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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

30. 10. 2013 - 18:52

Die strahlende Sehnsucht

Zwischen Pop und Elektronik, zwischen Sonnenschein und Düsternis. Das Trio Amere Meander und ihr Debüt "To Lead Astray".

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Rukmini liebt düstere Klänge. Doch erst, wenn sie von strahlender Schönheit durchdrungen sind, ist die Sängerin Feuer und Flamme. So eröffnet auch der gehemnisvoll dunkle Track "Dove" das Debüt, der mit verhallten Gitarren und zischenden Synthies die perfekte Grundlage für Rukminis zerbrechliche Stimme legt.

Wenn sich dann die schnellen, zerhexelten Beats und eine verzerrte Gitarrenlinie in die Höhe schrauben und kurz darauf der komplette Song in sich zusammenfällt, dann findet die junge Sängerin genau die richtigen Worte, die geisterhaft über dem zerbröckelten Track schweben: "that´s wonderful..."

Bandfoto Amere Meander

Amere Meander

It's a kind of downward spiral

Als sich Rukmini, Andreas und Markus vor drei Jahren zusammengefunden haben um das Projekt Amere Meander ins Leben zu rufen, galt es viele mitunter sehr unterschiedliche Vorlieben und musikalische Sozialisationen unter einen Hut zu bringen. Während Andreas seine Leidenschaft im Punkrock und Grunge gefunden hatte, ließ sich Rukmini noch immer von den Fleetwood Mac und Pink Floyd-Platten ihres Vaters inspirieren. Und Markus vereinigt selbst zwei eher unterschiedliche musikalische Seelen in seiner Brust. Während einerseits sein Herz für Queen schlägt, kann er gleichzeitig auch bei Nine Inch Nails zu großen Sprüngen ansetzen. Man stelle sich vor in Markus Kopfhörer läuft links "It's A Kind Of Magic", während er rechts "The Donward Spiral" lauscht. Anschließend setzt er sich dann in einer schlaflosen Nacht im stillen Kämmerlein hin und arbeitet an neuen Songs.

Amere Meander Albumcover "To Lead Astray"

Amere Meander

"To Lead Astray" von Amere Meander ist auf Problembär / Seayou Records erschienen.

All diese Einflüsse mögen vielleicht nicht sofort ans Ohr dringen, wenn man das Debüt "To Lead Astray" hört und doch sind sie irgendwo in den vielschichtigen, breit angelegten Songs versteckt. Da wäre zum Beispiel eines der Höhepunkte der Platte, das Shoegaze-inspirierte, Soundflächen auftürmende "Nezumikuma". Eine nächtliche Schlafwandlerhymne, die hypnotisiert und die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen lässt. Bei "Something I Am Not" hingegen wird von Anfang an mit einem stampfendem Synthie mehr auf Intensität gesetzt. Dabei werden Amere Meander richtig tanzbar und versetzten uns auf den Trockeneisnebel verhangenen Dancefloor. Und das alles mit zurückhaltendem Gestus und gutem arrangierten Geschmack. Ebenfalls ein Glanzstück auf dem silbernen Erstling ist das schräg laszive Kosmos-Popstück "From The Stars", das mit seinem an Massive Attack erinnernden Beat die von Rukmini so geliebte Stimmung zwischen Düsternis und Sonnenschein wiedergibt.

Verschlungene Pfade in die Irre

Das Wiener Trio Amere Meander ist neben ihrer Musik stark in künstlerischen Bereichen beheimatet. Dazu gehört neben Malerei und Theatherarbeit auch die Liebe zur Visualisierung von Musik. So haben Rukmini, Andreas und Markus ihre Videos auch im Alleingang gemacht. Bei dem neuesten musikalischen Filmchen zu dem Song "Eleven", das genauso wie "Impressions" ganz in Schwarz-Weiß gehalten ist, wird mit symbolhaften Bildern gespielt, die eine träumerische Stimmung erzeugen. Etwas, was sich eigentlich durch alle Songs von "To Lead Astray" zieht.

Das Wiener Trio scheint es zu lieben, mit symbolischen Wörtern und Titeln zu spielen. So kann Meander neben der altertümlichen Bezeichnung für Fluss und dem Namen einer Gottheit im Griechischen auch als Synonym für das Erreichen der Ewigkeit stehen. Im musikalischen Sinne besitzt das Debüt von Amere Meander tatsächlich eine gewisse Nachhaltigkeit, denn der recht eigene und frische Stil des Trios hat durchaus etwas zeitloses. Und auch wenn der Albumtitel in die Irre führen mag, so trifft er doch die Grundstimmung des Albums, die irgendwo im Graubereich zwischen Schlaf und Wachsein angesiedelt ist, also dem Land der unbewussten Gefühle.

Wenn man bedenkt, dass dieses Debüt - das von Patrick Pulsinger großartig abgemischt worden ist - erst den Anfang der musikalischen Reise von Amere Meander darstellt, dann dürfen wir uns auf noch einige schöne Überraschungen des Trios gefasst machen. Denn ist der erste Schritt einmal getan, dann kommt auch der Mut zu noch mehr Experimentierfreude und größeren Gesten ganz von alleine.