Erstellt am: 27. 10. 2013 - 06:00 Uhr
The Passenger
esther friedman
The Passenger Iggy Pop
Esther Friedman (Fotos), Daniel Haaksman (Texte),
Stefan Weil (Hrsg.) ist bei Knesebeck erschienen
Esther Friedman ist das Kind von Holocaust-Überlebenden und kommt mit 20 von New York via Mannheim nach Berlin. Sie beginnt eine Fotografenlehre und arbeitet mit dem jungen Martin Kippenberger zusammen. Zwei Jahre nach ihrer Ankunft trifft sie auf einer Party einen anderen Ruhe- und Heimatlosen: James Osterberg aka Iggy Pop, der auch schon einige Rock'n'Roll-Ups-and-Downs hinter sich hat und seinem Freund David Bowie in die geteilte und vernarbte Stadt folgt, um Ruhe und Inspiration zu finden.
Wie Iggy Pop in der Widmung des Buchs The Passenger schreibt :
Berlin was a city you could go to get lost in,
or be forgotten and still get something done.
A good and dangerous place for lunatics
It's often where great things come from
and the artistically minded.
Sometimes you need that.
Das Jahr ist 1976. Esther Friedman und Iggy Pop verbringen sieben Jahre miteinander, in denen auch die epochalen Iggy-Pop-Alben "The Idiot" und "Lust for Life" entstehen.
esther friedman
Ein sehr schönes Detail: Der Song "The Passenger" entsteht während einer der fast täglichen Ausflugsfahrten von Iggy Pop mit der Berliner S-Bahn. Esther schießt Tonnen von Fotos, die nach dem Ende ihrer gemeinsamen Zeit unberührt 30 Jahre in einer Kiste warten.
Die Leserinnen bzw. Betrachterinnen von "The Passenger" erfahren aber noch viel mehr: nämlich, wie man mit einem Menschen wie Iggy Pop leben und überleben kann.
Wie jemand, der bei seinen Konzerten so hart an die Grenze geht, und so viele euphorisieren kann, seine Batterien wieder auflädt.
Wie man es schafft, mit jemanden zusammenzuleben, der sehr oft spurlos verschwunden ist und aus dessen Hotelzimmer man die Groupies rausschmeißen muss, weil sie sonst alles klauen würden.
esther friedman
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Warum es nicht besonders ratsam ist, mit jemandem, der bei seinen Konzerten on stage offensichtlich in eine Art Trance geht, nach Haiti auf Urlaub zu fahren und eine Voodoo-Zeremonie zu besuchen. Das "Zombie Birdhouse"-Album von Iggy Pop, dessen Cover von Esther Friedman fotografiert wurde, ist Resultat diese Ausflugs.
Durch die gleichzeitig persönlichen und doch professionellen Fotos von Esther Friedman kommen wir Iggy Pop auf sanfte Art sehr nahe. Der zugehörige Text von Daniel Haaksman, der aus vielen Stunden Gespräch mit Esther Friedman entstanden ist, lässt ein Fenster zu jener Zeit aufgehen.
Ein Buch wie "The Passenger" ist ein großes Geschenk, nicht nur für Freunde von Iggy Pop, sondern an alle, die davon fasziniert sind, was damals in den 70er und 80er-Jahren in Berlin alles möglich war und wie es in einer Zeit, in der es noch keine Paparazzi gab, hinter den Kulissen des Rock'n'Roll aussah.