Erstellt am: 28. 9. 2013 - 15:45 Uhr
Jugendhaare einer Kaiserin
cernin verlag
Wofür das Akronym H.A.P.P.Y. steht, darüber gibt es verschiedene Ansichten: „Hapsi Apsi Pipsi Popsi Yipsi!“ ist jetzt ein neuer Vorschlag und auch der halbe Titel des zweiten Versuchs, das ausufernde H.A.P.P.Y. – Universum zwischen zwei Buchdeckel zu pressen. Die andere Hälfte des Titels lautet: Jugendhaare einer Kaiserin“. Zwei Jahre sind seit dem Unfalltod des H.A.P.P.Y.-Chefs (und ehemaligen FM4 Moderators) Tomtschek vergangen. Mit dem neuen H.A.P.P.Y. Buch versuchen die Herausgeber Christopher Wurmdobler, Jochen Fill und Eva Dranaz das Werk noch einmal in all seiner Vielfältigkeit darzustellen. Nicht die Clubveranstaltung, die Anfang der 90er Jahre als House-Club in einem Wiener Szenelokal namens Blue Box ihren Anfang nahm, steht da im Mittelpunkt, sondern der performative Aktivismus der im Club genauso wie auf der Straße, im Theater oder im Film zu Hause war.
Wenn man die „Jugendjahre“ in Händen hält, und liebevoll über die aufgeklebten Filzbuchstaben des Titels streicht, kann man sich gar nicht vorstellen, dass das erste Kapitel gleich mit „Theorie“ überschrieben ist. Ist aber halb so schlimm, und zwischen der Spaß-Guerilla und dem politischen Anspruch gibt es tatsächlich in Sachen H.A.P.P.Y. und seinem Platz in der Kunstgeschichte viel nachzutragen, gerade weil H.A.P.P.Y. nur ganz selten und dann eher unabsichtlich mit der offiziellen Kunstwelt in Berührung kam. Humor und Galerie verträgt sich eben selten gut.
cernin verlag
Für die Präsentation „Hapsi Apsi Pipsi Popsi Yipsi – Jugendhaare einer Kaiserin“ wird dieser Tage Wien das „Buchloch“ eröffnet mit unter anderem dem Eurotrash-Poetry-Slam, einem Sesselkreis ohne Sessel und im Stehen“ und dem Dia¬-Vortrag „Kaffeefahrt in Happyhausen“. Nebenan im Samstags-Shop werden Kostümkreationen aus der H.A.P.P.Y. –Couturwerkstatt zu sehen sein. Die Galerie Kargl in der Schleifmühlgasse stellt eine H.A.P.P.Y. Installation aus.
Tomtschek und seine H.A.P.P.Y. – Bande waren in den 2000er Jahren schon längst nicht mehr nur plüschgewordenen Karikaturen und Clubmaskottchen, sondern Musical-Darsteller („Lagerhouse“, ein Musical über Amy Whinehouse und Karl Lagerfeld), Kuchenbäcker („Das Tortenloch“), Filmstars (das unvollendete Bollywood-Melodram „Queen of Hearts“) oder Berufsdemonstranten (die H.A.P.P.Y. Fußgruppe bei den Regenbogenparaden). „Jugendhaare einer Kaiserin“ enthält dann auch ein überbordendendes Werkverzeichnis, samt Titelliste aller sogenannten „Happynings“, die seit 1993 im Rahmen des H.A.P.P.Y. Clubbetriebs im WUK, Blue Box, Fluc, Roter Salon etc. stattgefunden haben. Auswahl gefällig: „Das Donaupferdchen beantwortet Fragen“, „Gemüsewrestling mit Sportwetten Norbert“, „Flamenco-Rebirthing“ oder „Jenny Pinkels Unterleibspaziergang“ waren Themenabende, die tatsächlich so stattgefunden haben. Vieles davon findet sich nur noch im kollektiven Gedächtnis des Wiener Nachtlebens, manches ist dokumentiert oder in Form von Kostümen oder Plakaten/Flyern erhalten. Dass die H.A.P.P.Y. – Bande ohne Honcho Tomtschek kürzer tritt war zu erwarten. Dass neue Buch, samt „Abrisscover“, eingelegten Postkarten und Flyern, per Hand gestempelt und beklebt und limitiert, ist auch so gesehen ein knuffiger Reminder, an eines der lustigsten Kapitel in der langen Geschichte des Wiener (Spaß-) Aktionismus.
Cernin Verlag
Hapsi Apsi Pipsi Popsi Yipsi, Jugendhaare einer Kaiserin
Herausgegeben von Eva Dranaz, Jochen Fill und Christopher Wurmdobler
ca. 300 Seiten und urviele Abbildungen und Illustrationen.
Cernin Verlag Wien