Erstellt am: 29. 9. 2013 - 17:01 Uhr
Zahlenspiele am Wahlabend
Viele, viele Fragezeichen gab es zum Ausgang dieser Wahl bereits im Vorfeld. Ein paar von ihnen verwandelten sich mit der ersten Hochrechnung ist Rufzeichen, ein paar wurden einfach unterstrichen.
Partei | Prozent | Mandate |
---|---|---|
Vorläufiges Endergebnis (inklusive Briefwahl, ohne wahlkreisfremde Wahlkarten) | ||
SPÖ | 26,9% (-2,4) | 52 |
ÖVP | 24,0% (-2,0) | 47 |
FPÖ | 20,6% (+3,0) | 40 |
BZÖ | 3,5% (-7,2) | - |
GRÜNE | 12,3% (+1,9) | 24 |
FRANK | 5,7% (+5,7) | 11 |
NEOS | 4,9% (+4,9) | 9 |
sonstige | 2,0% (-4,0) | - |
Auszählungsgrad | ||
99,9% | (vorläufiges Endergebnis + Briefwahl ohne wahlkreisfremde Wahlkarten) | |
Wahlbeteiligung | ||
74,4% |
Verluste gibt es für SPÖ und ÖVP, starke Gewinne für die Freiheitlichen und unterm Strich ein enttäuschendes Ergebnis für die GRÜNEN.
Mit NEOS und FRANK gibt es also nach aktuellem Stand zwei neue Parteien im kommenden Nationalrat. Das BZÖ schafft den Einzug aller Voraussicht nach nicht.
fm4.ORF.at/wahl13
Die Nationalratswahl auf FM4
- Der FM4-Liveticker zur Wahl: Second Screen mit Anstand, Würde und keiner Gewähr auf Vollständigkeit.
- Wir berichten in einer Sondersendung von 17-21 Uhr über die Ergebnisse und Raktionen zur Wahl.
Was geht sich aus?
Trotz zweier neuen Parteien würde sich also nach aktuellem Stand weiterhin eine Mehrheit für die bisher regierende Koalition aus SPÖ und ÖVP ausgehen. So knapp wie nie zuvor allerdings.
Sollte die Koalition fortgesetzt werden, wird es für die beiden Wahlverlierer nicht ganz einfach werden zu erklären, worin das "neue" in dieser "neuen" Zusammenarbeit besteht. SPÖ und ÖVP sind jeweils auf ihrem historischen Tiefststand angekommen. Intern werden sich deshalb durchaus Stimmen zu Wort melden, die eine Kursänderung fordern.
Schwarz-Blau käme alleine nicht auf die nötige Mandatszahl. Bräuchte also Unterstützung. Gegen eine rechnerisch mögliche Koalition aus Schwarz-Blau-Stronach hat sich inzwischen der niederösterreichische VP-Chef Erwin Pröll ausgesprochen, es bleibt allerdings die einzige halbwegs realistische Alternative zu einer Neuauflage der großen Koalition.
Neue Farben
Dass die NEOS und FRANK im nächsten Nationalrat sitzen werden, gilt inzwischen als sicher. Ebenso wie das Ausscheiden des BZÖ. Die ersten Wiener Stimmzettel wurden nämlich inzwischen ausgezählt, und damit ist der letzte große Unsicherheitsfaktor beseitigt. Und: Hochrechnungen die ein zu erwartendes Briefwahl-Ergebnis miteinbeziehen rechnen vor allem bei den NEOS noch mit weiteren Zugewinnen. Auch die GRÜNEN sollten hier aller Voraussicht nach noch etwa ein Prozent dazugewinnen.
Es bleibt also bei sechs Fraktionen im Nationalrat. Die gelben (FRANK) sind nun erstmals auch gewählterweise im Parlament, die orangen (BZÖ) raus, dafür zieht eine völlig neue Farbe ins Hohe Haus. Ab sofort gibt es auch Pink!
Neue Landkarte
APA
Dass die Welle an Gemeindefusionen in der Steiermark im Wahlergebnis ihre Spuren hinterlassen hat, zeigt ein Blick auf die Landkarte. Bezirke mit einer relativen Mehrheit für die Freiheitlichen sind ein Novum in der Steiermark. Allerdings gibt es solche blauen Sprengsel jetzt auch im öberösterreichischen Zentralraum.
Von der Landkarte verschwunden ist Kärnten-Orange. Die Bezirke in österreichs südlichsten Bundesland färbten sich kollektiv rot. Hier, in ihrem ehemaligen Kernland, konnten die Freiheitlichen nicht punkten.
