Erstellt am: 30. 9. 2013 - 12:25 Uhr

Modern Talking mit CSS

Über den Umwegnutzen, der die Existenz definiert. Für 7 Tage on Demand.

Manchmal sind Interviews eine Tortur für alle beteiligten Parteien. Man mag die Rolle, in die man schlüpfen muss, so gar nicht. Man fühlt sich wie eine Mischung aus Handlungsreisender, Zeuge Jehovas und Steuerfahnder, der in einem seelenlosen Hotel auf jemanden trifft, der seine Genervtheit zu verstecken versucht. Die Genervtheit darüber, dass er oder sie seit Stunden, Wochen, Monaten, Jahren die gleichen Fragen beantworten oder halbclevere Angriffe abwehren muss, wenn der oder die Interviewerin besonders kritisch sein will.

Lustig und großartig kann es dann werden, wenn die beteiligten Personen auf die ihnen von der Kulturindustrie zugedachten Rollen scheißen, Hierachien und Strukturen verweigern und zwei Fremde so miteinander plaudern, als würden sie sich gerade in einer Bar, einem Flugzeug, einem Wartesaal treffen und hätten gerade nichts besseres zu tun, als einander mit Geschichten zu amüsieren.

CSS ist eine Band aus Sao Paulo. Seit 2003 gibt es die aus ehemaligen Kunststudentinnen bestehende Truppe. Alles ging als Spaß, als Nebenbei-Projekt los, und bis heute verfolgen die Mitglieder auch noch ihre eigenen Projekte, sei es Film oder Malerei oder Mode, und treffen sich halt, wenn es wieder an ein Album geht oder wieder einmal die Welt betourt werden muss. Dass ihre Musik in Werbungen für iPods landet und über 100 Millionen Mal auf Youtube angeklickt wird, damit haben sie nicht gerechnet; Umwegnutzen, der die Existenz definiert.

nataliebrunner

Luiza von CSS ist zu mir, der Rezeptionistin, der Hipster-Prinzessin hinter der Bar, die sich eigentlich zu gut dafür ist, Kaffee zu machen ,und den britischen Touristinnen, die wissen wollen, wie man im strömenden Regen zum Festivalgelände kommt, gleich lieb, nett und lustig. Sie hat wenig geschlafen, ist mit ihrer Freundin eingecheckt und jetzt hat sie die Zimmernummer vergessen.

Freundin, Unterkunft und ein ruhiger Ort, um die Ausgabe von Modern Talking aufzunehmen, ist in weite Ferne gerückt. Dafür liegen die Themen vor uns auf den Hotelfluren, durch die wir geistern. Warum haben CSS eine Nummer auf ihrem neuen Album "Hang Over" genannt? Warum sind sie jetzt eine reine Frauenband? Ist es ein Privileg oder ein Zufall? Gehört mehr Disziplin zu einem völlig selbstbestimmten Leben, als wenn man sich an die Regeln von anderen hält? Kann man eine Band zehn Jahre mit Spaß und Anarchie am Laufen halten, und in welcher Etage war eigentlich das Scheißzimmer?

Modern Talking mit CSS für 7 Tage on Demand

CSS spielen am 3. Oktober 2013 im Rahmen des Waves Festivals in Wien.