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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

14. 10. 2013 - 15:40

The daily Blumenau. Noch eine Extra Edition Fußball & Medien, ein Nachschlag zu 10-bis-14-10-13.

1500 Zeichen. Ein praktischer Beleg dafür, dass eine der Lieblingsphrasen heimischer Fußballjournalisten nur eine dumme Ausrede ist.

Noch recht neu; der Versuch das klassische Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

Heute mit einem Text über die Folgen einer Replik zu meiner Nachbetrachtung zum freitäglichen Schweden-Länderspiels und dem WM-Aus.

Es war noch vor dem Schweden-Match: angesichts der, abgesehen von zwei in meiner Preview eh verlinkten Ausnahmen durchaus verheerenden, weil inexistenten taktischen Vorschau in Österreichs Medien-Mainstream reagierte ein Print-Kollege mit dem Tweet "Ich würd' es einmal selbst probieren auf 1500 zeichen g'scheit zu taktieren... und dann reden wir weiter".

Ich habe diese Reaktion erst nach dem Match und vor allem erst nach meiner Nachlese, in der ich angesichts katastrophaler Zustände den medialen Notstand ausgerufen habe, gesehen und folgendermaßen reagiert: "das geht auch in zehn zeilen, wenn man will, nichts als dumme ausreden."

Nicht sehr höflich, ich weiß, aber ich hab das Blabla, dass es für taktische Exkurse so viel Zeit und Raum brauche, echt satt. Ich hier nehme mir die Zeit und den Raum, weil ich sie habe - der professionelle internationale Fußball-Journalismus hingegen lebt seit Jahren mit der knackig-kurzen taktischen Analyse, egal ob im TV oder in Print. Nur in Österreich, diesem Bollwerk des hochunprofessionellen Fußball-Journalimus schafft man das nicht. Auch weil man's gar nicht erst versucht, weil man an eine Mode glaubt und daran, sie mit der Hilfe von nichtssagenden Grinser-Scheinexperten aussitzen zu können; ein vor Dämlichkeit strotzender Irrtum, ebenso wie im Sport selber, wo Fußball-Österreich ja bis vor Kurzem auch glaubte, das Konzpettrainertum durch Kopf-in-den-Sand übertauchen zu können.

Der betreffende Kollege hat es locker genommen. Er hat den Dialog ja aufgenommen, ist also offen und somit eh schon eine Ausnahme und schreibt: "Danke für 'dumm', nehm' ich so hin, wohl oder übel... Und: ich würde um zehn Zeilen solcherart bitten. Zum Lernen."

Meine Antwort von gestern: "ich mach dir einen 1500 zeichen text aus meinem text von vorm match, morgen dann!"

Und so soll es geschehen. Die allermeisten Bausteine sind dem nämlichen Text entnommen, der Anfang ist verknappt und neu zusammengefasst: die Schlußzeile (im Print wichtig) ist auch neu.

Titel:
Für einen Auswärtssieg braucht es Mut.
Untertitel:
Taktik-Vorschau für Schweden-Österreich.

Die Analyse aus den (viel zu wenigen) ÖFB-Auswärtsspielen und dem Schweden-Hinspiel zeigt: am besten ist man dann gefahren, wenn Alaba so weit vorne wie möglich war. Andererseits: in Wales und Irland wagte das Koller nur über Teile des Spiels; dementsprechend blieb man sieglos. Risiko ging er nur im erfolgreich gestalteten Schweden-Heimspiel, mit einem 4-1-4-1 mit Alaba und Junuzovic als Doppel-Zehner, was dem ÖFB-Team eine ständige Überlegenheit sicherte.

Will Koller dieses Match ohne Wenn und Aber gewinnen, muss er riskieren. Und die Analyse zeigt: wenn Koller Risiko nimmt, dann in der Anfangs-Formation. Der Witz dabei: sollte er in diesem Entscheidungsspiel Alaba und Junuzovic als Doppel-Zehner in einem 4-1-4-1 (mit Baumgartlinger dahinter) aufstellen, riskiert er nicht übermäßig viel. Schweden wird neben den beiden Angreifern und den beiden Flügeln niemanden sonst dauerhaft anbohren lassen - damit könnte ein Fünfer-Abwehrverbund zurechtkommen. Im Gegenzug kann ein offensives Vierer-Mittelfeld (mit Flügelspielern wie Harnik, besser noch Weimann, und Arnautovic) enormen Druck auf die Zentrale ausüben.

Ein Auswärts-Sieg gegen einen solchen Gegner wird sich nicht zufällig ergeben. Ich habe gerade meine Zweifel, dass sich ÖFB, Coach und Spieler da wirklich drübertrauen. Ich befürchte vielmehr die abwartende Strategie: mal schaun, ins Spiel kommen, lang das Remis halten, vielleicht ein Konter-Siegtor; wenn nicht, macht‘s auch nix. Das ist eine Taktik, die mir Angst macht.

Das sind übrigens mit Lineal und Zirkel gezogene exakte 1500 Zeichen (reiner Zufall). Zugegenermaßen sind es 12 Sätze, es wäre aber auch in zehn machbar: meine erste Variante kam mit 1050 Zeichen aus, weil ich mich falsch erinnert hatte.

Der Kollege hat in der Zwischenzeit einen neuen Vorschlag: "... wir einigen uns auf ein Spiel in der Zukunft, dann drucken wir den Text auch ;-)" - ist mir auch recht.

Was zu beweisen war, wurde aber hiermit bewiesen.

Denn natürlich lassen sich auch kurze taktische Re/Previews problemlos in Print-Kolumnen machen. Ich weiß das unter anderen deswegen, weil ein Sport-Redakteur einer niederösterreichische Wochenzeitung eine Zeitlang ganze Text-Blöcke meiner Fußball-Journale in seine Kolumnen, ja, äh, 'integriert' und als eigene Idee ausgegeben hat. Nach einem entsprechenden Hinweis habe ich dann eine Honorarnote geschickt und plötzlich hat der Klau aufgehört. Und, nein, es war nicht der jetztige Stronach-Pressesprecher, das wäre jetzt eine zu gute Geschichte gewesen.

Es geht also, ganz leicht sogar.
Alles geht, wenn man will.

Es liegt also nicht an der nicht in eine kurze Form übertragbaren Komplexität der Materie: die Strategie/Taktik muss vom Trainer ja auch dem vielleicht weniger aufnahmefähigeren Spieler kommuniziert werden, warum soll das also zwischen Medien und einem Publikum, das ja nicht ausschließlich aus Trotteln besteht, nicht möglich sein?