Die Grünen konnten ihre Hochburgen wiederum ausbauen. Nach Auszählung der Briefwahlstimmen mussten sie den zuerst neu gewonnenen Wiener Bezirk Währung zwar doch wieder an die ÖVP zurückgeben. Mit Innsbruck (und nach Auszählung der Briefwahlstimmen auch in Graz!) sind sie jetzt aber stimmenstärkste Fraktion in zwei Landeshauptstädten.
Die Überraschungen des Abends
Die Pinken (die NEOS) sind neben den GRÜNEN zu den großen Überraschungen an diesem Abend. Während die Ergebnisse der anderen Parteien durchaus innerhalb der Schwankungsbreiten der vorangegangenen Umfragen liegen, kommen hier die einen deutlich darüber, die anderen klar darunter zum liegen. Einmal mehr sind die Grünen damit in der etwas undankbaren Position, zwar dazugewonnen zu haben (und dieser Zuwachs wird nach Auszählung der Briefwahlen noch deutlicher werden), aber trotzdem irgendwie als Verlierer dazustehen.
Mariahilferstraßen-Gate dürfte sich dabei - wenn überhaupt - dann vor allem überregional bemerkbar gemacht haben. In den direkt betroffenen Wiener Bezirken Neubau und Mariahilf bleiben die Grünen - wie in noch mehreren anderen Wiener Bezirken - stärkste Partei. Kleinere Verluste müssen sie in ihren Hochburgen zwar hinnehmen, von einer massiven Stimmenflucht wegen einer etwas verunglückten Einführung einer Fußgängerzone kann allerdings keine Rede sein. Überregional könnte sich die Mariahilferstraßen-Berichterstattung allerdings durchaus auf das Image der Grünen ausgewirkt haben.
Die NEOS wiederum überraschen mit ihrem doch deutlichen Einzug ins Parlament. Bei regional höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Vor allem ihr Abschneiden in Vorarlberg (13,15%) ist getrost als "sensationell" zu bezeichnen. Ihre Hochburgen liegen abseits vom Ländle eindeutig in den Ballungszentren, vor allem in Wien. In den meisten anderen Bundesländern liegen die pinken unter der 4%-Hürde.
Kopf an Kopf an Kopf an Kopf bei den Jungen
Interessant sind die Ergebnisse der ersten Auswertungen nach dem Wahlalter. Bei den unter 29-Jährigen WählerInnen liegen SPÖ, ÖVP, FPÖ und GRÜNE praktisch gleichauf. Jeweils zwischen 21% und 23% erreichen diese vier Parteien in dieser Altersgruppe.
Betrachtet man diese Gruppe der sogenannten JungwählerInnen allerdings etwas genauer, zeigt sich ein ganz anderes Bild.
APA
Bei den Frauen bis 29 haben die Grünen allerdings mit 27 Prozent die Nase vorne (knapp vor ÖVP und SPÖ), nur zehn Prozent würden FPÖ wählen. Umgekehrt würden 32 Prozent der jungen Männer FPÖ wählen, aber nur jeweils 18 Prozent SPÖ und Grüne und 19 ÖVP.
Große Unbekannte: Briefwahlstimmen
Etwas mehr als zehn Prozent der Wahlberechtigten haben Wahlkarten angefordert. Davon werden heute lediglich die Stimmen bereits ausgezählt, die mittels Wahlkarte im eigenen Regionalwahlkreis abgegeben wurden. Briefwahlstimmen und "wahlkreisfremde" Wahlkarten werden erst am Montag ausgezählt und könnten durchaus noch die eine oder andere Änderung bringen. Vor allem weil es keine Erfahrungen für das Briefwahl-Verhalten der Neu-Parteien gibt und das deswegen nur schwer vorauszusagen ist.
Das Meinungsforschunginstitut SORA hat sich für den ORF an eine Wahlkarten-Prognose gewagt.
Alle Ergebnisse im Detail
Akutelle Hochrechnungen und - soweit bereits ausgezählt - die Ergebnisse der einzelnen Länder und Gemeinden gibt es auf orf.at.
Der Tag danach auf FM4
Wir beschäftigen uns natürlich auch am Montag, 30. September, noch ausführlich mit dem Ausgang der Wahl. Unter anderem planen wir Gespräche mit der Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle und dem Politologen Vedran Dzihic, werden uns genauer ansehen, was die jungen gewählt haben (und warum), und wollen auch einen Blick in die Zukunft werfen. Wie soll es denn nun weitergehen? Alles wie bisher oder ganz was neues?
Alles das und mehr am Tag danach auf FM4.