Erstellt am: 2. 11. 2013 - 14:07 Uhr
Die Farben der Hoffnung
- FM4 Soundparkact des Monats: Alle Bands im Überblick
Wie ein Geist taucht aus dem Nichts eine Stimme auf, die eindringlicher und gefühlvoller kaum sein könnte. Sie erzählt von Dämonen der Vergangenheit, langen schmerzhaften Schatten, die sich immer wieder über die Gegenwart legen. Trotz der Verheißungen, dass alles einmal vorbeigehen würde, kommen diese Dämonen immer wieder.
Die in der Seele vergrabenen Geister, die das Eröffnungsstück "Deamons I" heraufbeschwört: was braucht es dazu? Lediglich ein Klavier, eine dumpfe, leise dahin stampfende Basstrommel, verloren wirkende Gitarrenlinien und herzergreifend melancholischen Gesang. Schon wird man hineingezogen in die gehemnisvolle Welt von Farewell Dear Ghost, unserem Soundparkact des Monats November.
Lena Prehal
Mut zur großen Geste
Wie ein Geist taucht aus dem Nichts eine Band auf, die mit "We Colour The Night" ein reifes, episches und durch und durch ausgeklügeltes Debüt vorlegen. Wie kann denn das bitte sein? Der Mastermind hinter Farewell Dear Ghost, der Grazer Musiker Philipp Szalay versucht sich mit dieser Platte freilich nicht zum ersten Mal am Songschreiben. Unter seinem Namen hatte er jahrelang als Singer/Songwriter die steirische Szene bereichert. Doch das recht enge und vor allem stets intime Korsett dieses Genres wollte der recht bescheiden und zurückhaltend wirkende Philipp hinter sich lassen und seinem inneren Drang folgen, der in den vergangenen Jahren wie eine zweite Identität immer stärker an die Oberfläche gekraxelt ist.
Farewell Dear Ghost
Fast jeder Jugendliche will irgendwann mal Rockstar werden, schnallt sich die Luftgitarre um und übt die einschlägigen Posen vor dem Spiegel. Warum vor dem Spiegel mit einer Luftgitarre? Dann lieber gleich mit richtigen Instrumenten im Studio! Das scheint sich Philipp Szalay gedacht zu haben, als er mit Christopher Frank und Georg Hartwig (Labelchef von Sevenahalf Records und Mastermind hinter The Quiet Now!) das Album "We Colour The Night" produziert hat. Auf dem außergewöhnlichen Erstling überwiegt die ganz große Rockgeste. Schon der erste Vorbote auf das Album "Cool Blood" hat sich als breite Indiehymne erwiesen, die nach einmal Hören einfach nicht mehr aus dem Kopf verschwinden will.
Farewell Dear Ghost live:
- 08. November Gasometer Wien /mit The Naked And Famous
- 19. November SUB Wiener Neustadt
- 21. November Album Release Show Postgarage Graz /mit Catsatrophe & Cure
- 05. Dezember Album Release Show B72 Wien
- 20. Dezember Posthof Linz /mit Bilderbuch
Die im "stillen" Kämmerchen von Philipp alleine geschriebenen und arrangierten Songs haben sich während eineinhalb Jahren Studioarbeit durch viele sich aufeinander türmende Klangschichten, clever versteckte Details und perfektionistische Tüftelei zu erhabenen Stadionrocknummern entwickelt, die vielleicht ein bisschen an frühe Coldplay-Zeiten angelehnt sind. Die zweite Single "Fire" zum Beispiel hat eine unglaubliche Energie und sprüht geradezu vor euphorischer Hoffnung, auch wenn sie inhaltlich eher ein schmerzliches Kapitel in Philips Biographie aufzuarbeiten versucht.
Malen wir die Nacht an
Wie ein Geist taucht aus dem Nichts ein Hoffnungsschimmer auf, der all die schmerzlichen Erfahrungen, persönlichen Krisen und ausweglos erscheinenden Situationen in ein tröstendes Licht taucht. Laut Philipp tauchen auf "We Colour The Night" thematisch gerade deshalb meist die schwierigen, harten Zeiten auf, da man sich durch Analyse und Problemlösungsversuche viel mehr mit ihnen beschäftigt, als mit jenen Momenten, in denen wir glücklich sind.
Lena Prehal
Trotz der "dunklen Aura", wie sie der Farewell Dear Ghost Mastermind selbst bezeichnet, zieht sich auch ein anderer Charakterzug des steirischen Musikers durch alle Songs. Nämlich der des "melancholischen Optimisten", wie er es selbst nennt. Dabei vermittelt die Mischung aus Hoffnung und einer kleinen Portion Naivität eine magische Perspektive, die uns ermöglicht, selbst die dunkelsten unserer Nächte mit Farben auszumalen und ihnen etwas Positives abzugewinnen. Insofern ist "We Colour The Night" wie eine herzerwärmende Umarmung in Zeiten seelischer Kälte. Denn selbst wenn wir uns wie bei "Wake Up", einem der absoluten Highlights der Platte, in einem nicht enden wollenden Alptraum befinden, so schafft es Philipp Szalay mit zuversichtlicher Stimme, uns davon zu überzeugen, dass wir aufwachen werden und der Spuk sein Ende haben wird.