Erstellt am: 18. 10. 2013 - 17:04 Uhr
Pokémon X / Y
Wenn es ums Thema Videospiele geht, dann hat in den letzten Wochen vor allem ein Thema das Gespräch dominiert: GTA V. Am anderen Ende der Skala zwischen „Nur für Erwachsene“ und „Ab 3 Jahren geeignet“ steht die vielleicht wichtigste Serie für Nintendo-Handhelds: „Pokémon“. Von ihr erschien soeben ein neuer regulärer Teil. Der Tradition entsprechend gibt es wieder zwei gering unterschiedliche Versionen, diesmal "X" und "Y" betitelt. Warum Pokémon nicht nur Kinderkram ist, habe ich vor zweieinhalb Jahren hier zu analysieren versucht.
Ry Spirit / DeviantArt
Auf meinen Japanreisen in den letzten Jahren beobachtete ich immer wieder: Managertypen mit Anzug und Krawatte spielen in der U-Bahn Pokémon. Familien in Einkaufszentren kaufen gleich drei Games auf einmal, eines für das Kind, zwei für die Eltern. Natürlich ist das hierzulande anders, denn der europäischen Kultur fehlt etwas, das Teil der japanischen Identität ist: Jenes ästhetische Konzept, das Japaner mit dem Wort „Kawaii“ beschreiben. Ein Konzept, das Niedlichkeit und Kindlichkeit betont und sich auf alle Bereiche der japanischen Gesellschaft ausgedehnt hat.
ANA
1996, als das erste Pokémon für den Original-GameBoy mit Schwarzweiß-Bildschirm erschien, erinnerte das Spielprinzip stark an "Final Fantasy Legend", das erste Roleplaying-Game für eine Handheld-Konsole – der Unterschied war, dass bei Pokémon niedliche Monstercharaktere im Mittelpunkt des Geschehens standen. Pikachu, der in den letzten 17 Jahren so etwas wie die japanische Mickey Mouse geworden ist, ist nur eine von hunderten Kreaturen, um deren Anhäufung es in Pokémon geht. Das Monster, insbesondere die der Mutation befähigte Variante, ist ein weiterer wichtiger Teil japanischer Popkultur. In Europa oder Amerika konnte das Spiel erst Fuß fassen, nachdem die quietschbunte Kinderfernsehserie die vermeintliche Zielgruppe definiert hatte. Trotzdem blieben die regulären Pokémon-Games (Spinoff-Titel ausgenommen) geradezu den Hardcore-Roleplaying-Prinzipien treu, also: strategisches, rundenbasiertes Gameplay mit hunderten Fähigkeiten unterschiedlichster Charaktere in einer riesigen, frei begehbaren Spielwelt.
Nintendo
Die jetzt erscheinende Fortsetzung führt neue Spielelemente ein, zum Beispiel die sogenannten „Megamutationen“ – das heißt, die hunderten aus früheren Spielen bekannten Kreaturen können neue Fähigkeiten erlangen, außerdem gibt es über hundert neue Gestalten. Interessant ist der neue Teil der Serie aber auch, weil es darin zum ersten mal so aussieht, als würde man die ganze Zeit in einem Anime, also einem japanischem Zeichentrickfilm, herumlaufen. Mit den stereoskopischen 3D-Effekten des 3DS wird diesmal sparsam umgegangen: Gewöhnliche Spielszenen sind zweidimensional, nur in Kämpfen wird die dritte Dimension am Bildschirm eingeschaltet – das schont die Augen und macht die Kämpfe besonders spektakulär.
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Als das erste Pokémon Mitte der 90er Jahre erschien, war Nintendos Gameboy bereits sieben Jahre alt, quasi in den letzten Atemzügen – nach dem Erscheinen des Spiels wurde das Gerät noch populärer und veränderte den Handheld-Markt nachhaltig. Heute stehen die tragbaren Konsolen zwar unter massivem Konkurrenzdruck durch Smartphones und Tablets. Aber solange es komplexe, liebevoll gemachte Spiele wie Pokémon X und Y gibt, werden sowohl Handhelds, als auch das japanische Roleplaying Game der Spezies „Kawaii“, weiterbestehen.