Erstellt am: 16. 10. 2013 - 15:00 Uhr
SOS: Flüchtlinge!
Heute Abend wird im phil in Wien gefeiert. Der Anlass: Das Buch "Die Leiden des jungen Todor", das in der Redelsteiner Dahimène Edition erschienen ist
Meine liebe M. besucht einen Deutschkurs in Sofia. In den Pausen diskutieren M. und die anderen Kursteilnehmer politische Fragen. In diesen Diskussionen teilen sich M. und die anderen meistens in zwei Gruppen.
Bis vor kurzem wurde immer gestritten, ob die bulgarische Regierung zurücktreten soll. Seit kurzem hat sich das Thema geändert. Grund dafür sind die syrischen Flüchtlinge, die aus der Türkei über die bulgarische Grenze kommen.
Pragmatismus vs Humanismus
7.000 haben schon um Asyl angesucht. „Die haben uns gerade noch gefehlt!“, sagt Stojan. Stojan arbeitet als IT-Spezialist in einer großen internationalen Firma. Er lernt Deutsch, da er einen Job in Deutschland angeboten bekommen hat. Er ist stolz auf sich, hat hart gearbeitet und versteht nicht, dass jemand was geschenkt bekommen soll.
So wie Stojan denken viele. Sie verstehen nicht, wieso das sowieso schon dünne bulgarische Budget jetzt auch noch durch Flüchtlinge belastet werden soll. Stojans Großmutter bekommt eine Rente von 75 Euro im Monat. „Warum gibt es kein Geld für meine Oma und man gibt Geld für diese Syrer aus?“ Seine Ängste werden von Gerüchten gefüttert, dass jeder Flüchtling dem Staat 500 Euro monatlich kostet.
M. hingegen sagt, dass jeder nicht mehr als 30 Euro im Monat bekommt und bis zu 40 in einem Raum leben. Ihr Hauptargument ist aber: „Ich will niemand als einen Mensch zweiter Klasse betrachten. So sehen mich einige, wenn ich in Österreich bin. Ich will das nicht wiederholen.“
Stojans Pragmatismus und der Humanismus von M. stoßen aufeinander.
Keine Hilfe der EU
Österreich will 500 Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen. Vorrang sollen Frauen, Kinder und Christen haben. Die ersten vier sind schon da. Jeden Tag fängt die österreichische Polizei hunderte von syrischen Flüchtlingen und schiebt sie nach Italien ab. Bulgarien schiebt auch Flüchtlinge ab - in der Türkei. Aber was soll die Türkei mit denen machen? Sie zurück zwischen die Fronten bringen? Bulgarien hat die europäischen Institutionen um Hilfe gebeten. Bisher ist keine gekommen.
Die Flüchtlingswelle stellt die Menschlichkeit der Bulgaren auf die Probe. Grundrechte wie die Wahl des Wohnorts werden hinterfragt. Bulgarien hat nun dieselben Probleme, die schon das „alte Europa“ seit Jahren nicht lösen kann. Es ist nicht leicht EU Mitgliedsland zu sein.