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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

9. 10. 2013 - 18:38

The daily Blumenau. Wednesday Edition, 09-10-13.

Die verfemte Parteijugend, das vergessene 1993 und wieder mal keine Lust auf eigenständiges Denken.

Seit über einer Woche wieder (fast) täglich: der Versuch das klassische Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.
Heute später und mit einfacheren Hauptsätzen, weil mit leicht vergripptem Kopf geschrieben.

Der diffamierte Nachwuchs und die Ofenbank

#nr-wahl #jugendpolitik

Ich sage das nicht nur weil es ein Feld ist, in dem ich seit langen Jahren arbeite (und auch noch mit 65 eine gewisse Expertise haben werde): der Umgang einer Gesellschaft mit dem Nachwuchs sagt viel über sie aus, deteminiert ihre Zukunft. Wer seine Brut vernachlässigt, verhöhnt und in seiner Planung nicht mitbedenkt, wird dem, der einbezieht, fordernd fördert und hellhörig für Input ist, unterliegen. Deutlich.

Die politischen Parteien haben, auch aufgrund der Demoskopie, die die jeweiligen Erstwähler immer als lachhafte Minderheit und die U40jährigen überhaupt als deutlich weniger relevant als die alten Segmente ausweist, jahrelang einen recht großen Krapfen drauf geschissen; nicht nur auf die Themen der Jungen, auch auf ihre Mitarbeit in sie betreffenden Bereichen (im Bereich Bildung etwa kommen Schüler nicht vor; Studenten gelten automatisch als Feind) und vor allem in ihren eigenen Reihen.

Das hat sich in den letzten paar Jahren leicht, aber doch merkbar gewandelt. Die ÖVP hat hinter/neben Shooting Star Kurz zwar kaum anderen junge Politiker in Stellung gebracht, verfügt aber über das Best-Practice-Beispiel; die FPÖ hat aufgehört nur junge Gudenusse zuzulassen und erlaubt ihrem Jugendsprecher ein vergleichsweise scharfes, in einiger Hinsicht den Parteilinien widersprechendes Profil; die Grünen haben die Zeiten, in denen das Klima zufror, als etwa Frau Glawischnigg die Räume der GRAS betrat, hinter sich gelassen und bewusst ein paar fresh Faces aufgebaut; bei den Neos ist die Jugendlichkeit (wenn auch unfreiwillig komisch wie zu besten JES-Zeiten) Teil des Gesamt-Konzepts.

Nur die Merhrheitspartei des Landes koppelt sich - ich unterstelle - ganz bewusst ab. Zum einen hat man niemandem im Talon, der an die FP verlorenen Core-Wähler (jung, männlich, abstiegsängstlich, nicht urban) ansprechen könnte, da ist mit Minister Klugna schon das Ende der Fahnenstange erreicht. Zum anderen werden die paar wenigen jungen Kräfte, die man großkotzig und vorschnell in Stellung gebracht hatte, nicht nur fallengelassen, wenn sie medial als Sau durchs Dorf getrieben werden - sie werden nachgerade ausgelöscht (Stichwort Rudas). Außerdem wird der von jungen ökonomisch auskennerischen Intellektuellen (einem Typus, der sich medial gut verkaufen liesse, wenn man es zulässt/forciert) geführte Think-Tank der Sektion 8 nicht nur ignoriert, sondern auch mit kindischen Untergürtel-Griffen diffamiert (zuletzt nannte Broukal sie bewusst abwertend Sektion 9, um die Unwichtigkeit der Rebellen überzubetonen).
Und schliesslich wird eine ganz normale, brav nach parteiinternen Richtlinien geführte Aktion (der Versuch der SJ zur Koalitionsfrage eine Urabstimmung anzuregen) nicht nur hausherrenhaft und undemokratisch weggewischt, auch hier wirft man den Jungen, die sich geistig zumindest noch bewegen, Prügel nach. Der sich wegen seiner schieren parteiinternen Machtfülle als ceasarenhafter Herrscher dünkende Wien-Chef Häupl etwa liess dem SJ-Chef Moitzi, einem Kapfenberger, ausrichten, er möge sich doch lieber um seine obersteirischen Verluste kümmern soll. Als ob das dort an den Jungen liegen würde, dass man der SP nicht mehr traut.

Wie gesagt: wer seinen eigenen Nachwuchs mit Untergriffen, Gemeinheuten, Denkverboten belegt und beflegelt, darf sich nicht wundern, wenn er erines Tages ganz allein auf der Ofenbank aufwacht und nimmer von dort hochkommt.

Was war 1993 wirklich los und waum erfahr' ich's nicht?

#jugendkultur #medien

Es war anläßlich einer Veranstaltung der Vienna Fair im weissen haus, dem einzigen neuen Slot in Funkhaus-Nähe, der in den letzten Jahren so was wie Impulse in diese sonst so tote Botschaftsgegend gebracht hatte: da lagen Zeitschriften vor der Tür, zur freien Entnahme, etwa die Septemberausgabe der Wiener Modezeitschaft Flair. Wien 1993 stand da am Covwer, Weltstadt der Trends, Helmut Lang, Peter Kruder und Co - eine großartige Erinnerung. Klang interessant, hab ich mitgenommen.

