Erstellt am: 5. 10. 2013 - 13:52 Uhr
MGMT live: Your life is a lie!
Nein, überhaupt nicht. Alles, was man über die Wirkung von psychedelischen Drogen lesen kann und erzählt bekommt, klingt für mich nach dem schlimmsten Albtraum, den ich mit antun könnte.
Es ist schon anstrengend genug, eine Konzeption von Realität zu haben, die man mit anderen teilen kann. Den praktischen Teil dieser Vorstellung muss ich daher kategorisch ablehnen. Dem theoretischen Teil kann ich durchaus etwas abgewinnen, weil so eine Erfahrung auch autoritätszersetzende Elemente in sich trägt, wenn die Dinge plötzlich ganz anders erscheinen. Lustig finde ich es dann aber doch, dass die Band MGMT sich wie eine Designer-Droge schreibt. Stellvertretender Konsum quasi. Lange Rede kurzer Sinn: Ich mag Neo-Psycedelic, Indietronic, Weirdo-Folk, die mit MGMT in die Indiedisco eingezogen sind. Vor fünf Jahren erscheint Oracular Spectacular, das spektakuläre fünf Hits auf sich vereint.
Als ich dieses Video zum ersten Mal gesehen habe, war ich sehr froh, dass endlich wiedereinmal jemand die große, peinliche und unbeantwortbare Frage nach dem Phantom der Wahrheit stellt.
Jemand, der nicht Politiker ist oder sonstige manipulative Interessen oder autoritäre Ziele verfolgt.
Leider trauen sich in einer Welt voller Relativitäten und Ansichtssachen, viel zu selten die Richtigen nach der Wahrheit zu fragen. MGMT tun das zwar im Ausschlussverfahren aber sie tun es.
Wahrheit ohne Ziel und Intention
Als ich die beiden vor ihrer Show frage, wo sie im Umkehrschluss in dieser modernen Welt voller Relativitäten Wahrheiten finden, tun sie überrascht und kichern, sind aber in Wahrheit top vorbereitet auf so eine Frage.
Als sie an diesen Album gearbeitet haben, lasen sie viel von und über Schriftsteller die automatisches Schreiben parktizieren oder praktiziert haben. Eine von den Surrealisten eingeführte Technik bei der im Rahmen eines Schreibrausches die Zügel des Selbstzensur fallen gelassen werden bis auch die Intentionen die von Außen in uns eingeschrieben wurden zerfallen. Das geschieht auch bei ihnen, wenn sie Musik machen. Die Wahrheit hat also kein Ziel und keine Intention, bei MGMT, dafür aber mehrere Dimensionen. MGMT vergleichen ihre Musik mit Bildhauerei, jedesmal findest du einen anderen Betrachtungswinkel, mal findest du die Gesamtkomposition gut, mal fasziniert dich ein kleines Detail.
Christian Stipkovits
Als Finale unseres kleinen Rendez-Vous will ich noch wissen, wie ich in den Abend gehen soll: Wird es ein audiovisuelles Bombardement aller Sinne oder üben MGMT auf der Bühne mit uns Meditationstechnicken zu Reisen ins ich, was auch sehr trippig sein kann.
MGMT meinen, sie spielen lieber Musik, als auf der Bühne zu performen, und sie selbst sind sehr versunken, spielen auch oft mit geschlossenen Augen, weshalb sie schon gefragt wurden ob sie traurig oder abwesend sind. Aber das Gegenteil ist der Fall wird mir versichert. Große Konzentration.
Christian Stipkovits
We have the vision now lets have some fun
MGMT haben eine der besten Nummern über die Dummheit des Rockstarlebens geschrieben "Time to Pretend".
We'll choke on our vomit and that will be the end
We were fated to pretend
Das höre ich als ich den Saal betrete. MGMT arbeiten durchgehend mit Visuals. Drei Screens hinter und neben der Bühne und von der Decke hängen auch zwei ineinander gestülpte Würfel.
Christian Stipkovits
Sechs Musikerinnen stehen auf der Bühne und MGMT spielen das ganze Konzert auf dem gleichen Intensitätslevel. Es gibt keine Dramaturgie oder Klimax. Ich halte mich an den Ratschlag der Beiden und versuche ohne mich Ablenken zu lassen in die Visuals zu kippen. In den nächsten 60 Minuten plus sehe ich klassisch psychedelische visuelle Spielereien. Amöben, Spiralen, explodierende Regenbogen, tropfendes Zeug: Am Liebsten mag ich den Invers-Regenbogen-Effekt der über die spielende Band gelegt wird. Das sieht dann aus wie etwas, mit dem man in den frühen Neunziger Jahren die Jugendlichen im Religionsunterricht vor Drogenmissbrauch gewarnt hat.
Mir ist beim Konzert nicht langweilig, aber Erleuchtung oder bleibende Erfahrung machte ich keine. Schöne Melodiechen, ein paar Störgeräusche drüber. Ich habe mich entspannt, aber die Porten der Wahrnehmung blieben im normalen Öffnungszustand. Als eine der letzten Nummern spielen MGMT "Kids" und mir wird klar, dass viele gekommen sind um speziell diese Nummer zu hören.
So wie die um mich herumwackeln, glaube ich, ich bin in der Muppet Show und das ist eine Vorstellung die mich sehr glücklich macht. Danke MGMT.