Erstellt am: 13. 10. 2013 - 11:00 Uhr
"00 Schneider. Im Wendekreis der Eidechse"
Der Herbst ist längst in Berlin angekommen, und doch lag in den letzten warmen Tagen ein diffuses Sommergefühl über der Stadt. Gerade wollte man denken: „Wenn in vier Wochen endlich Sommer ist, geh ich ganz viel an den See“ da bemerkte man, dass die Füße im Laub rascheln beim Spaziergang am Kanal.
Das sind so die Sonntagsaktivitäten im Herbst: Mit den Füßen im Laub rascheln, über Flohmärkte gehen und natürlich, befreit vom Zwang des ewigen Draußen-Sitzen- Müssens abends ins Kino gehen
Letzten Sonntag lud eines der schönsten Kinos Berlins, das Kino International, ein Kinoprachtbau aus der Berliner Ostmoderne, zur Preview von Helge Schneiders neuem Film „00 Schneider. Im Wendekreis der Eidechse“ ein.
Die richtige Premiere findet natürlich am Heimatort des Allroundkünstlers Schneider, in Mülheim an der Ruhr statt. Aber zur Preview ist der Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Schneider mit Crew nach Berlin gekommen und beantwortet vor der Vorführung geduldig und professionell die Fragen zum Film. Sein Gesprächspartner, der Radiojournalist Knut Elstermann, gibt sich als Kenner und Verehrer von Schneiders Filmkunst zu erkennen, vergleicht Helge mit Buster Keaton und Karl Valentin. Helge wiederum erzählt, er habe auch immer gerne „Dick und Doof“ gesehen und die alten „Fantomas“ Filme, außerdem erklärt er uns Kinobesuchern was Kino ist, nämlich Fiktion.
In Österreich gibt es noch keinen regulären Kinostart für Helge Schneiders neuen Film.
Und dann geht es schon los. „00 Schneider. Im Wendekreis der Eidechse“ ist herrlich verschroben, surreal und auf sehr komische Weise vollkommen sinnlos. Kommissar Schneider fährt im alten Citroen durch Mülheim, das spanische Almeria liegt gleich hinter einer Kurve, das schafft hübsche surreale Momente, der Kommissar erhebt die Technik totaler Entschleunigung zum Grundprinzip seiner kriminalistischen Ermittlungen.
Senator Film
Wie oft bei Schneider, aber auch bei Shakespeare, werden die Frauenrollen von Männern um die 60 gespielt, bei Schneider sind es befreundete Musiker. Und wenn Helges frühere Filme bei aller Liebe auch manchmal allzu verschroben und gewollt dilettantisch wirkten: Hier sieht alles gut aus. Farbe und Bildaufbau lassen den Film, auf 16 mm gedreht, wirken, als sei er mindestens 40 Jahren alt. Das Interieur ist ganz Siebziger, der flauschige Zwergspitz Zorro passt farblich genau zum rötlich- braunen Trenchcoat des Kommissars. Schneider parodiert in diesem Film das gesamte Krimigenre mit anarchistischem Humor, Filmzitate werden einem nur so um die Ohren beziehungsweise Augen gehauen. Eiskalte Cops, radelnde Gendarmen und traurige Carabinieri teilen sich das Büro, alle rauchen ununterbrochen und sehr engagiert.
Ermittelt wird in Räuber Hotzenplotz-Manier, es geht um einen tattrigen Frauen-Grapscher, gemeinen Zigarettendiebstahl und ein verschwundenes Huhn.
Gegenspieler des Kommissars ist die spuckende Eidechse, der genial- psychopathische Verbrecher Jean-Claude Pillemann, dargestellt vom großartigen Rocko Schamoni und einer Vampir-Überbiss-Zahnprothese.
Unter viel Gelächter nimmt die Handlung ihren Lauf und findet ihr Ende. Als das Licht wieder angeht, sieht man viel vergnügte Gesichter. Nur Helge Schneider ist schon weg, er hat sich schon während der Vorführung auf den Heimweg nach Mülheim gemacht.