Das Flair hat etwas gemacht, was ich schätze: eigenständige Themensetzung, ohne Hinterhergehampel. Sich selber eins und eins und eins zu drei zusammendenken und nicht nur Vorgefertigtes und PR übernehmen.

Die These: 1993 war Wien irre super, das Zentrum der Welt fast. Kruder/Dorfmeister begründeten gerade die Weltmarke des Wiener Downtempo, Helmut Lang wird ein Welterfolg, Werner Schreyer ist das Model-Gesicht der Stunde, Werner Schwab der neue Bernhard, Franz West, Erwin Wurm, Pulsinger, Weibel, Krystufek etc... Auf tatsächlich 37 schwerpunktwürdigen Seiten wird ein historischer Abschnitt journalistisch nachvollzieh- und lesbar beleuchtet; eine echte optische und inhaltliche Freude.

Ich mag sowas und finde es schade, dass dieser kleine, aber feine Spin unbeachtet bleiben muss. Denn jeder, der eine Mode-Redakteurin als Exfreundin hat, weiss, wer diese Hefte liest. Und es ist, glaubt mir, niemand den so ein Special wirklich angehen könnte.

In einer idealen Welt, in der Medienmacher Ideen haben und in einer noch idealeren Welt, in der die/wir auch intermedial denken, tut sich das Flair etwa mit einem Jugendkulturradio und/oder der jungen Beilage einer Tageszeitung zusammen um Synergien herzustellen. Ein interessantes Thema, das an mehreren Punkten auftaucht, wird dadurch eindrucksvoller und leichter zugänglich - win/win/win-Situation. Und ein großes note-to-self.

Echt, auswärtsschwach? Nein, wirklich wahr?

#fußball #medien

Weil gerade von der Einfalt des medialen Hinterherhampels die Rede war; und weil ich montags meiner Sorge über die Zukunft des Fernseh-Sportjournalismus Ausdruck verliehen habe: so viel besser steht der Print-Bereich auch nicht da.

Das wird jetzt, im Vorfeld des wiedereinmalunddiesmalwirklichecht entscheidenden Spiels in Schweden wieder einmal augenfällig.

Da kein Print-Sportreporter auch nur den Hauch einer Idee hat, welches Thema man vor diesem Match setzen könne um sich abzuheben (Arnautovic war brav, Janko spielt...), verfällt man aufs Übliche: man malt die APA ab.

Für alle, die diese Struktur nicht kennen: die APA ist die Austria Presseagentur, die Basis-Agentur der österreichischen Tageszeitungen (Ausnahme: Krone) und des ORF. Die APA ist überall vorort, covert Österreichs Tagesaktualität ziemlich lückenlos und wird gern (und zurecht) einszueins ins Blatt (und vor allem: in die Online-Ausgabe) gerückt. Wenns in der APA steht stimmt's.

Nun muss sich auch diese Redaktion vor so einem Länderspiel überlegen, welchen Aspekt man rauskitzelt. Diesmal etwa war es die Auswärtsschwäche des ÖFB-Teams. Was zur Folge hatte, dass alle, aber wirklich alle Sportmedien, von den großen Plattformen bis zu den Tageszeitungen, von den sportfernen Magazinen bis zu den Fachpublikationen diese Geschichte groß hatten und alle ganz überrascht tun und plötzlich wieder Zweifel in die seit Wochen rollende Hysterisierungs-Maschinerie gesät werden.

Es geht mir nicht darum, dass ich diese Statistik bereits vor genau einem Monat einer Analyse unterzogen hatte, sondern um das eselmäßige Hinterhertrotten, die offensichtliche Unfähigkeit eigenständig zu denken und entsprechend zu publizieren. Und natürlich fällt mir das bei einem Thema, das ich vor einem Monat selber nachgeschlagen habe, anstatt es jetzt zu copypasten, besonders auf. Und, sorry, das was ich kann, kann jeder.

Klar, eine der Schlüsse aus dem vorigen Item ist, dass etwas, das an mehreren Stellen steht, als besser und wahrer anerkannt wird. Aber das, was überall steht, erkennt - vor allem der im Netz herumforschende, jüngere Leser - schneller als langweiliges Copy-Paste-Ding, als nichts was auch nur einen Cent wert ist. Der abmalende Sportjournalismus ist also auch ein fleißiger Totengräber seine Branche.

Momentan wäre etwa eine nochmalige Analyse von Kollers HInspiel-Taktik und dem ansatzweise vergleichbaren Auwärtsspiel in Irland (den einzigen Fingerzeigen die es für den Freitag gibt) dringend notwendig. Aber da müsste man ja selber nachdenken, selber draufkommen und es auch noch selber machen. Nein, pfuigack, sowas wird sicher nirgendwo zu lesen sein...