filmproduktionen so stören: Dass Freeride-Pros um die ganze Welt jetten, auf der Suche nach dem besten Schnee, dass sie mit Schneemobilen oder Hubschraubern auf die Berge gebracht werden, um abzufahren, und dass ihre Lines dann auch noch aus dem Hubschrauber gefilmt werden. "Eine Line in einen Berg zeichnen kann seinen Preis haben", sagt Sten, "aber der hat ein Limit". Die meisten Produktionen würden dieses Limit überschreiten und auf Kosten der nächsten Generation gehen. Weil Sten aber möchte, dass auch noch sein Sohn Pulverschnee kennen lernt, sind er und seine Mitstreiter in den Schweizer Alpen und in Chamonix geblieben. Zu jedem Dreh sind sie mit Zug oder Bus angereist, alle Aufstiege haben sie mit Splitboards bewältigt und die Luftaufnahmen der Pulverabfahrten sind vom Paragleiter aus gefilmt worden.

Aufstieg mit Splitboards

David Birri

Den Klimawandel sichtbar machen

"Steps" - Tourtermine:

  • 19.11.2013 Dornbirn, Spielboden Dornbirn
  • 20.11.2013 Innsbruck, Leokino
  • 21.11.2013 Linz, City Kino / Moviemento
  • 27.11.2013 Feldkirch, Rio Kino
  • 28.11.2013 Graz, Rechbauer Kino
  • 30.11.2013 Wien, Schikaneder

Eine große Schwierigkeit, wenn man Aufmerksamkeit für den Klimawandel schaffen will liegt darin, dass der Klimawandel sehr komplex ist und man ihn schwer sichtbar machen kann, weshalb Sten in "Steps" Menschen besucht, die ständig mit den Auswirkungen der Klimaveränderung zu tun haben: Ein Bergführer, der jedes Jahr ein Stück weiter gehen muss, um mit seinen Gästen die Gletscher zu erreichen, ein Ingenieur, der an zukunftsfähigen und umweltfreundlichen Lösungen für den Fremdenverkehr in den Alpen arbeitet oder ein Klimaforscher, der nur einen Weg skizziert, wie wir den Klimawandel begrenzen können, indem wir von Öl, Gas und Kohle wegkommen.

Man sieht einige Schlote Rauch in den Himmel speien und scheinbar endlose Autoschlangen, doch was "Steps" nicht will ist Panik verbreiten oder gar oberlehrerhaft den Zeigefinger heben. Es geht den Filmemachern vielmehr darum, zu inspirieren und zu sagen, dass man sein Verhalten optimieren kann, ohne auf Spaß verzichten zu müssen.

Schneekanone

Christoph Gerber

Keine Wollpulloverbewegung

Sten Smola wollte mit Ride Greener keine "Wollpulloverbewegung" starten, wie er vielleicht Ökos umschreibt. Im Film wird der Snowboarder Reto Kestenholz als Vorbild genannt, an dem man sich orientieren könne. Reto hatte vom Fahrerischen her die Anlagen für ein Leben als Snowboardpro, aber dieses Leben konnte er nicht in Einklang bringen mit seinen Vorstellungen, sich möglichst ohne Auto und Flugzeug fortzubewegen. So ist er im semiprofessionellen Bereich geblieben.

Reto Kestenholz in seiner Werkstatt

Ride Greener

Reto versucht im Film, sein Handeln ständig zu optimieren. Er versucht wenig zu heizen und zieht zu Hause lieber eine lange Unterhose an, er will keine Batterien verbrauchen und nimmt stattdessen eine Taschenlampe mit Handkurbel mit, wenn er früh zur Tour aufbricht und wenn sein gesponsertes Material zu reißen beginnt, dann näht er es, statt sich neues zu holen. Doch selbst jemand wie Reto meint im Interview, dass er noch an sich arbeiten könnte. Es gäbe immer noch Spielraum nach oben. So könnte er etwa noch weniger verpackte Nahrungsmittel konsumieren oder noch weniger Strom via Computer verbrauchen, wobei ihm die modernen Kommunikationsmittel natürlich auch helfen, seine Ideen zu verbreiten.

Mit kleinen Schritten was verändern

Die 1,85 t CO haben sie durch Klimaschutzprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern noch kompensiert, um klimaneutral zu werden.

Am Ende des Films haben die Produzenten die CO2-Emission der Filmproduktion detailliert aufgeführt. Mit 1,85 t CO2 schätzen sie, dass sie nicht einmal ein Fünfundzwanzigstel einer durchschnittlichen Freeride-Film-Produktion verbraucht haben. An den Bildern merkt man keinen Unterschied. "Steps" überzeugt filmisch auf ganzer Linie.

Zelt in der Nacht

Christoph Gerber

Wenn die Rider im Film - auch die Schweizer Freeridelegende Frederik Kalbermatten hat mitgemacht - am Berg im Schnee zelten, dann ist das ein schöner Beweis dafür, dass Verzicht auch heißen kann, intensiver zu leben. Auf wie viel Komfort man persönlich verzichten kann oder will, muss aber letztlich jeder für sich selbst entscheiden.