Erstellt am: 10. 10. 2013 - 09:48 Uhr
A Brand is a Friend
Das Showbusiness, um mal dieses angestaubte Wort aus der Schublade zu holen, braucht Figuren wie Russell Brand, es lebt von ihnen. Der Schauspieler, Komödiant, Moderator, Autor - und für "Grazia"-Leser der Ex-Mann von Katy Perry - ist eine fantastische Mischung aus Flamboyanz und nicht enden wollender Energie, eine strahlende Comedy-Größe in Großbritannien, den das internationale Kino-Publikum allerspätestens mit dem herrlichen "Forgetting Sarah Marshall" kennengelernt hat. Brand spielte darin den Rockstar Aldous Snow, einen Ausbund an Größenwahn, Irrsinn und Selbstzufriedenheit. Mit seinen wenigen Szenen hat der den Film derart an sich gerissen, dass man sich dazu entschlossen hat, Aldous Snow gleich einen eigenen Film zu widmen, den nicht weniger superen "Get him to the Greek".
sony
Dandy und Rabauke
Der schlaksige Brand, bei dem es stets schwer ist, zwischen Kunstfigur, Rollen und dem echten Brand zu unterscheiden, verkörpert gleich zwei klassisch britische Stereotypen; einerseits den Rüpel ohne Blatt vor dem Mund, einer, der alle, aber auch wirklich _alle_ argen Wörter kennt, und andererseits den Dandy, den sophisticated Kerl im feinen Zwirn mit der nasalen Stimme und den dünnen Schals. Nicht nur, weil er den egomanischen Musiker Aldous Snow gleich zweimal grandios verkörpert hat, muss ich mich immer daran erinnern, dass Russell Brand kein Rockmusiker ist.
In Zeiten, in denen die meisten Hollywood-Schauspieler ein öffentliches Vorzeige-Leben führen, fällt Brand noch mehr auf. Skandal-umwitterte (alte) Geschichten um Drogen, aber vor allem Skandale wie "Sachsgate", Paparazzi-Prügeleien und natürlich Brands Hang zu den engsten Hosen der Welt, Lederarmbändern und nicht zuletzt seine Haarpracht machen aus ihm eine öffentliche Figur, die man eher der Rockwelt zuordnen würde als der Schauspielerei.
warner bros
Halbgott-Parodie
Darum war er auch ideal gecastet für "Rock of Ages", aber der Film ist halt trotzdem ein halbgarer Topfen. Vielleicht aussagekräftiger als Brands Rollen in "Rock of Ages" oder dem auch nicht wirklich überzeugenden "Arthur"; vielleicht ein viel besserer Beweis für seine Unverwechselbarkeit ist die Tatsache, dass Toby Kebbell in "Wrath of the Titans" den Halbgott Agenor spielt und eine ziemlich gute Russell-Brand-Imitation abliefert. Wenn man parodiert wird, hat man es geschafft, so geht die "Seitenblicke"-Weisheit. Wenn man aber in einem sündteuren Trash-Blockbuster als Halbgott parodiert wird, dann hat man es wirklich geschafft.
russell brand
Etikette brechen
Brand fällt auch immer wieder auf, weil er die Etikette der Höflichkeit und des Scheinwahrens bei öffentlichen Veranstaltungen immer wieder bricht und Interview-Konventionen über Bord wirft. Er lockt, nein, wirft, Talk-Show-Hosts und Journalisten aus deren comfort zones, er bringt Unberechenbarkeit in oft öde, aus Promo-Hülsen bestehende Gespräche. Und faszinierender - für die Medien sowieso, aber auch für uns - sind allemal die Personen, die von der GQ Party rausgeschmissen werden, weil sie in ihrer Dankesrede für einen Preis davon erzählen, dass Hugo Boss Uniformen für die SA, SS, Hitlerjugend und Wehrmacht geschneidert hat, als die, die die teuren Goodiebags einheimsen und am Gratisfusel nippen.
russell brand
Empörung und Aufregung
Der schnellsprechende Brand verkörpert Exzess und Unvernunft, er kokettiert mit seinem Image als Geck und Narzist. Die Drogen findet man allerdings nur noch in seinen Stand-Up-Programmen (und seinem "Booky Wook"), da erzählt er Geschichten aus der alten, wilden Zeit. Die Grenzen des guten Geschmacks (oder was auch immer das sein mag) dehnt Russell Brand oft in schmerzhafte Regionen. Am Tag nach dem 11. September 2001 erschien er als Osama Bin Laden verkleidet an seinem damaligen Arbeitsplatz bei MTV - und wird gefeuert.
Tickets für "Messiah Complex" am 19. März 2014 gibt es ab sofort übers Gartenbaukino oder oeticket.com
Empörung gab's auch über seine Moderationen bei den Brit Awards 2007. Allerdings hätte ohne diese Aufregung überhaupt jemand bemerkt, dass die Brit Awards stattgefunden haben? Gerade das amerikanische Publikum, das weitaus gedrillter ist in Sachen "political correctness" als das europäische und an ausgepiepte "Fucks" gewöhnt ist, lacht natürlich, wenn einer, der spricht wie jemand, der in "Downton Abbey" lebt, in Talk Shows Wörter wie "Anus" verwendet.
Wahrscheinlich noch ganz andere Worte kommen in seinem aktuellen Programm "Messiah Complex"vor; seit 13 Jahren macht Brand Stand Up Comedy, am 19. März 2014 kommt er zum ersten Mal nach Österreich und folgt im Gartenbaukino, das seit diesem Jahr in diesem Bereich eine Lücke schließt, Eddie Izzard und Dylan Moran nach.
The 9 Click Russell Brand Appreciation Guide
- Interview bei MSNBC. "Is this what you do for a living", fragt Russell Brand die Schnattertanten und den Schnatterherren und lässt die Moderatorin in Angstschweiß ertrinken.
- Ein Foto von David Lynch und Russell Brand, Partner in Sachen transzendentaler Meditation. Wann haben wir Lynch das letzte Mal so lachen gesehen? Genau.
- Foto von Noel Gallagher, Russell Brand und Morrissey. In irgendeiner Parallelwelt ist das ein Foto aus der Anfangssequenz von "How I met your mother"
- Nochmal Morrissey und Russell Brand. So in sich ruhend schaut Steven Patrick sonst nur auf Fotos mit Tieren drein.
- Inside of you: Als Aldous Snow in "Forgetting Sarah Marshall.
- "African Child": Aldous Snow Song aus "Get him to the Greek"
- Russell Brand trifft Sophia Grace und Rosie, die kleinen Mädchen (ebenfalls aus Essex), die - vor allem dank Ellen Degeneres - einige bizarre Momente im Rampenlicht hatten.
- Die Kunst der Improvisation: Russell Brands Audition Tape für "Forgetting Sarah Marshall"
- Russell Brand geht mit einem obdachlosen Mann frühstücken. Das ist durchaus eine andere Art der "guten Geste", als das Antanzen auf Charity Events.
- Russell Brand interviewt Morrissey (greisliche Bildqualität, einfach nicht hinschauen, nur hinhören)
Und nicht vergessen, when the world slips you a Jeffrey, stroke the furry wall!